Der Bundespräsident fordert den Rücktritt des EU-Mandatars. FP-Chef Strache traf Mölzer zu einem Gespräch, über dessen Inhalt wird aber nichts verraten.
Der Druck auf den freiheitlichen EU-Abgeordneten Andreas Mölzer wächst. Am Montag wurde parteiinterne Kritik laut, außerdem forderte Bundespräsident Heinz Fischer den Rücktritt des freiheitlichen Spitzenkandidaten. "Jemand, der die Regelungsdichte der Europäischen Union in Beziehung mit der Regelungsdichte des NS-Terrorsystems setzt, jemand, der von einem ,Negerkonglomerat' spricht und David Alaba attackiert, ist im Europäischen Parlament fehl am Platz", sagte Fischer gegenüber den "Oberösterreichischen Nachrichten". Es scheine aber auch der Freiheitlichen Partei langsam zu dämmern, dass damit eine Grenze überschritten wurde.
Der Tiroler FP-Obmann Markus Abwerzger hatte sich zuvor von Mölzer distanziert. Und der burgenländische FPÖ-Obmann Johann Tschürtz erklärte: „Die Aussagen Mölzers sind nicht zu goutieren aus meiner Sicht."
Bisher erhielt Mölzer Rückendeckung von Parteichef Heinz-Christian Strache. Am Montag fand dennoch ein Krisentreffen der beiden statt. Die FPÖ teilte im Anschluss daran mit, dass die Ergebnisse des Gespräches am Mittwoch in die Beratungen des Bundesparteivorstandes einfließen werden. Weitere Informationen werde man bis dahin nicht veröffentlichen. Der FPÖ-Vorstand könnte Mölzer theoretisch von der EU-Liste streichen oder zumindest zurückreihen. Derzeit ist er mit Generalsekretär Harald Vilimsky als Doppelspitze aufgestellt.
Mölzer selbst hat bisher betont, sich nicht zurückziehen zu wollen. Er verspüre innerhalb der Partei einen Solidarisierungseffekt wie einst bei Jörg Haider, sagte er der „Presse" in der Vorwoche.
Die politischen Mitbewerber erneuerten am Montag indes ihre Rücktrittsaufforderungen an den freiheitlichen Europamandatar. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos verlangte von Strache, „endlich zu handeln". Wie auch ÖVP-Generalsekretär Gernot Blümel und Grünen-Chefin Eva Glawischnig drängte er neuerlich auf einen Rücktritt Mölzers als Spitzenkandidat.
Glawischnig appellierte an den FPÖ-Chef, endlich Konsequenzen zu ziehen. „Dieser Mensch gehört von der Liste entfernt und zum Rücktritt gezwungen", sagte sie in einer Pressekonferenz. Strache müsse das erzwingen, ansonsten sei in der Partei die Führungsfrage zu stellen.
Knapp 17.000 Personen sind dem Aufruf des Schriftstellers Michael Köhlmeier bisher nachgekommen: Sie unterstützen dessen geplante Anzeige wegen Verhetzung gegen Mölzer.
Fast zehn Jahren war Andreas Mölzer im Europäischen Parlament. Bei den Wahlen am 25. Mai wollte er als Spitzenkandidat erneut für die Freiheitlichen kandidieren. Doch seine (mehr als) umstrittenen Äußerungen wurden ihm zum Verhängnis. Am 8. April legte er seine Position als Spitzenkandidat zurück. Im Bild: Andreas Mölzer und Heinz-Christian Strache bei der Präsentation der FPÖ-Kandidatin für die EU-Wahl im Jänner. APA/HERBERT PFARRHOFER
Sein Vergleich der EU mit dem Dritten Reich, sein Sager über ein "Negerkonglomerat" und ein ihm zugeschriebener rassistischer Kommentar über David Alaba führten zu einem "Vertrauensverlust" seiner Partei, wie er selbst erklärte. Im Bild: Mölzer bei einer Diskussion Ende März. APA/GEORG HOCHMUTH
Die jüngsten Aussagen waren aber bei Weitem nicht der erste Aufreger Mölzers. Er kommt aus dem ganz rechten Flügel der Partei. Er war auch einer der wesentlichsten Betreiber der Spaltung der Freiheitlichen im Jahr 2002 in Knittelfeld. Besser weniger Stimmen, dafür Rückkehr zu den alten Werten, lautete sein Credo. In einem "profil"-Interview sagte er über sich selbst: "Das rechtsintellektuelle Lager bin ich allein." Im Bild: Mölzer bei einer Pressekonferenz im Jänner. APA/HERBERT PFARRHOFER
Hervorgetan hat sich der gebürtige Steirer auch in erster Linie als Publizist. Als Chefredakteur der FPÖ-Wochenzeitung "Kärntner Nachrichten" (bis 1990) wurde er ein Getreuer Jörg Haiders. 1990 wurde er Chef des Freiheitlichen Bildungswerkes, 1991 Kärntner Bundesrat. Mölzer ist außerdem Herausgeber der Zeitschrift "Zur Zeit", Chefredakteur ist sein Sohn Wendelin Mölzer. Im Bild: "Zur Zeit" aus dem Jahr 2008, mittlerweile erscheint das Produkt in Magazinform. Fabry
Ein Bruch mit Haider folgte. Der Öffentlichkeit bekannt wurde der Vorsitzende der Alten Herren des Corps Vandalia im Februar 1992: Er äußerte seine Befürchtung, dass sich in Deutschland und Österreich eine "Umvolkung" anbahne. Dieser Eklat führte indirekt zur Abspaltung von Heide Schmidt von der FPÖ und zur Gründung des Liberalen Forums. Im Jahr 2005 war Mölzer dann auch ein wesentlicher Player rund um die Abspaltung des BZÖ von der FPÖ. Nach wochenlangen Querelen um seinen Parteiausschluss - nachdem er als scharfer Kritiker der damaligen Parteilinie unter Jörg Haider aufgetreten war - beschloss die Spitze der Freiheitlichen dann im Frühjahr 2005, sich abzuspalten. Im Bild: Mölzer mit dem damaligen Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider im Jahr 2004 bei einer Pressekonferenz. APA
Dass er ins EU-Parlament kam, verdankte Mölzer einer Gewaltanstrengung des ganz rechten dritten Lagers. Mit einer Vorzugsstimmenkampagne schob er sich 2004 von Platz drei aus auf das einzige Mandat, das die damals in einer tiefen Krise befindlichen Freiheitlichen erlangten. Bei den letzten beiden Urnengängen 2004 und 2009 waren Mölzer keine großen Glanzstücke gelungen, was wohl weniger an ihm als am Zustand der Partei und den Umständen der Wahlen gelegen hat. So war in erster Linie die Popularität von Hans-Peter Martin verantwortlich 12,7 Prozent an Stimmen im Jahr 2009 - wobei Mölzer selbst wohl auch nur in den freiheitlichen Kernschichten ein Star ist. Im Bild: Mölzer beim EU-Wahlkampfauftakt im Jahr 2004. APA
Der 61-jährige Mölzer wohnt mit seiner Frau und fünf Kindern am Ossiachersee in Kärnten. Im Bild: Mölzer bei einer Pressekonferenz im Jahr 2005 mit internationalen Rechtsparteien. Fabry
Der Aufreger aus dem rechten Flügel stolpert über Alaba
Der Autor Köhlmeier hat eine Anzeige in Feldkirch gegen den mittlerweile zurück getretenen FPÖ-Kandidaten für die Europawahl eingebracht. Die Staatsanwaltschaft sieht sich nicht zuständig.
Der "Emanzipationsprozess" der FPÖ habe schon lange vor Mölzers Abgang begonnen, sagt Meinungsforscher Bachmayer. Eine Umfrage zur EU-Wahl sieht die FPÖ bei 18 Prozent.
Generalsekretär und EU-Spitzenkandidat Vilimsky stößt sich an der Doppelrolle Mölzers als Parlamentarier und Chefredakteur. Er will die Causa parteiintern diskutieren.
Der Generalsekretär löst Andreas Mölzer als FPÖ-Spitzenkandidat für die EU-Wahl ab. Er sieht sich als "Speerspitze" und will Kompetenzen nach Wien zurückholen.
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