Bleiberecht: SPÖ-Druck auf Platter

APA (APA (Von der Schulbank in den Kosovo: Sonic Alja hat den Platz ihrer Freundin Marigona Milici, die am Dienstag abgeschoben wurde, mit einem Namensschild versehen)
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Die jüngsten Abschiebungen in Oberösterreich und der Steiermark entfachen die Debatte neu. Kanzler Gusenbauer will nun einen Daueraufenthalt für integrierte Asylwerber nach sieben Jahren erreichen.

Wien(oli/APA). Familie Milici – Vater, Mutter und sechs Kinder – aus Peggau in der Steiermark wurde Dienstagfrüh in ein Flugzeug gesetzt und in den Kosovo abgeschoben. In Frankenburg in Oberösterreich hält sich die 15-jährige Arigona Zogaj nach wie vor versteckt – ihr Vater und ihre vier Brüder sind bereits in der Vorwoche in den Kosovo gebracht worden.

Diese beiden Fälle haben die Debatte über ein Bleiberecht für Asylwerber neu entfacht. „Ich finde das grauslich“, meinte Bundeskanzler Alfred Gusenbauer im „Falter“ zu den Abschiebungen. Es mache keinen Sinn, „Leute, die ewig im Land sind“ nach Hause zu schicken. Der SPÖ-Chef plädiert dafür, dass Asylwerber, die sieben oder mehr Jahre in Österreich leben, integriert sind und nicht straffällig geworden sind, in Österreich bleiben dürfen.

Platter gegen SPÖ-Vorstoß

Beim Koalitionspartner findet er damit aber kein Gehör. Die ÖVP-Führung ist weiterhin gegen ein generelles Bleiberecht. „Die Fälle müssen individuell geprüft werden. Dazu bekennen wir uns“, ließ Innenminister Platter der „Presse“ zum Vorstoß Gusenbauers ausrichten. ÖVP-Obmann Wilhelm Molterer hatte Montagabend verkündet, er sei mit Platter übereingekommen, im Fall Zogaj das Urteil des Verfassungsgerichtshofs abzuwarten. Mutter und Tochter dürften so lange im Land bleiben.

Dennoch wächst der Druck auf Innenminister Günther Platter. „Der Minister könnte per Verordnung für einen humanen Vollzug sorgen, die Gruppe um Platter und ÖVP-Generalsekretär Hannes Missethon will dies aber offenbar nicht“, kritisiert Josef Cap. Der SPÖ-Klubchef fordert nun eine eigene Kommission im Innenministerium, die über das Bleiberecht entscheiden soll. Wiens Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) verlangt eine Evaluierung des Fremdengesetzes, das 2005 auch mit den Stimmen der SPÖ beschlossen worden war. Die Grünen wünschen einen „sofortigen Abschiebestopp für alle Langzeit-Integrierten“. Parteichef Alexander Van der Bellen findet die ÖVP-Ausländerpolitik „zum Speiben“. Die Abgeordnete Brigid Weinzinger sprach von „Scheinangeboten“ Platters und Molterers.

In dem beim Verfassungsgericht anhängigen Verfahren der Familie Zogaj geht es nämlich um die – vom Asylverfahren unabhängige – Erstniederlassungsbewilligung, die nicht ausgestellt wurde. Eine Entscheidung darüber, ob eine Abschiebung zulässig sei oder nicht, dürfe sich Molterer vom VfGH daher nicht erhoffen, so VfGH-Sprecher Christian Neuwirth. Die Verfahrensdauer sei zudem derzeit „nicht abschätzbar“.

Die Grünen haben für heute, Mittwoch, 10 Uhr eine Protestkundgebung vor dem Innenministerium angemeldet. Doch auch in der ÖVP sind nicht alle glücklich über Platters restriktive Haltung. Vor allem in der steirischen ÖVP rumort es. Noch will aber niemand öffentlich gegen den Innenminister Stellung beziehen. Oberösterreichs VP-Landeshauptmann Josef Pühringer war zuletzt dafür eingetreten, dass die Länder bei Härtefällen in Übereinstimmung mit den Bürgermeistern nach einem Kriterienkatalog über ein Bleiberecht entscheiden sollten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.10.2007)

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