Von Stümpern, Käfern und Putzfrauen: zerstörte Kunst

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Mit der falschen Farbe ausgebessert, mit Plastik verfälscht, aus Putzeifer entfernt: Nicht immer tun Restaurierungen, ob von Profis oder Amateuren, der Kunst gut, nicht jeder Fleck in einem Museum gehört geschrubbt.

Wer Mr. Beans „Ultimativen Katastrophenfilm“ kennt, kann sich vorstellen, was ungeübte Restauratoren mit einem Kunstwerk so anstellen können: Dem gnadenlos unbeholfenen Mr. Bean entfährt da bei der Betrachtung des Kunstwerks „Whistler's Mutter“ ein Niesen. Beim Versuch, das Bild mit einem schmutzigen Taschentuch abzuwischen, hinterlässt er einen tintenblauen Fleck. Als er diesen mit Lösemittel entfernen will, ist das Gesicht der Mutter endgültig zerstört.

Im Jahr 2012 schockierte – und erheiterte – ein realer Fall die Gemüter: Eine 80-jährige Spanierin wollte auf eigene Faust das Jesus-Fresko „Ecce Homo“ des Malers Elías García Martínez restaurieren. Das Ergebnis erinnerte an eine Mischung aus Affe und Igel, das Werk war völlig zerstört. Doch nicht nur Stümper, auch ausgebildete Restauratoren gerieten schon in die Kritik, mit ihren Bemühungen Kunstwerke nachhaltig beschädigt zu haben. Barnett Newmans „Who's Afraid of Red, Yellow and Blue III“ wurde 1986 von einem Vandalen aufgeschlitzt. Ein New Yorker Restaurator bekam umgerechnet 400.000 Dollar, um das Werk zu flicken. Dieser soll nicht nur die Schlitze repariert, sondern das Ölbild mit Acrylfarbe übermalt haben – mit einer Farbwalze. Die rote Fläche sei somit nicht mehr so transparent wie früher, bemängelten Kritiker.

Manchmal tun Restauratoren, was sie können, doch es funktioniert einfach nicht. Als Damien Hirsts Hai aus dem Werk „The Physical Impossibility of Death in the Mind of Someone Living“ (siehe Foto oben) von innen verweste, wurde er zunächst gehäutet und die Haut über ein Kunststoffskelett gespannt. Lebensecht sah das nicht aus, also ersetzte man das Tier. Donald Lipskis „Building Steam“ besteht aus einem Gummihandschuh, gefüllt mit chinesischem Reis und über ein Bullauge gespannt. Der Handschuh wurde brüchig, den Reis fraßen Tabakkäfer. Der Restaurator beschloss also in Absprache mit dem Künstler, beides zu ersetzen. Zur Sicherheit wurde das restaurierte Kunstwerk zweimal eingefroren, um etwaige Larven zu töten. Zwei Jahre später kamen Staubläuse. Der Reis wurde durch Plastikstreusel ersetzt, das Kunstwerk umdatiert – denn dasselbe war es nun ja nicht mehr.


Kann das weg? Auch Unwissenheit tut der Kunst nicht gut. Eine Putzfrau in einem Dortmunder Museum nahm ihren Job sehr ernst – und wischte einen Kalkfleck aus einer Wanne, die unter einem Turm aus Holzlatten stand. Das Problem: Wanne und Turm gehörten zu Martin Kippenbergers Werk „Wenn's anfängt durch die Decke zu tropfen“, der Fleck war durchaus beabsichtigt. Eine Fettecke von Joseph Beuys in seinem Atelier wurde 1986 von Arbeitern von der Wand geputzt. Im Rahmen der Documenta 2007 hatte die chilenische Aktionskünstlerin Lotty Rosenfeld Fahrbahnmarkierungen in Kreuze umgewandelt. Was auf unterschwellige Machtstrukturen hinweisen sollte, wurde von der Kasseler Straßenreinigung kurzerhand weggekratzt.

Kratzen und meißeln ließen auch zwei Londoner Bewohner, an deren Hauswand der Graffitikünstler Banksy eine Ratte hinterlassen hatte. Sie wollten das Werk aus der Wand lösen und verkaufen, aus dem Plan wurden nur Steintrümmer. Das Loch im Verputz könnten sie nun mit einer Kopie des Kunstwerks kaschieren – so tat es am Ende auch Mr.Bean. Zufriedenstellend ist diese Lösung freilich nicht.

Aus Eifer zerstört

Falsch restauriert.Eine spanische Pensionistin übermalte 2012 ein Kirchenfresko, das Bild ging um die Welt. Fehler passieren auch Profis: So soll ein Restaurator ein Gemälde von Newman mit der falschen Farbe bestrichen – und so verfälscht – haben.

Zu gut geputzt.Kunstwerke von Martin Kippenberger und (wiederholt) Joseph Beuys fielen dem Reinigungswahn zum Opfer.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.11.2014)

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