Notstand wegen Ebola ausgerufen

A Samaritan´s Purse team member hands out pamphlets to educate the public on the Ebola virus in Monrovia in this undated handout photo
A Samaritan´s Purse team member hands out pamphlets to educate the public on the Ebola virus in Monrovia in this undated handout photo(c) REUTERS (HANDOUT)
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Nach Liberia hat nun auch Sierra Leone von der Ebola-Seuche betroffene Dörfer unter Quarantäne gestellt. Sich bei Flugreisen anzustecken, gilt aber als unwahrscheinlich.

Wien/Freetown. Im März wurden die ersten Fälle im westafrikanischen Guinea bekannt, wenige Wochen später hatten auch die Nachbarländer Liberia und Sierra Leone mit der sich ausbreitenden Ebola-Epidemie zu kämpfen: Nun hat Sierra Leone angesichts des weltweit bisher schwersten Ebola-Ausbruchs den Gesundheits-Notstand ausgerufen.

Sierra Leones Präsident Ernest Bai Koroma hat ein Maßnahmenpaket zur Eindämmung der tödlichen Viruserkrankung angeordnet, deren Ausbreitung lokale Behörden und Hilfsorganisationen seit Monaten einen beinahe aussichtslosen Kampf führen. Vorerst bleiben die Schulen in Sierra Leone und in Liberia geschlossen, beide Länder machen teils ihre Grenzen dicht. Regionen im Osten des Landes, die als Ausgangspunkt der Seuche vermutet werden, wurden unter Quarantäne gestellt. Außerdem soll die Polizei sicherstellen, dass die Beamten der Gesundheitsbehörden sowie das medizinische Personal nicht an ihrer Arbeit gehindert werden. Hilfsorganisationen hatten immer wieder geklagt, wie schwierig es sei, die Bevölkerung über das tödliche Virus aufzuklären.

(c) Die Presse

„Eingefahrene Traditionen““

Dass sich das Virus so rasch ausbreiten konnte, ist laut dem Wiener Tropenmediziner und Leiter des Zentrums für Reisemedizin, Herwig Kollaritsch, einem Zusammenspiel von mehreren Faktoren geschuldet. „Es handelt sich um ein länderübergreifendes Problem. Drei unterschiedlich organisierte Gesundheitssysteme hätten miteinander kooperieren müssen,“ sagt der Mediziner. Außerdem verfüge die gesamte Region über so gut wie keine Infrastruktur. „Kulturell eingefahrene Traditionen“ würden zusätzlich der Verbreitung des Virus Vorschub leisten. „Es gibt einen dokumentierten Fall, bei dem eine Familie sich überzeugen wollte, ob der Verstorbene im versiegelten Sarg auch wirklich vollständig sei.“ Die Verwandten öffneten den Sarg, berührten den Toten – und infizierten sich alle mit dem Virus.

Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind bei dem Ausbruch in Liberia, Guinea und Sierra Leone mittlerweile mehr als 720 Menschen ums Leben gekommen, mehr als 1200 Menschen haben sich infiziert. Sierra Leone ist inzwischen am stärksten betroffen.

Erst vor wenigen Tagen wurde der erste Fall in Nigeria bekannt: Der inzwischen verstorbene Mann aus Liberia war per Flugzeug in die Metropole Lagos gelangt. Die Behörden haben seither versucht, alle Personen ausfindig zu machen, mit denen der Mann während des Flugs in Kontakt gekommen sein könnte. Reisebeschränkungen oder Warnungen vor Flugreisen sieht die WHO aber nicht als nötig an. Das Ansteckungsrisiko sei gering, sollte ein Ebola-Infizierter in einem Flugzeug sitzen.

Das schließt auch der Mediziner Kollaritsch aus: „Da müsste man im Flugzeug neben einem Erkrankten sitzen, der kriegt Nasenbluten, man gibt ihm ein Taschentuch und nimmt das blutige Taschentuch zurück, steckt es ein. Das ist nur theoretisch, praktisch kann man eine Infektion im Flugzeug ausschließen.“

Übertragen wird Ebola durch Körperflüssigkeiten oder Ausscheidungen eines erkrankten Menschen, inklusive Schweiß und Tränenflüssigkeit. Die Wahrscheinlichkeit an der mit inneren und äußeren Blutungen einhergehenden Seuche zu sterben, liegt je nach Erregerstamm bei bis zu 90 Prozent. Medikamente oder eine Impfung gibt es nicht.

Während Flughäfen in London ihre Mitarbeiter im Umgang mit möglichen Ebola-Erkrankten warnen und schulen, sieht man in Österreich keinen Bedarf. Direkte Flüge in die westafrikanischen Ebola-Gebiete gibt es keine. „Ebola macht den Patienten sehr schnell immobil und bringt den Wirt um“, sagt Professor Kollaritsch. Ein Erkrankter würde es vermutlich nicht bis nach Österreich schaffen.

„Körperflüssigkeiten meiden“

Das Außen- sowie das Gesundheitsministerium weisen auf ihren Webseiten zwar auf die Ebola-Epidemie hin. Westafrika-Reisende seien aber von einer Ansteckung kaum betroffen, so lange sie „direkten Kontakt mit Körperflüssigkeiten eines erkrankten (lebenden oder toten) Menschen und Tieren“ meiden.

Herwig Kollaritsch vom Zentrum für Reisemedizin meint dazu: „Ich bin 35 Jahre in diesem Job und kann mich nicht erinnern, mehr als eine Handvoll Leute gehabt zu haben, die dorthin wollten. Meist waren die geschäftlich unterwegs. Touristen fahren dort keine hin.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.08.2014)

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