Reiter Till: Auf teuren Sohlen unterwegs

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Till Reiter führt die Schuhmanufaktur Reiter seit 27 Jahren. Während heimische Schuhfabrikanten nach und nach ausgestorben sind, hat er aus Ludwig Reiter eine weltweit gefragte Luxusmarke gemacht.

Wien. Tobias Moretti trägt sie, Arnold Schwarzenegger trägt sie, Helmut Lang ließ seine Models damit über die Laufstege laufen und auch Karl Markovics ließ sich darin fotografieren: Schuhe aus der Manufaktur Ludwig Reiter. Rahmengenähte Schuhe aus einem Wiener Schloss? Ein absolutes Nischenprodukt. Schließlich werden heute 99 von 100 Paar Schuhen geklebt. Und das passiert meist in den Billiglohnländern Asiens.
Till Reiter geht den umgekehrten Weg. Die Schuhe entstehen in Wien, verkauft werden sie auf der ganzen Welt – in Österreich, Deutschland und der Schweiz führt Reiter eigene Geschäfte, in unzähligen anderen Ländern verkaufen Franchise- oder Handelspartner die edlen Schuhe.

Von den Omas zu den Yuppies

Till Reiter führt den Betrieb heute in vierter Generation, die Schuhe aus Süßenbrunn entstammen einem Familienbetrieb: Neben Till Reiter sind seine Brüder Uz und Lukas Gesellschafter ebenso wie eine Schwester, die derzeit nicht im Betrieb arbeitet. Uz, der Älteste, kümmert sich heute um Finanzen und Organisatorisches, Lukas ist Architekt, er hat das Schloss Süßenbrunn zum Firmensitz umgebaut und gestaltet die Geschäfte.
Till Reiter hat den Betrieb vor 27 Jahren übernommen. Damals war er 23. Ein Alter, in dem seine Träume nicht aus Schuhen bestanden. „Ich habe an der WU studiert, wollte in die USA und dort eine wissenschaftliche Karriere machen“, erzählt Reiter. Die USA bereiste er, aber das Geld für ein Studium fehlte, also landete Till Reiter wieder in einer Schuhfabrik, in Massachusetts. Dann ging es zurück nach Wien.
„Mein Vater war damals 60, er wollte nicht mehr. Meine Brüder haben noch studiert, also hat er mir die Manufaktur umgehängt“, erzählt der heutige Geschäftsführer. Zu dieser Zeit, Anfang der 1980er-Jahre, war der Betrieb „in keiner guten Verfassung“. Nach und nach sperrten die heimischen Schuhfabrikanten zu, rahmengenähte Schuhe waren schon lange aus der Mode. Reiter hatte sich damals mit Gesundheitsschuhen für ältere Menschen gehalten. „Klassische Oma-Schuhe“, sagt Till Reiter heute.
„Dann kamen die Yuppies mit ihren Maßanzügen, Button-down-Hemden und eben  rahmengenähten Schuhen.“ Und die gab es kaum noch, außer in der Manufaktur der Reiters. „So haben wir wieder auf eine andere Zielgruppe umgesattelt“, sagt Reiter. Heute ist Ludwig Reiter der letzte Hersteller rahmengenähter Schuhe Mitteleuropas, nur in Großbritannien oder Südeuropa gibt es noch einzelne Konkurrenten. „Heute sind unsere Kunden nicht nur typische Anzugträger. Schließlich gibt es mittlerweile Stiefel, Sportschuhe oder auch Damenschuhe aus der Manufaktur, die seit etwa einem halben Jahr in Süßenbrunn residiert.

„Small is beautiful“

Aber es ist eine betuchte Klientel, die sich das handgenähte Fußkleid leistet. „Zwangsläufig“, sagt Reiter. Schließlich haben Schuhe „made in Vienna“ ihren Preis: Den Klassiker, den rahmengenähten Herrenschuh, gibt es ab 500 Euro. Diese Schuhe machen etwa die Hälfte des Jahresumsatzes von zuletzt 15 Mio. Euro aus. Die rund 40 Mitarbeiter in der Produktion (in Summe sind es etwas über 100), machen jedes Jahr 30.000 Paar Schuhe in Handarbeit und an alten, traditionellen Maschinen. Rund 300 Schritte sind es vom Leder bis in die Schuhschachtel.
Die traditionelle Fertigung wird so schnell nicht sterben. Schließlich steht schon die fünfte Generation in den Startlöchern. Till Reiters zwei Töchter, beide Anfang zwanzig, arbeiten teilweise schon im Familienbetrieb. „Das Unternehmen steht gut da, man muss auch immer wachsen. Aber das Motto bleibt: Small is beautiful“, erklärt der Chef in vierter Generation seine Strategie.

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