Während die Länderorganisationen auf mehr Autonomie pochen, diskutiert das neue „Bundesdirektorium“ Finanzen und Personalbesetzungen.
Wien. Eine neue Klubobfrau, mögliche Abspaltungen in den Ländern sowie zehn Millionen Euro Schulden – im Team Stronach gibt es viel zu besprechen. Am Mittwoch kommt in Oberwaltersdorf erstmals das neu gegründete „Bundesdirektorium“ zur Krisensitzung zusammen. Darin sitzen die Klubobleute, Landesräte und Nationalratsabgeordneten der Partei (wobei allerdings nicht einmal alle feststehen – Monika Lindner hat noch immer nicht verkündet, ob sie ihr Mandat annimmt).
Dieses Gremium soll laut Kathrin Nachbaur, Vize-Parteiobfrau und Klubobfrau im Parlament, die wichtigsten Entscheidungen im Team fällen. Etwa, wer in Zukunft über Besetzungen entscheiden soll. Denn Frank Stronach machte sich in den vergangenen Tagen daran, die Spitzen im Bund und in den Ländern neu zu besetzen. Dadurch wurde der Wunsch nach mehr innerparteilicher Demokratie laut. Während Ex-Klubobmann Robert Lugar seine Degradierung zum einfachen Abgeordneten hinnahm, gab es vor allem in Kärnten mehr Protest: „Unsere Partei ist im Stand-by“, sagte Landesrat Gerhard Köfer am Dienstag. Er überlegte bereits eine Abspaltung von der Bundespartei, als er – ohne jegliche schriftliche Mitteilung – als Kärntner Obmann abgesetzt und von Siegfried Schalli ersetzt wurde.
Drei Jahre nach der Gründung des Team Stronach ist in der jungen Partei das Chaos ausgebrochen. Milliardär Frank Stronach baute seine Partei kräftig um, in den Landesorganisationen regt sich Widerstand und nun verliert der Magna-Gründer auch noch seine "rechte Hand", alias Kathrin Nachbaur. Ein Überblick über das große Köpferollen. (c) APA
Zuerst traf es Klubchef Robert Lugar (Bild). Er musste seinen Posten für Stronachs Vertraute Kathrin Nachbaur räumen. Auch aus dem Vorstand wurde er geworfen. Zuerst sollte Lugar mit dem Job des Generalsekretärs vertröstet werden, wird nun aber doch nur einfacher Abgeordneter.Auch von Wahlkampfleiter Tillmann Fuchs trennte sich die Partei. (c) APA
Im Mai 2013 war Elisabeth Kaufmann-Bruckberger als Landesparteiobfrau Niederösterreichs eingesetzt worden, zwei Tage nach der Wahl musste sie ihren Posten schon wieder räumen. Ihre Nachfolgerin ist Renate Heiser-Fischer, eine Angestellte der Stronach-Group. (c) APA
Der Kärntner Landesparteiobmann Gerhard Köfer (Bild) wurde am 2. Oktober 2013 abgesetzt. Als neuer Landeschef wurde Siegfried Schalli eingesetzt - lange hielt er sich aber nicht.Am 14. Oktober dann die nächste Änderung: Das neu gegründete Bundesdirektorium des Team Stronach wählte Andrea Krainer als neue Landesparteiobfrau für Kärnten. (c) APA
Am selben Tag wie Köfer, also am 2. Oktober, wurde auch der Salzburger Obmann Hans Mayr abgesetzt. Der Landesrat hatte Frank Stronach kurz zuvor aufgrund überraschender Personalrochaden das Fehlen einer Basisdemokratie innerhalb der Partei vorgeworfen. Mayrs Nachfolgern wurde der Landtagsabgeordnete Helmut Naderer. (c) APA
Am 8. Oktober erreichte das Chaos Vorarlberg: Nach einer Landessitzung traten zwei Vorstandsmitglieder und neun Ortsgruppenobleute - folglich der gesamte Vorstand bis auf Landesgruppenobmann Christoph Hagen (Bild) - geschlossen von ihren Funktionen zurück und aus der Partei aus. Zuvor waren Berichte aufgetaucht, wonach das Team künftig von Wien aus geführt werden könnte. Hagen sieht aber "das letzte Wort noch nicht gesprochen". (c) APA
Im November 2013 der nächste Streich: Die Bundespartei schloss das Büro in Tirol, die Landespartei unter Walter Jenewein spaltete sich ab. Im selben Monat legte Monika Lindner (Bild) ihr Mandat zurück, Ex-Miss World Ulla Weigerstorfer folgte und sorgte für einen Kopf mehr im Parlamentsklub.
Am 29. November schloss der Bundesparteivorstand Elisabeth Kaufmann-Bruckberger und Ernest Gabmann wegen parteischädigenden Verhaltens aus. Diese gründen daraufhin das "Team NÖ" aus dem Kaufmann-Bruckberger wenige Monate später zurücktrat. Der Grund: Sie hatte zugegeben, bei einem Immobiliendeal zwischen Kärnten und dem ÖGB bzw. der Bawag über 700.000 Euro bekommen und an das damalige BZÖ weitergeleitet zu haben. APA/ROLAND SCHLAGER
Am 18. November erreichten die Spannungen einen neuen Höhepunkt: Klubchefin Kathrin Nachbaur ging mit ihrer Schwangerschaft an die Öffentlichkeit und richtete am selben Tag ein Schreiben an den Vorstand, dass sie die Partei verlässt. Die Agenden der Klubchefin übernahm Waltraud Dietrich. Wolfgang Auer (Bild) wurde Vizechef der Partei - bald aber sollte er via Aussendung von seiner Ablösung als ebensolcher erfahren. APA/HELMUT FOHRINGER
Am 3. Juni 2015 gaben die Abgeordneten Georg Vetter und Marcus Franz ihren Übertritt in den Parlamentsklub der ÖVP bekannt. Der Klub des Teams Stronach schrumpfte damit auf neun Abgeordnete. 21 Tage später beschloss der Bundesparteivorstand die Abberufung von Leo Steinbichler als Chef der oberösterreichischen Landespartei, weil sich dieser "permanent über sämtliche Vorgaben der Bundespartei hinweggesetzt hat". APA/HANS KLAUS TECHT
Der bisher letzte Paukenschlag erklang am 1. August 2015: Mit Kathrin Nachbaur und Rouven Ertlschweiger verließen zwei weitere Abgeordnete das Team Stronach Richtung ÖVP - damit besteht der Klub lediglich mehr aus sieben Abgeordneten. ÖVP-Klub
Das große Köpferollen
Doch nun ruderte Köfer zurück: „Wir warten jetzt auf eine Reaktion“, sagte Köfer. Grundsätzlich sei er kompromissbereit und fordere schlicht mehr Autonomie. „Ich versteife mich auch nicht auf eine Funktion. Es wäre nur besser, gewisse demokratische Strukturen einzubringen.“
Ob es nicht von Anfang an klar gewesen sei, dass von Stronach keine Basisdemokratie zu erwarten wäre? „Im Nachhinein hätte ich in meinem Leben viele Entscheidungen anders getroffen.“ Bereuen würde er seinen Überlauf von der SPÖ zum Team Stronach nicht. „Mit mehr Distanz hätte man sein Vorgehen aber vielleicht erahnen können. Ich war überrascht.“ Nun wartet Köfer eben auf die Ergebnisse des „Bundesdirektoriums“. Dort soll auch einer der zentralsten Punkte angesprochen werden: Wie und in welcher Form sollen Stronachs Darlehen zurückgezahlt werden? Zehn Millionen Euro verlangt der Parteigründer jetzt zurück – unter anderem ist das Geld auch nach Kärnten geflossen. Köfer plädiert allerdings dafür, die finanziellen Mittel nicht zurückgeben zu müssen.
Kein Zugriff auf Konto
Und rund um die Parteifinanzen gibt es weitere Unstimmigkeiten: Die Bundespartei des Teams Stronach hat versucht, verschiedenen Landesparteien den Zugriff auf deren Konten zu verwehren. In Kärnten ist das offensichtlich nicht gelungen, wie der Klubobmann im Landtag, Hartmut Prasch, bestätigte.
In Salzburg hingegen hat Landesgeschäftsführerin Karin Prokop keinen Zugriff mehr auf das Wahlkampfkonto, auf das auch die Mitgliedsbeiträge gehen. Näheres konnte sie dazu nicht sagen, die Bank gebe keine Auskunft. Auch darüber wird wohl in Oberwaltersdorf diskutiert werden. (APA/ib)
Der Milliardär wird aber ins Parlament einziehen, betont die Vize-Obfrau. Wie genau der Rückzug aussehen soll, ist offen. Die Partei meldet eine Stronach-Spende von 3,6 Millionen Euro.
Zwei Vorstandsmitglieder und neun Ortsgruppenobleute traten aus der Landespartei aus. In Kärnten ist eine mögliche Abspaltung "nicht vom Tisch". Eine "Krisensitzung" mit der Bundespartei endete ergebnislos.