Chinas Wachstum schwächt sich ab

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Die Regierung in Peking könnte ihr Ziel erstmals seit 15 Jahren verfehlen.

Wien/Peking. Auch wenn die Eurozone oder auch die USA von solchen Zahlen nur träumen können: 7,3 Prozent chinesisches Wachstum im dritten Quartal bereiten weltweit Sorgen. Denn es ist der geringste Zuwachs seit Anfang 2009. Mehr noch: Erstmals seit 15 Jahren könnte die Staatsführung in Peking ihre Ziele für das Gesamtjahr verfehlen. 7,5 Prozent stehen im Plan, im Frühjahr wurde das noch erreicht. Dennoch zeigen sich Analysten und Anleger am Dienstag erleichtert: Ökonomen haben mit einem noch etwas stärkeren Abkühlung gerechnet.

Die Zahlen wurden wie immer mit Spannung – und diesmal auch mit Angst – erwartet, weil sich die Entwicklung der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt (nach den USA) immer auch auf die Weltkonjunktur auswirkt. Die kommunistischen Machthaber in Peking fürchten jede Bremsspur in der Dynamik auch aus einem anderen Grund: Sie befürchten soziale Unruhen, vor allem unter den Wanderarbeitern. Immer noch strömt die arme Landbevölkerung in großer Zahl in die großen Städte, wo sie bisher noch stets Arbeit gefunden haben. Doch die Zeiten der Wachstumsraten von zehn Prozent und mehr sind vorerst vorüber. Solange sich freilich der Arbeitsmarkt behauptet, kann die Regierung auch mit etwas niedrigeren Raten ruhig schlafen. Was aber, wenn nicht mehr jeder auf ein besseres Auskommen hoffen darf?

Vorerst will die Regierung aber die Struktur der Wirtschaft weiter verändern, wofür sie Rückschläge beim Wachstum in Kauf nimmt. Sie versucht nämlich, den Binnenkonsum zu stärken, damit China unabhängiger von den eigenen Exporten und ausländischen Direktinvestitionen wird.

Die Experten erwarten, dass sich die Konjunktur auch im letzten Quartal weiter abkühlt. Die Dämpfung dürfte sich durch alle Sektoren ziehen, auch den Immobilien- und Baubereich, dem der Staat schon mit weniger Regulierung unter die Arme gegriffen hat. Offen ist, ob die Regierung auf die Abschwächung mit einem Konjunkturpaket reagiert. Dafür dürfte die Delle aber bisher zu klein sein. Denn das wäre ein Signal, mit dem sie aller Welt ihre Skepsis kundtut.

Die Weltbank appelliert nun an China, Reformen zu beschleunigen, um das Wachstum wieder anzukurbeln. (ag)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.10.2014)

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