Formel 1: Das Bauchgefühl eines Gejagten

Toto Wolff.
Toto Wolff.(c) APA/AFP/ANDREJ ISAKOVIC
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Teamchef Toto Wolff will im neuen Grand-Prix-Jahr mit den Silberpfeilen an der Spitze bleiben. Die Regelreform sei ein „Glücksfall“.

Melbourne. Toto Wolff muss beim Weltmeister-Rennstall Mercedes einen Neuanfang moderieren. Champion Nico Rosberg hat völlig unerwartet seine Karriere beendet, Technikchef Paddy Lowe ist zu Williams gewechselt, und die Regelreform für breitere und schnellere Autos zielt darauf ab, die Übermacht des Werksteams zu brechen. „Chancen und Risken sind für alle gleich. Das ist für uns eigentlich ein Glücksfall“, erklärt Wolff nun vor dem Auftakt-Wochenende in Melbourne.

Drei Fahrertitel und drei Konstrukteurs-Kronen erbeutete Mercedes zuletzt unter seiner Führung. Mit 51 Siegen in 59 Rennen kann der Teamchef für die vergangenen drei Jahre eine Siegquote vorweisen, die auch Michael Schumachers Ferrari-Crew oder Sebastian Vettels Red-Bull-Rennstall zu ihren besten Zeiten nicht erreicht haben. „Ein Team muss sich wie jedes Unternehmen weiterentwickeln. Du kannst nicht einen Zustand einfrieren und hoffen, dass alles immer so bleibt“, sagt Wolff.

Der Wandel dient bei Mercedes schlicht als Ansporn. Auch deshalb hat der Wiener vor der neuen Saison seinen 2013 geschlossenen Vertrag als Mercedes-Motorsport-Chef bis 2020 verlängert, genauso wie Team-Aufsichtsratschef Niki Lauda, mit dem Wolff das Rezept für die jüngsten Erfolge perfektioniert hat. „Die vergangenen paar Jahre waren einige der schönsten, die ich in der Formel 1 erlebt habe. Toto und ich bilden eine perfekte Partnerschaft“, sagt der dreimalige Weltmeister Lauda.

Aussprache in der eigenen Küche

Den amtierenden Weltmeister, Nico Rosberg, hat das Duo nach mühsamen Verhandlungen mit Williams durch den Finnen Valtteri Bottas ersetzt, als neuer Cheftechniker wurde der erfahrene James Allison geholt. Schwächer ist Mercedes damit wohl kaum geworden. Auch den Ärger mit Lewis Hamilton nach dessen Blockadefahrt gegen Rosberg im Finale der Vorsaison hat Wolff längst bereinigt – in einem langen Gespräch in seiner Küche. „In der Summe ist unsere Beziehung stärker geworden, auch durch diese Vorfälle. Du lernst dich besser kennen“, erzählt Wolff.

Sein breites Lächeln bei den jüngsten Testfahrten, als Mercedes die meisten Kilometer abspulte und sich mit Ferrari die meisten Bestzeiten teilte, ließ Wolffs Vorfreude auf das neue Grand-Prix-Jahr erahnen. „Ob wir wieder erfolgreich sein werden oder Spaß daran haben werden, einen Gegner zu jagen, der einen besseren Job gemacht hat, spielt im Moment keine Rolle. Beide Situationen haben etwas Reizvolles“, meint der 56-Jährige. Sein Bauchgefühl aber dürfte ihm längst verraten haben, dass auch 2017 die Silberpfeile die Gejagten sind. Kein Wunder, dass er sagt: „Ich möchte zum jetzigen Zeitpunkt in meinem Leben in keiner anderen Rolle sein.“ (ag./red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.03.2017)

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