Kanada: Golddiebstahl durch die Hintertür

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Symbolbild.(c) Clemens Fabry
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Ein Mitarbeiter der Münzprägeanstalt in Ottawa ließ über längere Zeit Goldstücke im Wert von rund 115.000 Euro mitgehen. Er benutzte ein ganz besonderes Versteck dafür.

Es mutet wie eine menschliche Version von Grimms Märchen über den Goldesel, der Gold spuckt und auch aus seinem Hinterteil fallen lässt, an: Ein Richter in Kanadas Hauptstadt Ottawa, Peter Doody, musste dieser Tage klären, wie es einem Angestellten der staatlichen Prägeanstalt gelingen konnte, Gold unbemerkt aus seiner hochgesicherten Arbeitsstätte zu schmuggeln. Die Beweisaufnahme ergab: Der Mann hatte das teure Edelmetall ganz einfach in seinem Enddarm versteckt weggetragen.

Insgesamt soll der Angeklagte, Leston Lawrence (35), der von Sommer 2008 bis März 2015 in der Royal Canadian Mint in Ottawa gearbeitet hat, auf diese Weise 22 als „Goldpucks“ beschriebene Goldstücke im Wert von zusammen umgerechnet rund 115.000 Euro aus der Prägeanstalt geschmuggelt haben. Zwar werden viele Bereiche der Münzanstalt mit Video überwacht, nicht aber der Umkleideraum. Und dort, noch dazu in Lawrences Schließfach, fanden die Ermittler Vaseline und Latex-Handschuhe, die wohl dazu gedient hatten, „die Goldpucks in sein Rektum einzuführen“, wie Richter Doody trocken feststellte.

Der „rektale Golddiebstahl“, wie der „Ottawa Citizen“ ihn beschreibt, amüsiert ganz Kanada und wurde sogar zum Thema in Spätabendshows im US-Fernsehen. Weniger amüsiert ist Royal Canadian Mint. Für sie ist die Geschichte nicht nur anrüchig, sondern äußerst peinlich. Denn die Münzanstalt hatte die fehlenden Goldmengen nicht selbst bemerkt, sondern wurde erst durch Ermittlungen der Bundespolizei RCMP darauf aufmerksam gemacht.

Verdächtige Goldverkäufe

Laut Anklage hatte Lawrence im Februar 2015 in Ottawa Gold an einen Goldaufkäufer in einem Einkaufszentrum verkauft und dafür zwei Schecks über je etwas unter 8000 Can. Dollar (ca. 5600 Euro) erhalten. Als die Angestellte der Bank, bei der er die Schecks einlöste, erfuhr, dass sie aus einem Goldverkauf stammten und der Kunde bei der Royal Mint arbeitete, informierte sie die RCMP. Diese nahm Ermittlungen auf. Tatsächlich wurden in einem Schließfach von Lawrence vier weitere Goldstücke gefunden. Die Polizei stellte letztlich fest, dass der Mann insgesamt 18 Goldstücke versilbert hatte.

Leicht waren die Nuggets, die wegen ihrer Form als Puck beschrieben werden, nicht. Sie wogen zwischen 192 und 264 Gramm. Lawrence hatte die Aufgabe, Gold, das die Münzanstalt aufkaufte – etwa in Form von Schmuck, Münzen, Barren und Zahngold –, einzuschmelzen und andere Metalle vom flüssigen Gold zu scheiden, bis dieses einen Reinheitsgrad von 99,5 Prozent hatte. Danach schöpfte er das Gold mit einer Kelle ab, ließ es erkalten. Und trug einige der Pucks gut versteckt nach Hause.

Metalldetektoren schlugen an

Zwar schlugen die Metalldetektoren in den Schleusen, die er beim Verlassen der Münzanstalt passieren musste, immer wieder dabei an. Allerdings fand man beim Abtasten nichts, und die kleinen tragbaren Detektoren, mit denen man ihn näher untersuchte, gaben kein Signal. So konnte er das Gebäude verlassen. Bei keinem anderen Bediensteten schlugen die Metalldetektoren so häufig an wie bei Lawrence, stellte sich später heraus. Auch dies bestätigte den Richter in seiner Überzeugung, dass der Angeklagte Gold im Hintern geschmuggelt hatte. Das Einführen eines Goldstücks wurde später sogar an einem Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes getestet, berichtet der Ottawa Citizen.

Der Richter verschob bei der Urteilsfällung vorerst den Strafausspruch. Denn Lawrence sagte, er wolle den Schaden nach Möglichkeit ersetzen, und hofft auf eine mildere Strafe. Weitere Gerichtstermine, bei denen der Golddieb Rechenschaft über seine Rückzahlungen geben muss, sind für Mitte Dezember und Jänner angesetzt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.12.2016)

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