Nach dem Wahldebakel wollen CSU-Chef Seehofer und Ministerpräsident Söder erst gar keine Führungsdebatte aufkommen lassen. Auch SPD-Chefin Nahles ist nach dem historisch schlechten Ergebnis um Beschwichtigung bemüht.
Die Absolute ist verloren, Konsequenzen soll es aber keine geben - zumindest vor den Landtagswahlen in Hessen am 29. Oktober, wo sich bereits die nächste Wahlschlappe für die Volksparteien ankündigt: Das bayerische Männerduo aus CSU-Chef und Innenminister Horst Seehofer und Ministerpräsident Markus Söder wollte nach dem Wahldebakel am Montag erst gar keine Führungsdebatte aufkommen lassen. An der Doppelspitze soll sich nichts ändern. "Ich glaube, das hat sich sehr bewährt", sagte Seehofer. Und: "Ich führe auch heute keine Personaldiskussion über mich."
Denn schließlich sind sowohl Seehofer als auch Söder nach der Landtagswahl in Bedrängnis: Seehofer war bis Anfang des Jahres bayerischer Ministerpräsident, wurde aber wegen des schlechten CSU-Abschneidens bei der Bundestagswahl 2017 zum Rückzug gedrängt. Er blieb Parteichef und wechselte als Innenminister ins Kabinett von Kanzlerin Angela Merkel. Nach dem Bundesdebakel folgte nun der Absturz in Bayern. Dennoch bestätigte das CSU-Parteipräsidium Markus Söder in einer Sitzung am Montag einstimmig als Ministerpräsidenten.
Die CSU fuhr am Sonntag mit 37,2 Prozent ihr schlechtestes Ergebnis seit 1950 ein. Zweitstärkste Kraft sind die Grünen, die ihr Ergebnis von 2013 auf 17,5 Prozent verdoppelten. Die Freien Wähler legten auf 11,6 Prozent zu. Der Koalitionspartner auf Bundesebene, die SPD, rangiert mit 9,7 Prozent nur noch im einstelligen Bereich. Sie wurden von der rechtspopulistischen AfD, die mit 10,2 Prozent erstmals in den Landtag einzieht, überholt.
Seehofer gibt sich streichelweich
Wohl auch im Hinblick auf die Landtagswahl in Hessen in zwei Wochen war Seehofer bemüht, die Koalition aus CDU und SPD nicht weiter anzupatzen. "Die Große Koalition ist stabil", versicherte er. Dazu werde die CSU ihren Beitrag leisten: "Wir werden aktiv und konstruktiv in der Bundesregierung mitarbeiten." Zugleich sandte er ein versöhnliches Zeichen an die Schwesterpartei CDU, mit deren Chefin Angela Merkel er sich seit Monaten in der Migrationsfrage einen öffentlichen Machtkampf liefert: Seine Partei werde sich dafür einsetzen, dass die CDU bei der Hessen-Wahl ein starkes Ergebnis erreiche. Auch hier deuten sich in Umfragen herbe Verluste für die regierenden Christdemokraten an, die derzeit in einer Koalition mit den Grünen sind.
Doch die Bayern-Wahl ist nicht nur ein Schlag für die CSU, sondern auch für die Sozialdemokraten, die am Sonntag ihren bundesweiten Sturzflug fortgesetzt hatten. So war auch SPD-Chefin Andrea Nahles um Beschwichtigung bemüht. Schließlich steht nicht nur die Große Koalition, sondern auch ihr politisches Überleben auf dem Spiel. Die Frage, ob die Große Koalition funktioniere, entscheide sich nicht alleine am Ergebnis einer Landtagswahl, sondern in den nächsten Monaten, sagte sie am Montag. "Rote Linien jetzt zu definieren, das halte ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht für angesagt."
Erste Koalitionsgespräche am Mittwoch
Jedenfalls drücken die deutschen Christsozialen bei der Koalitionsbildung nun aufs Tempo. An diesem Mittwoch soll es Sondierungsgespräche mit den anderen Parteien geben, und die Koalitionsverhandlungen selbst sollen noch in dieser Woche beginnen. Das kündigte CSU-Chef Horst Seehofer am Montag in einer CSU-Vorstandssitzung an.
Die Präferenz ist klar: Seehofer und Söder wollen am liebsten eine "bürgerliche Koalition" mit den Freien Wählern eingehen. Das sei das "Naheliegendste", meinte Söder. Dennoch wolle man mit allein Parteien Gespräche führen - nur nicht mit der rechtspopulistischen Alternative für Deutschland. Auch eine Zusammenarbeit mit den Grünen ist unwahrscheinlich: Sie seien von der CSU "inhaltlich weit entfernt", meinte Söder.
(APA/dpa/AFP/Reuters/red.)