Amtshilfe nach Diebstahl von Kontodaten?

Finanzamt
Finanzamt(c) AP (Daniel Roland)
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Derzeit wandern Datenträger mit hochsensiblen Bankdaten von einem Land in das andere. Gegen Auskunftsersuchen ausländischer Steuerbehörden können nur die Höchstgerichte helfen.

WIEN. Wer mitverfolgt, wie Datenträger mit hochsensiblen Bankdaten derzeit von einem Land in das andere wandern, mag sich fragen, wie lange es wohl noch dauert, bis eine CD mit österreichischen Bankdaten durch den deutschen Finanzminister gekauft wird.

Wie man einigen Berichten entnehmen kann, weigert sich die Schweiz, auf der Basis gestohlener Kontodaten Amtshilfe zu leisten, weil der Kauf gestohlener Kontodaten in der Schweiz verboten sei. Behörden könnten aber auch dann, wenn ihnen bereits eine CD vorliegt, auf Amtshilfe angewiesen sein – Anlass genug, über den Rechtsschutz gegen Amtshilfeersuchen in Österreich nachzudenken.

Bankgeheimnis gelockert

Erst jüngst musste Österreich auf Druck der OECD sein Bankgeheimnis lockern. Verlangt eine ausländische Steuerbehörde gestützt auf eine Rechtsgrundlage Informationen, die für ein Abgabenverfahren voraussichtlich erheblich sind, ist eine österreichische Bank nun grundsätzlich verpflichtet, diese Informationen zu erteilen, auch wenn diese unter das Bankgeheimnis fallen. Betroffen sind davon primär Steuerausländer, aber unter Umständen auch Österreicher mit Anknüpfungspunkt im Ausland und Konto im Inland.

Das dazu erlassene Amtshilfe-Durchführungsgesetz (ADG) selbst sieht zwar keine Sanktionen vor, wenn die Bank dieser Aufforderung nicht nachkommt, allerdings können nach anderen Gesetzen Zwangsstrafen verhängt werden, wenn eine Auskunft zu Unrecht verweigert wird.

Bemerkenswert ist, wie der Rechtsschutz gegen behördliche Auskunftsersuchen geregelt ist. Der Steuerpflichtige ist zwingend vom Auskunftsersuchen zu informieren und kann dann innerhalb von zwei Wochen einen Bescheid beantragen. Einzige Rechtsschutzmöglichkeit gegen diesen Bescheid ist eine Beschwerde direkt an den Verwaltungsgerichtshof (VwGH) oder den Verfassungsgerichtshof (VfGH). Nach Bescheiderlassung hat der Steuerausländer somit nur die Wahl, sich entweder innerhalb von sechs Wochen an ein Höchstgericht zu wenden oder der Auskunftserteilung tatenlos zuzusehen.

Entscheidend wird sein, dass seinem Rechtsschutzgesuch „aufschiebende Wirkung“ zuerkannt wird. Grundsätzlich kommt Beschwerden beim VwGH und beim VfGH keine aufschiebende Wirkung zu. Das bedeutet, dass die Bank Informationen auch dann erteilen müsste, wenn ihr Kunde bereits Beschwerde dagegen erhoben hat. Eine Beschwerde wäre dann sinnlos. Nur wenn der VwGH oder der VfGH aufschiebende Wirkung bewilligt, kann die Auskunft zumindest bis zur Beendigung des Verfahrens hinausgezögert werden.

Das ADG sieht vor, dass bis zur Entscheidung über den Antrag auf aufschiebende Wirkung dem Auskunftsersuchen nicht entsprochen werden darf. Sobald der VwGH aber eine aufschiebende Wirkung verneint hat, könnte die Auskunft erteilt werden. Der VwGH kann dann nur noch nachträglich feststellen, dass die Bewilligung der Auskunftserteilung rechtswidrig war. Das wäre ein schwacher Trost für den Steuerpflichtigen.

Die Voraussetzungen für die Gewährung von aufschiebender Wirkung sind streng. Insbesondere muss der Steuerpflichtige einen unverhältnismäßigen Nachteil nachweisen, der mit der Auskunftserteilung verbunden wäre. Ob die drohende Steuerlast im Ausland ein unverhältnismäßiger Nachteil wäre, ist höchst fraglich.

Die aufschiebende Wirkung hat zumindest den Effekt, dass die Auskunftserteilung hinausgeschoben wird. Die Aufschiebung gilt nämlich bis zur Beendigung des Verfahrens. Bei einer Verfahrensdauer in Abgabensachen von etwa zwei bis vier Jahren verschafft dies dem Steuerpflichtigen eine ordentliche „Verschnaufpause“ und unter Umständen wertvolle Zeit.

Gründe, Auskunft zu verweigern

Inhaltlich müsste der Steuerpflichtige vorbringen, dass die Voraussetzungen für eine Auskunftserteilung nicht vorliegen. Sofern noch kein Finanzstrafverfahren eingeleitet ist, wäre eine Auskunft zum Beispiel unzulässig, wenn die Anfrage nicht hinreichend konkret ist, die Information nicht erheblich ist oder wenn die innerstaatlichen Ermittlungsmöglichkeiten des ausländischen Staates noch nicht voll ausgeschöpft sind.

Das ADG allein ist im Übrigen keine Rechtsgrundlage für die Auskunftserteilung. Zusätzlich muss mit dem betreffenden Staat vereinbart sein, dass das Bankgeheimnis durchbrochen werden darf. In einem nach österreichischen rechtsstaatlichen Grundsätzen eingeleiteten Finanzstrafverfahren war dies bisher schon möglich, in Abgabenverfahren nicht. Österreich arbeitet erst daran, Abkommen abzuschließen, die eine Auskunftserteilung auch in Abgabenverfahren vorsehen. Derzeit sind mit etwa 18Staaten solche Amtshilferegelungen getroffen. Gerade mit Deutschland sind die Verhandlungen dazu allerdings ins Stocken geraten.

Die nächsten Verfahren wegen Auskunftsersuchen (ob nun aufgrund einer CD oder sonstiger Indizien) bleiben abzuwarten. Mit zunehmender Anzahl von bilateralen Abkommen, die Auskünfte vorsehen, und steigender Aktivität ausländischer Behörden werden allerdings vermutlich auch Beschwerden gegen die Gewährung von Auskünften zunehmen.

MMag. Dr. Twardosz, LL.M., ist Rechtsanwalt und Steuerberater bei Wolf Theiss. Er ist Autor des Buches „Die erfolgreiche VwGH Beschwerde“, Verlag LexisNexis 2010.

AUF EINEN BLICK

Österreich musste das Bankgeheimnis lockern. Rechtlich fundierte Auskunftsersuchen ausländischer Steuerbehörden müssen von heimischen Banken beantwortet werden. Betroffen sind davon in der Regel Steuerausländer, unter Umständen aber auch Inländer mit Steuerpflicht im Ausland und Konto in Österreich.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.02.2010)

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