Flughafen Wien: Vor 2030 landet kein Flugzeug

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Die Vorstände gehen davon aus, dass der Verwaltungsgerichtshof das Dritte-Piste-Erkenntnis aufheben wird. Die Bauarbeiten könnten frühestens in fünf Jahren beginnen.

Wien. Anfang Februar hat das Bundesverwaltungsgericht den Bau der dritten Piste auf dem Flughafen Wien untersagt. Am Mittwoch haben nun die Anwälte des Flughafens die Rechtsmittel gegen das Erkenntnis bei den Höchstgerichten, nämlich dem Verwaltungsgerichtshof und dem Verfassungsgerichtshof, eingebracht.

Wie nicht anders zu erwarten, gingen die beiden Vorstände Julian Jäger und Günther Ofner mit dem dreiköpfigen Richtersenat hart ins Gericht: Sie hätten das Gesetz willkürlich und denkunmöglich ausgelegt, das Erkenntnis sei nicht nur inhaltlich rechtswidrig, sondern mit schwerwiegenden Verfahrensmängeln behaftet, zudem würden die Entscheidungsgründe einander widersprechen. Allerdings betonte Ofner: „Wir bekämpfen die Gerichtsentscheidung, nicht die Richter. Wir glauben, genügend sachliche und juristische Ansatzpunkte zu haben und in unserer Argumentation so stark und vielfältige Vorhaltungen gegen dieses Erkenntnis vorbringen zu können, dass es keiner weiteren Unterstützung bedarf.“ Worauf Ofner anspielt? Seit dem Bekanntwerden des Erkenntnisses sahen sich die entscheidenden Richter medial massiven Angriffen ausgesetzt. Sogar der Vorwurf der Befangenheit wurde laut. Und nachdem über die Whistleblower-Hotline der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft kürzlich eine Anzeige eingegangen war, leitete die Staatsanwaltschaft gegen zwei der drei Richter kurzerhand ein Ermittlungsverfahren wegen Amtsmissbrauchs ein.

„Ich hoffe, es war alles in Ordnung“

Ofner wollte diese jüngsten Entwicklungen nicht kommentieren: „Wir haben darauf weder einen Einfluss noch damit etwas zu tun. [. . .] Ich hoffe, es stellt sich heraus, es war alles in Ordnung.“ In seiner außerordentlichen Revision hätten die Anwälte des Flughafens „Themen wie Befangenheit und Ähnliches nicht explizit angesprochen“, sagte er. Ein viel größeres Augenmerk hätte man auf eine andere Tatsache gelegt: „Sehr, sehr schwerwiegend ist, dass das Parteiengehör verletzt worden ist.“ Das Gericht habe während des gesamten Verfahrens niemals darauf hingewiesen, dass es das Luftfahrtgesetz, CO2-Ausstoß und Bodenschutz als Versagungsgrund für die Genehmigung sieht. „Darüber ist weder verhandelt worden, noch hat es dazu ein Parteiengehör gegeben. Das Gericht hat deshalb in eklatanter Weise Verfahrensmängel zu verantworten“, sagte Ofner. Welche Erwartungen die beiden Vorstände an die Richter des Verwaltungsgerichtshofs haben, betonten sie gestern mehrfach. „Wir sind optimistisch, dass die Beurteilung durch die Höchstgerichte zu einer Aufhebung des Erkenntnisses führen wird“, sagte Ofner. „Offenen Herzens, ich habe Vertrauen in den österreichischen Rechtsstaat. Die Sachlage und die juristische Bewertung ist derart eindeutig, dass man sich mit anderen Fragen nicht zu befassen braucht.“

Doch auch noch andere Aspekte brachten die Vorstände ins Spiel. Die Problematik gehe weit über den Fall „Dritte Piste“ hinaus. „Wir fürchten – und nicht nur wir –, dass dem Wirtschaftsstandort ein schwerer Schaden zugefügt worden ist“, so die Vorstände. Es müsse dringend klargestellt werden, wie die Interessenabwägung bei so einem Projekt wie diesem zu erfolgen hat. Immerhin habe das Verfahren bis jetzt 16 Jahre gedauert und an die 100 Mio. Euro gekostet. „Niemand versteht, dass man in relativ leichtfertiger Weise, 30.000 Arbeitsplätze, die entstehen können, beiseitewischt“, sagte Ofner.

Die Verzögerung, die der Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts nach sich zieht, ist beträchtlich. Jäger beziffert sie mit mindestens vier bis fünf Jahren. Er hoffe, dass die Höchstgerichte sehr rasch arbeiten. Doch selbst dann, wenn der Verwaltungsgerichtshof im Sinne des Flughafens entscheide, also das Erkenntnis aufhebt, lande die Causa wieder beim Bundesverwaltungsgericht. „Die Sache wird dann noch einmal zwei bis drei Jahre in Anspruch nehmen“, sagt Jäger. Und diese Entscheidung wird, egal, wie sie inhaltlich aussieht, mit Sicherheit wieder beim Verwaltungsgerichtshof bekämpft werden. „Vor 2022, 2023 werden wir also keine Rechtssicherheit haben.“ Kurzum: Berücksichtigt man, dass es zumindest sechs Jahre dauern wird, die Piste im Detail zu planen und zu bauen, ist an eine Inbetriebnahme vor 2030 nicht zu denken.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.03.2017)

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