Saudiarabien: Der König ist tot, es lebe der König

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Nach dem Tod von König Abdullah reisten am Wochenende zahlreiche Vertreter westlicher Staaten nach Riad, um Nachfolger Salman zu kondolieren.

Kairo/Riad. Der König ist tot – es lebe der König. Kaum war der verstorbene Abdullah, eingehüllt in ein beiges Leichentuch, auf dem al-Od-Friedhof beerdigt, standen Männer bereits in langen Schlangen vor dem Palast in Riad an, um dem neuen Herrscher Salman bin Abdulaziz zu huldigen. In den Fernsehbildern war im Hintergrund auch der frisch ernannte Kronprinz Muqrin zu sehen, mit 69 Jahren der Jüngste in der Reihe der noch lebenden Söhne von Staatsgründer Abdulaziz al-Saud, der als Nächster in der Reihe der künftigen Monarchen Saudiarabiens steht. Die Lage ist stabil, das Königshaus hat alles im Griff – es gibt keinen Grund zur Sorge, sollen die Bilder vermitteln. Aus dem Ausland reisten am Wochenende mit Frankreichs Präsident François Hollande und Großbritanniens Premier David Cameron die ersten westlichen Staatschefs an, US-Präsident Barack Obama, der seine Indienreise verkürzte (siehe Bericht unten), wird am Dienstag in Riad erwartet. Aus Österreich kondolierte der zweite Nationalratspräsident Karlheinz Kopf, Deutschland schickte Ex-Bundespräsident Christian Wulff.

Kein Mann der Reformen

Zuvor hatte Salman erstmals auch den delikaten Übergang in die dritte Generation der Königsfamilie geordnet, indem er den 55-jährigen Mohammed bin Najef zum Vize-Kronprinz ernannte. Bin Najef ist direkter Neffe des Königs. Er ist nicht nur für die harte Unterdrückung von Bürgerrechtlern und Bloggern verantwortlich, sondern auch für die Anti-Terror-Politik gegenüber al-Qaida und dem Islamischen Staat sowie für den kompromisslosen Umgang mit der schiitischen Minderheit im Osten des Landes.

Seinen 28 Millionen Untertanen versprach der neue Herrscher Kontinuität in der „richtigen Politik von Saudiarabien“. Gleichzeitig beschwor er seine Landsleute, angesichts der Probleme in der Region einig zu bleiben. Seinen Sohn Mohammed bin Salman ernannte er zum Verteidigungsminister. Der 79-jährige König gilt als vorsichtiger Mann, der kein Interesse hat, sich mit den religiösen Autoritäten anzulegen, indem er beispielsweise die Frauenrechte energisch vorantreibt. Eine Reformpolitik dürfe nicht zu schnell und zu tief gehen, ansonsten drohe ein „Aufstand“ des wahabitisch-islamischen Klerus, pflegte er zu warnen.

Am 31. Dezember 1935 geboren, erhielt Salman seine religiöse Ausbildung zunächst an der Schule der Prinzen in Riad, studierte aber zugleich moderne Wissenschaften. Von 1955 an war er nahezu fünf Jahrzehnte Gouverneur der saudischen Hauptstadt und organisierte während des Ölbooms die rasante Entwicklung Riads von einer kleinen Oasenstadt mit 100.000 Einwohnern zu einer modernen Metropole.

Stärker als sein Vorgänger Abdullah hat König Salman auch direkten Einfluss auf die Medien. Er und seine Söhne halten Anteile an der Tageszeitung „Asharq al-Awsat“, am Wirtschaftsblatt „Al-Eqtisadiah“ sowie an dem TV-Sender „Al-Arabiya“. Das größte Fragezeichen hinter dem neuen König jedoch ist seine Gesundheit. 2010 erlitt er einen Schlaganfall und kann seitdem den linken Arm nicht mehr richtig bewegen. Einige westliche Gesprächspartner vermuten, dass der 78-Jährige auch an beginnender Demenz leidet. Zu Beginn von Gesprächen wirke er noch konzentriert und präsent, doch dann würden seine Äußerungen flackernd und inkohärent.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.01.2015)

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