Bis Mittwoch Mitternacht kann man in der Basilika von Bologna dem Maestro die letzte Ehre erweisen.
Hunderte Menschen nahmen am Dienstag die Gelegenheit wahr, sich vom am Montag verstorbenen italienischen Dirigenten Claudio Abbado zu verabschieden. Sie zogen am Sarg Abbados in der Basilika des Heiligen Stefans in Bologna vorbei, in dem der Leichnam des im Alter von 80 Jahren in Bologna verstorbenen Italieners in einer Kapelle der Basilika aufgebahrt wird. Jede volle Stunde bis 21 Uhr spielten Musiker, mit denen Abbado zusammenarbeitet hatte, ein Musikstück, um dem Maestro ihre letzte Ehre zu erweisen. Noch bis Mittwoch Mitternacht können Fans und Weggefährten dem Maestro die letzte Ehre erweisen.
In der Kapelle wurden kaum Blumen niedergelegt, weil die Familie um Spenden für gute Zwecke gebeten hatte.
Italiens Präsident ging hinter dem Sarg
Zu den Trauernden zählten Scala-Intendant Stephane Lissner, Italiens Kulturminister Massimo Bray und der italienische Stararchitekt Renzo Piano. Der Sarg wurde von Abbados Wohnung auf der zentralen Piazza Santo Stefano zur Basilika getragen. Hinter dem Sarg ging Italiens Präsident Giorgio Napolitano, der davor der Familie Abbados kondoliert hatte.
Kulturminister Bray versprach, dass sich die Regierung für die Rettung des von Abbado gegründeten Mozart-Orchesters von Bologna einsetzen werde. Wegen finanzieller Probleme mussten die Aktivitäten am 11. Jänner vorübergehend ausgesetzt werden. "Abbados Mozart-Orchester ist ein Juwel der italienischen Musik, es ist unsere Pflicht, dass es weiterhin arbeiten kann", so der Minister.
Barenboim dirigiert das Scala-Orchester vor leerem Saal
Der Stardirigent Daniel Barenboim und die Mailänder Scala wollen den früheren Musikdirektor des Opernhauses auf besondere Weise ehren: Am kommenden Montag dirigiert Barenboim das Scala-Orchester bei leerem Saal und offenen Türen. Die Musik - der Trauermarsch aus Beethovens "Eroica" - soll somit auch draußen erschallen. Diese Scala-Tradition gab es zuletzt in dieser Form im Jahr 2005 zu Ehren von Dirigent Carlo Maria Giulini.
Der italienische Dirigent Claudio Abbado ist tot. Der 80-Jährige starb am 20. Jänner in seiner Wohnung in Bologna nach langem Krebsleiden. Mit Österreich verbinden den in Mailand geborenen Abbado enge Beziehungen: Er studierte in Wien, wurde 1965 mit einer Mahler-Aufführung bei den Salzburger Festspielen international bekannt, war Musikdirektor der Wiener Staatsoper, Generalmusikdirektor in Wien und hatte von 1994 bis 2002 die künstlerische Leitung der Salzburger Osterfestspiele inne. Und er gründete das Festival für Neue Musik, Wien Modern. (c) EPA (Riccardo Musacchio)
Claudio Abbado wurde am 26. Juni 1933 in Mailand als Sohn einer Musikerfamilie geboren. Schon als Achtjähriger hatte er das Ziel, Dirigent zu werden. Er studierte zunächst am Konservatorium Giuseppe Verdi in Mailand Orchesterleitung, Klavier und Komposition. Dann wechselte er zu Hans Swarowsky an die Wiener Musikakademie, wo er neben Zubin Mehta als wichtigster Schüler des großen Wiener "Dirigentenmachers" galt. Foto: Abbado 1968 (c) imago stock&people (imago stock&people)
1965 gelang ihm mit den Wiener Philharmonikern, von Karajan empfohlen, ein entscheidender Durchbruch mit Mahlers "Auferstehungssymphonie". Foto: Abbado mit Alfred Brendel 1979 (c) imago stock&people (imago stock&people)
1958 gewann Abbado den Kussewitzky-Preis in Tanglewood/USA. Bereits 1966 dirigierte er bei den Salzburger Festspielen. 1968 wurde er leitender Dirigent und später künstlerischer Leiter der Mailänder Scala. Foto: Abbado 1985 (c) imago stock&people (imago stock&people)
Abbado übernahm bald weitere künstlerische Aufgaben - als ständiger Gastdirigent der Wiener Philharmoniker (ab 1971) und des London Symphony Orchestra (ab 1988 auch Musikdirektor). In den achtziger Jahren zog er sich Abbado allmählich von Mailand zurück. Foto: Claudio Abbado mit dem tschechischen Dirigenten Karel Ančerl 1968 (c) imago stock&people (imago stock&people)
1986 übernahm er mit der eigens für ihn geschaffenen Position eines Musikdirektors der Wiener Staatsoper und der Wiener Philharmoniker eine neue Aufgabe. Ein Jahr später wurde er zum Generalmusikdirektor der Bundeshauptstadt ernannt. (c) imago stock&people (imago stock&people)
In Wien setzte sich Abbado für Werke außerhalb des gängigen Repertoires ein, was ihm den Vorwurf eintrug, sich hauptsächlich mit "Nebenwerken" zu beschäftigen und sich zu sehr für "Schwierigstes und Rares" zu engagieren. (c) Reuters Photographer / Reuters
Als Konzertdirigent bot Abbado in Wien sein riesiges, stilistisch weit gefächertes, zumeist auswendig beherrschtes Repertoire von Antonio Vivaldi bis Wolfgang Rihm an. Zudem gründete er 1988 das Festival "Wien modern" und betreute das Gustav-Mahler-Jugend-Orchester. (c) imago stock&people (imago stock&people)
Von 1989 bis 2002 war Abbado Chefdirigent und künstlerischer Leiter der Berliner Philharmoniker. Bis 2014 wäre sein Vertrag als Leiter des von ihm gegründeten Lucerne Festival Orchestras gelaufen. (c) APA (DPA/Sophie Tummescheit)
Seine Stellung als Musikdirektor und Dirigent der Wiener Staatsoper kündigte Abbado im Oktober 1991 aus gesundheitlichen Gründen. Mit "Arbeitsüberlastung" begründete Abbado seinen Rückzug. (c) imago stock&people (imago stock&people)
Zwei Mal, 1988 und 1991, stand Abbado beim Neujahrskonzert am Pult. (c) imago stock&people (imago stock&people)
Er gründete mehrere Orchester: 1978 das European Community Youth Orchestra, 1986 das Gustav Mahler Jugendorchester, aus denen 1981 das Chamber Orchestra of Europe bzw. 1997 das Mahler Chamber Orchestra hervorgingen. 2004 gründete er das Orchestra Mozart. (c) EPA (Urs Flueeler)
Scala-Intendant Stephane Lissner umwarb Abbado 2005 für eine Rückkehr als Musikdirektor am Mailänder Opernhaus, der Dirigent lehnte jedoch ab. Trotzdem verbanden Abbado zuletzt wieder enge Bande mit der Scala: Am 30. Oktober 2012 dirigierte Abbado nach 20 Jahren wieder ein Konzert an der Scala. (c) AP (HANS EDINGER)
Auch in Wien hat er ab 2011 nach jahrelanger Absenz wieder am Pult gestanden. Zuletzt musste er seine angesetzten Konzerte allerdings bereits aus gesundheitlichen Gründen absagen. (c) EPA (Adalberto Roque)
Bereits vor zehn Jahren war Abbado an Magenkrebs erkankt. Durch den Schmerz habe er Komponisten besser verstehen können, die viel erlitten und daraus Meisterwerke geschaffen hätten, sagte er vergangenes Jahr. (c) ORF (-)
Weltstar mit Österreichbezug
Die Stadt Mailand hat aufgrund von Abbados Ableben den Mittwoch zum Trauertag erklärt, teilte Bürgermeister Giuliano Pisapia mit. Die Fahnen in allen öffentlichen Institutionen der Heimatstadt Abbados werden auf halbmast wehen.
Im Senat in Rom wurde ein Blumenstrauß auf Abbados Sitz gelegt. Am 30. August war der Dirigent von Napolitano wegen seiner Verdienste im Kulturbereich zum Senator auf Lebenszeit ernannt worden.
Der Maestro aus Mailand, Chef der Scala, der Wiener Staatsoper und der Berliner Philharmoniker, Gründervater des Festivals Wien modern, starb 80-jährig in Bologna, wo er zuletzt das Orchestra Mozart aus Jugendlichen gründete.