Europas Luftqualität

Europas Luftqualität ist im globalen Vergleich sehr gut – aber gewonnen ist der Kampf gegen die Luftverschmutzung noch lange nicht.

Im globalen Maßstab gesehen ist die Luft in Europa sehr sauber: Dichter Smog, wie er regelmäßig etwa in Chinas Metropolen herrscht, ist hierzulande selten geworden. Der Weg dorthin war nicht einfach – man erinnere sich nur an das Problem des sauren Regens: Erst nach jahrzehntelangen politischen Debatten sind die Schwefeldioxid-Emissionen deutlich gesunken (durch Vorschriften zur Entschwefelung von Öl und zur Rauchgasreinigung).

Der Kampf um saubere Luft ist allerdings auch in Europa noch lang nicht gewonnen: Laut einem diese Woche veröffentlichten Bericht der Europäischen Umweltagentur ist Luftverschmutzung der bedeutsamste Umweltfaktor für vorzeitige Todesfälle in Europa. Allein die Belastung mit Feinststaub (PM 2,5) ist in den 28 EU-Staaten für jährlich 430.000 Todesfälle verantwortlich, die erhöhte Ozonkonzentration für 16.000 Todesfälle. Für Österreich werden 6700 bzw. 300 vorzeitige Todesfälle pro Jahr ausgewiesen. Diese Schadstoffe schädigen vor allem die Lunge und in der Folge das Herz-Kreislauf-System.

Aus dem Bericht geht aber auch hervor, dass die gesetzten umweltpolitischen Maßnahmen Wirkung zeigen. Diese reichen von Filtern in der Industrie bis zu Geschwindigkeitsbeschränkungen auf Autobahnen – letztere sind besonders schwer durchsetzbar, wie man derzeit in Tirol sieht, wo diese Woche eine permanente 100-km/h-Beschränkung auf Teilen der Inntal- und Brennerautobahn erlassen wurde. Jedenfalls zeigen die Emissionen von Feinstaub, Stickoxiden oder Schwermetallen laut Umweltagentur eine – langsam – sinkende Tendenz.

Ein Luftschadstoff tanzt indes völlig aus der Reihe: Der Ausstoß von Benzo-a-pyren steigt derzeit in ganz Europa stark an. Diese krebserregende Substanz entsteht bei der unvollständigen Verbrennung von Energieträgern. Die Autoren des Berichts vermuten, dass das mit dem Siegeszug von Biomasse-Kesseln zum Heizen von Häusern und Wohnungen zusammenhängt.

Das verdeutlicht ein grundsätzliches Dilemma der Umweltpolitik: Wenn man an einer Schraube dreht – also etwa durch vermehrten Biomasse-Einsatz die CO2-Emissionen senkt und die Versorgungssicherheit bei Energie erhöht –, dann hat das in einem ganz anderen Bereich unliebsame Auswirkungen. Jede Einzelmaßnahme muss daher immer in einem Gesamtkontext gesehen werden. Ansonsten treibt man den Teufel mit dem Beelzebub aus – und weder der Umwelt noch dem Menschen ist damit gedient.


Der Autor leitete das Forschungsressort der „Presse“ und ist Chefredakteur des „Universum Magazins“.

meinung@diepresse.com

diepresse.com/wortderwoche

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.11.2014)

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