Heinz Redl: Der „Regenerator“: Forschung heilt

Heinz Redl
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Heinz Redls Team verbessert die Heilung von Unfallopfern und die Behandlung in der Intensivstation.

Er ist der Forschungschef in Österreichs größter Reparaturwerkstatt des menschlichen Körpers. Dem stimmt Heinz Redl, Leiter des Ludwig-Boltzmann-Instituts für Traumatologie (LBI Trauma) in Wien, aber so nicht zu: Denn er will bei Verletzungen von Unfallopfern nicht nur reparieren, sondern regenerieren.

Wo früher Wunden einfach genäht wurden, wird heute Fibrinkleber gesprüht, damit die Haut sauber zusammenwächst. Wo man früher bei Nervenverletzungen die Empfindsamkeit ganzer Finger verlor, gibt es nun Trainingsgeräte, um Fingerspitzen wieder zu spüren. Auch gerissene Bänder wurden früher einfach geflickt, bald sollen neuartige Bänder aus Seidenmaterial eingesetzt werden, an denen bereits im Labor gezogene Zellen des Patienten wachsen: Das künstliche Material wird im Körper abgebaut, ein neues Kreuzband aufgebaut.

Die Forschungsfragen der Regenerationsmedizin kommen direkt aus der Klinik: Ärzte im täglichen Einsatz sehen die Probleme, gehen damit zur Forschungsabteilung, die versucht Lösungen zu finden, um mit der verbesserten Behandlung den Patienten in der Klinik zu helfen. „Mit der TU Wien haben wir in einem FFG-Projekt auch Bioreaktoren gebaut, in denen die Belastung des Knies simuliert wird, bevor man die Bänder in den Patienten einsetzt“, erklärt Redl.

Apropos Zusammenarbeit: Würde man alle Institutionen, die mit dem LBI Trauma kooperieren, aufzählen, wäre der Platz hier schnell erschöpft. Die AUVA ist Träger des Instituts im Lorenz-Böhler-Unfallkrankenhaus, hier passiert die Forschung für alle UKHs und Rehab-Zentren der AUVA in Österreich. Weiters kooperiert das Team bei jedem Thema mit den jeweiligen Spezialisten im In- und Ausland. „Und da wir so viele Leute waren, die gerne zusammenarbeiten, haben wir 2006 in Österreich den Cluster für Geweberegeneration gegründet“, so Redl, der den Forschungscluster mit Med-Uni, Zahnklinik Wien und dem OÖ Roten Kreuz seither koordiniert. „Chef“ sagt Redl nie über sich, er spricht lieber stolz von den vielen jungen Forschern, die bestausgebildet herauskommen bzw. hier ihre eigene Gruppe aufbauen. Interdisziplinarität ist das Motto: Auch Redl selbst ist kein Mediziner, er hat Technische Biochemie studiert, spezialisierte sich auf die mikroskopische Fotografie von Gewebe (Ultrastruktur) und ist „zufällig in der Medizin gelandet“.

Zuerst bei der Intensivmedizin, deren Forschung im LBI Trauma Weltspitze ist, später in der Regenerativen Medizin. Zu seinem Lebenslauf sagt Redl: „Fader geht es nicht: Ich bin in Wien geboren, in Wien in die Schule gegangen, habe hier an der TU Wien studiert und gearbeitet und bin in der gleichen Uni heute Professor.“

Täglich mit dem Fahrrad ins Labor


Die Vernetzung mit der Welt gelang trotzdem gut, viele internationale Forscher kommen ans LBI Trauma: Heuer holte man 1800 Experten beim Termis-Weltkongress nach Wien, die Neuigkeiten aus der Geweberegeneration vortrugen. Nächstes Jahr ist der Weltkongress für Stoßwellentherapie in Salzburg, die ebenfalls die Heilung zerstörten Gewebes ankurbelt (das UKH Meidling ist internationaler Vorreiter dieser Methode). Aus Salzburg nimmt auch eine Abteilung der Paracelsus-Privatuni am Forschungscluster teil. Sie gehört zum entstehenden Zentrum für Rückenmarksforschung, das von der Wings for Life/Red-Bull-Forschung finanziert wird. Redl ist hingegen besorgt, wie gering die öffentliche Forschung in Österreich unterstützt wird: „Aber nur mit exzellenter Forschung können wir als kleines Land überleben.“
Wie sich Redl selbst fit hält, der „das österreichische Durchschnittspensionsalter schon überschritten hat“, verrät er gern: Die zehn Kilometer Anfahrt ins Lorenz Böhler erledigt er täglich mit dem Fahrrad, auch im Winter: „Das Fahrrad bedeutet Freiheit, da kann man gut abschalten.“ Und zur Entspannung arbeitet der dreifache Vater (und Opa mit einem Enkel) gern im Garten – und kocht gern: „Wie das jeder Chemiker sollte.“

Zur Person

Heinz Redl (geboren 1952 in Wien) leitet seit 1998 das Ludwig-Boltzmann-Institut für Traumatologie (Forschungszentrum der AUVA im Lorenz-Böhler-Spital). Zudem ist Redl Koordinator des Forschungsclusters für Geweberegeneration, an dem immer mehr Forschungsgruppen teilnehmen, die an einer schnelleren und besseren Heilung von Wunden, Brüchen und Verletzungen interessiert sind.


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