Was macht ein Salzburger Festspielpräsident?

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Die Debatte um die Nachfolge von Helga Rabl-Stadler riecht nach Parteipolitik. Das lenkt vom Wesentlichen ab. Würdige Repräsentation und beste Vernetzung sind essenziell für eine Position beim Elitefestival. Und noch vieles mehr.

Bitte um Verständnis. Sage nichts dazu.“ Wenn die ehemalige Journalistin Helga Rabl-Stadler, seit 1995 Präsidentin der Salzburger Festspiele, seit 2011 auch für kaufmännische Agenden zuständig, derart dürre Worte wählt auf die Bitte, Auskunft zu erteilen, gibt dies Anlass zum Grübeln. Sonst ist Rabl-Stadler ja selten um eine schlagfertige Bemerkung verlegen, egal, ob es ums Festival, politische Belange oder auch bloß um gutes Benehmen geht. A propos Benehmen: Zwei Jahre, bevor Rabls Vertrag endet, haben jüngst zwei Politiker ein kleines Scharmützel um ihre Nachfolge entfacht.

Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer (V) plädierte für Rabls Verbleib im Amt, auch nach dem Ende ihres derzeitigen Vertrages 2017. Er wurde sogleich von Kulturminister Josef Ostermayer (S) belehrt: „Die Entscheidung über die Präsidentschaft der Salzburger Festspiele hat nach dem Stellenbesetzungsgesetz zu erfolgen.“ Der Posten werde ausgeschrieben, das Kuratorium der Festspiele wähle: „Ich bin mir sicher, dass auf dieser Basis die beste Lösung für die Festspiele gefunden wird“, so Ostermayer.

Bewerben muss wohl sein

Es könnte sein, dass der Minister, der für sein Einschreiten in der Burgtheater-Krise viel gelobt wurde, nun aber erfährt, dass sein Haus-der-Geschichte-Projekt sich nicht so flott entwickelt, wie er erhofft hat, genervt ist. Recht hat Ostermayer. Aber die Optik wirkt vertraut: Ein VP-Mann schlägt etwas vor, ein SP-Mann lehnt es ab – oder umgekehrt. Ein Reflex, der politische Entscheidungen in Österreich, wie wir auch abseits der Kunst täglich erleben, nicht gerade erleichtert.

Damit ihr Vertrag neuerlich verlängert werden kann, müsste sich Rabl bewerben, was sie vielleicht als Zumutung empfindet. Von ihrer Warte aus betrachtet – verständlich: Seit 20 Jahren beweist sie, dass sie ihren Job beherrscht und auch noch die Geschäftsführung bewältigt, für die es früher einen eigenen Posten gab, der eingespart wurde; und zwar im Zuge handfester Turbulenzen um die Osterfestspiele, die auch auf das Sommerfestival abfärbten, weil man den Eindruck gewinnen konnte, es fehle beim „Luxusfestival“ in Salzburg an Kontrolle. Damals, 2010, hat Rabl das Festival energisch verteidigt. Was nicht vergessen werden sollte: Die Festspiele nehmen – anders als Wiens Kunstinstitutionen – mehr als doppelt so viel aus dem Kartenverkauf ein, wie sie an Subventionen von der öffentlichen Hand bekommen.

Was ein Geschäftsführer macht, ist weitgehend festgelegt. Aber was macht eigentlich ein Salzburger Festspielpräsident? „Frühstücksdirektor für eine Mördergage“ könnte ein gemeines Posting auf Facebook lauten. Die Wirklichkeit sieht anders aus. Das künstlerische Programm der Festspiele mag mal besser, mal schlechter, mal umstrittener, mal mehr im Mainstream sein. Aber eine Auslastung von mehr als 90 Prozent wird nicht nur mit einem Programm errungen. Das Publikum reist nach Salzburg, zieht sich schön an, wohnt in feinen Hotels, geht gut essen, gibt oft sehr viel Geld aus – und es will mit jemandem über die Festspiele reden, auf Augenhöhe. Präsidenten müssen Konversation machen, während der Festspiele jeden Tag, jeden Abend, außerhalb der Festspiele oft. Sie müssen Zornausbrüche ertragen, Trost spenden, taktvoll, klug, mobil sein – und niemals ermattet wirken. Sie müssen nach außen niveauvoll und nach innen ausgleichend agieren. Zu bieder sollten sie nicht sein, aber auch nicht zu glamourös. Und sie sollten eine magische Anziehungskraft auf Sponsoren ausüben, die immer wichtiger werden.

Barockes Brimborium ist garantiert

Der Präsident wird traditionell als „Stimme Salzburgs“ in der Festspielführung wahrgenommen. Es wird von ihm erwartet, dass er die Corporate Identity, die Marke wahrt und würdig repräsentiert. Das gilt auch für Intendanten: Persönlichkeiten wie Sven-Eric Bechtolf oder Markus Hinterhäuser, der ab 2017 die Festspiele übernimmt, wissen Bescheid, dass Gastgebertugenden ein wichtiger Teil ihrer Aufgabe sind. Dass man einen Präsidenten oder eine Präsidentin mit den nötigen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Talenten per Ausschreibung finden wird, ist nicht riesig wahrscheinlich, aber so ist nun einmal die Gesetzeslage. Hinsichtlich des Typus und des gesellschaftlich-intellektuellen Anforderungsprofils kann man sich z.B. Erhard Busek, Rudolf Scholten oder Claudia Schmied für die Präsidentschaft vorstellen, nur wie realistisch ist das? Und dann müsste man noch einen Geschäftsführer finden. Für Insider ist ohnehin klar, die bisherige wie die künftige Salzburger Festspielpräsidentin wird Helga Rabl-Stadler heißen.

Aber bis es so weit ist, wird noch etwas barockes Brimborium veranstaltet, wie es in Salzburg üblich ist. Womöglich auch von Rabl selbst. Sollte die Entscheidung aber doch für ihre Ablöse fallen, sind die Politiker gut beraten, Parteipolitik beiseitezulassen. Dazu sind beide Positionen, Präsidentschaft und Geschäftsführung, zu wichtig. Kreativität und vielleicht sogar Konsens wären gefragt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.08.2015)

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