Die ÖVP machte Tirol noch schwärzer, die FPÖ legt stark zu, bleibt aber hinter der SPÖ, die Grünen verlieren nur wenig: Nach der Wahl in Tirol fühlen alle Parteien bundespolitischen Aufwind.
Also nur Sieger – allerdings mit Abstufungen. Der größte Sieger ist nach eigenen Ansprüchen der einzige Verlierer. Denn die FPÖ wollte zweitstärkste Partei werden, um so eine ÖVP-Grüne- bzw. ÖVP-SPÖ-Mehrheit zu verhindern. Die ÖVP sollte dadurch geradezu gezwungen werden, wie auf Bundesebene auch in Tirol mit den Freiheitlichen zu koalieren. Doch dieses Ziel hat man nicht erreicht. Alle anderen Regierungsvarianten sind möglich, die FPÖ wird für eine Koalition in Tirol nicht benötigt – und dem Vernehmen nach von Landeshauptmann Günther Platter auch nicht präferiert.
Es ist schwer, das Ergebnis einer Landtagswahl auf den Bund umzulegen. Eines aber kann man aus dem gestrigen Urnengang ableiten: Das unbeholfene bis in manchen Fragen geradezu dumme Agieren der FPÖ auf Bundesebene (ein Vizekanzler, der in einem Interview den Kosovo gegen die Regierungslinie als Teil Serbiens bezeichnet, die Aussage dementieren lässt, nur um dann mit seiner schriftlichen Antwort konfrontiert zu werden) hat nicht dazu beigetragen, das Vertrauen in die Regierungsfähigkeit der Partei zu erhöhen.
Kanzlerbonus für ÖVP
Und auch einen zweiten Schluss kann man ziehen: Die ÖVP profitiert auch in den Ländern von ihrer Rolle auf Bundesebene, der Kanzlerbonus trug jetzt in Tirol ebenso wie vor einigen Wochen in Niederösterreich zum guten Abschneiden bei. Die ÖVP unter Sebastian Kurz versteht es, sich als völlig neue Partei zu präsentieren, die einheitlich auftritt, keinen Streit mehr nach außen trägt und bisher Fehler in der Regierungsarbeit vermeidet. Man hat ein Siegerimage, und das wird sich auch bei der Wahl in Kärnten am kommenden Sonntag zeigen.
Dort wird eine andere Partei endgültig den Aufschwung bekommen, den man für die Stimmung auf Bundesebene so dringend benötigt. Die SPÖ dürfte in Kärnten unter ihrem Landeshauptmann Peter Kaiser deutlich zulegen. Auch nach der Tiroler Landtagswahl kann die Partei mit sich zufrieden sein: Dass man den zweiten Platz verteidigt, war nicht selbstverständlich.
Die Presse/GK
Genauso wenig, wie dass die Grünen im Ergebnis zweistellig bleiben. Spitzenfrau Ingrid Felipe war nach ihrem glücklosen Ausflug in die Bundespolitik angeschlagen. Als Kurzzeit-Bundessprecherin musste sie den Rauswurf ihrer Partei aus dem Nationalrat mitverantworten. Die Tiroler haben ihr das offensichtlich nicht nachgetragen. So können die Grünen auch nach dem Abschneiden in Niederösterreich hoffen, dass es mit der Bewegung doch nicht vorbei ist. Freuen kann man sich aber nur kurz – die Wahl in Kärnten dürfte das nächste verheerende Ergebnis bringen.
Die Neos haben sich nach dem Einzug in den Tiroler Landtag endgültig als eine politische Größe etabliert. Ob das auch in Kärnten Bestand hat, wird sich zeigen.
Hoch erfreut über den laut Hochrechnungen klaren ersten Platz der Volkspartei bei der Tiroler Landtagswahl hat sich ÖVP-Chef Sebastian Kurz gezeigt: "Das Tiroler Wahlergebnis hat unsere Erwartungen übertroffen", gratulierte er Landeshauptmann Günther Platter (2. v. r.) zum Wahlsieg und den Zugewinnen. Kurz (2. v. l.) war zusammen mit Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (l. außen) und Wirtschaftsministerin und Tirolerin Margarete Schramböck (r. außen) zu Platter gereist. Kurz bedankte sich auch bei allen Funktionären und Helfern. Seit der Landtagswahl 2009 in Oberösterreich sei dies die erste Landtagswahl mit Zuwächsen für die Volkspartei. Das Tiroler Ergebnis zeige vor allem, dass nach der Nationalratswahl und der niederösterreichischen Landtagswahl auch die Tiroler "die Sacharbeit, das Miteinander und den neuen Politikstil mit Zustimmung belohnen", meinte Kurz. "Das Tiroler Ergebnis gibt auch uns auf Bundesebene nochmals kräftigen Rückenwind." (c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
Platter selber will im Wahlkampf nicht tiefgestapelt haben. Er freue sich, dass Kanzler Kurz gekommen nach Tirol gekommen sei - und bedankte sich in einer ersten Stellungnahme bei seinen Wählern. Platter meinte zu den zahlreichen Koalitionsangeboten: "Ich glaube, es ist sehr vernünftig, dass alle Bereitschaft zeigen." Es werden "mit Sicherheit keine roten Linien gezogen werden - wir haben sehr viele Themen". (c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
Die Grüne Spitzenkandidatin Ingrid Felipe kann mit dem Abschneiden ihrer Partei bei der Tiroler Landtagswahl leben. Gegenüber Journalisten sprach sie von einem "Achtungserfolg". Immerhin sei man im Oktober bei der Nationalratswahl noch bei vier Prozent gelegen und liege nun bei über zehn Prozent. Ob sie einen Auftrag für die Fortsetzung von Schwarz-Grün sieht, wollte Felipe gegenüber der APA vor Vorliegen des Endergebnisses nicht beurteilen. Die Landeshauptmann-Stellvertreterin verwies aber darauf, dass man im Vorfeld klar gestellt habe, bei Zweistelligkeit verhandlungsbereit zu sein. Nun sei aber Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) am Zug. (c) APA/EXPA/JAKOB GRUBER (EXPA/JAKOB GRUBER)
FPÖ-Spitzenkandidat Markus Abwerzger hat sich mit den Zugewinnen der Freiheitlichen "sehr zufrieden" gezeigt. Ein Plus von annähernd sieben Prozent ist ein "sehr gutes Ergebnis", sagte Abwerzger. Ein "Wermutstropfen" sei das voraussichtliche Verfehlen von Platz zwei. Dennoch: "Ich habe nur lachende Augen", sagte er im ORF. Mit dem zweiten Platz rechnete Abwerzger trotz einer nach wie vor möglichen Chance nicht mehr und verwies darauf, dass vor allem Innsbruck noch nicht ausreichend ausgezählt sei. Die Chancen auf eine Regierungsbeteiligung sah der FPÖ-Chef hingegen aber nach wie vor intakt. "Die Chance steht 50 zu 50. Wir sind zu Gesprächen bereit", erklärte der FPÖ-Chef: "Es liegt jetzt alles in der Hand von Günther Platter und der ÖVP - wir wären bereit. Der Herr Landeshauptmann hat meine Telefonnummer." (c) APA/EXPA/JAKOB GRUBER (EXPA/JAKOB GRUBER)
Die Spitzenkandidatin der Tiroler SPÖ, Elisabeth Blanik, hat sich "glücklich" über den Zugewinn ihrer Partei bei der heutigen Landtagswahl gezeigt. Das Projekt sei geglückt, die gesteckten Ziele erreicht, so die Lienzer Bürgermeisterin in einer ersten Reaktion in der roten Parteizentrale. Den Sieg wollte sie sich nicht nur selbst zuschreiben. Man gewinne nie alleine. Die Sozialdemokraten hätten jedenfalls beide Wahlziele erreicht - stärker werden und das Erreichen des zweiten Platzes. Vor der FPÖ zu liegen, sei ein "sehr positives Ergebnis für die Demokratie", so Blanik. In puncto Koalition mit der ÖVP hielt sich die SPÖ-Kandidatin aber noch bedeckt. Sie warte erst die Einladung von Landeshauptmann Platter ab. "Wir werden heute einmal feiern", betonte Blanik: "Jetzt werden wir schauen, was die Zukunft bringt." (c) APA/EXPA/JFK (EXPA/JFK)
"Neos ist der Motor" für Veränderung in Tirol, bekundete Neos-Frontmann Oberhofer im ORF-Gespräch nach der Wahl. "Wer gibt es der ÖVP am billigsten - da machen wir sicher nicht mit", sagt er. Gesprächen sei man aber nicht abgeneigt - das gelte auch für die künftige Oppositionsarbeit: Man setze auf "unternehmerisches Denken" sowie "das Thema Verkehr". Sein Vorteil: "Ich habe nichts versprochen und nichts plakatiert, was ich nicht einhalten kann. Wir werden Politik machen, die wertschätzend und konstruktiv ist." (c) APA/EXPA/JFK (EXPA/JFK)
Die Spitzenkandidatin der Liste Fritz, Andrea Haselwanter-Schneider, hat nach den ersten Hochrechnungen am Wahlsonntag das "Minimalziel", also den Landtagseinzug, erreicht gesehen. "Unser Maximalziel, die Verdoppelung der Mandate, ist uns leider nicht geglückt", sagte Haselwanter-Schneider zur APA. "Zum dritten Mal in Folge in den Tiroler Landtag einzuziehen, ist aber eine tolle Leistung", so die Liste Fritz-Frontfrau. Sie wolle nun noch auf die Ergebnisse der großen Städte warten, denn da erwarte sie sich "noch Einiges". (c) APA/EXPA/JAKOB GRUBER (EXPA/JAKOB GRUBER)
Reaktionen zur Tirol-Wahl: "Ich habe nur lachende Augen"
SPÖ, FPÖ und Grüne waren bei Landeshauptmann Platter (ÖVP) zu ersten Gesprächen zu Gast, die "sehr angenehm" und "konstruktiv" verlaufen seien. Festlegen will sich noch niemand.
Eigentlich wäre die FPÖ der natürliche Koalitionspartner der Tiroler ÖVP. Also eine FPÖ nach Façon des früheren Landesparteichefs Siegfried Dillersberger. Über die Wandlung einer freiheitlichen Landesgruppe.
Die Geschäftsordnung des Bundesrates sieht eine Fraktion ab fünf Bundesräten vor, aber Ausnahmen sind erlaubt. Schon zuletzt hatten die Grünen ihren Klubstatus durch eine Sonderregelung behalten können.
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