Präsidentenwahl in Brasilien: Der Triumph des ultrarechten "Märtyrers"

Eine Bolsonaro-Angängerin in Sao Paolo
Eine Bolsonaro-Angängerin in Sao Paolo(c) REUTERS (NACHO DOCE)
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Jair Messias Bolsonaro führt künftig Brasilien an. Der neue Präsident verherrlicht die Militärdiktatur und leistet sich frauenfeindliche und rassistische Entgleisungen. Seine Fans verehren ihn trotzdem als Retter des Abendlandes. Ein Porträt.

Bei der Nennung seines Namens läuft es den einen eiskalt den Rücken herunter, andere heben bewundernd die Augen zum Himmel. Der rechtsextreme Jair Messias Bolsonaro, Sieger der Präsidentenwahl in Brasilien, polarisiert.

Gegner des langjährigen Abgeordneten verweisen auf seine rassistischen, frauen- und schwulenfeindlichen Äußerungen und sein Lob für die Militärdiktatur der Jahre 1964 bis 1985. Für seine Anhänger ist er der Retter des Vaterlandes. Seine glühendsten Fans nennen ihn schlicht "o mito" (der Mythos).

"Der Mythos"

Der Hauptmann der Reserve, der sich angesichts der Korruptionsskandale im größten Land Lateinamerikas als "Saubermann" profilierte, nimmt mit Vorliebe bei Auftritten in Flughäfen ein Bad in der Menge - eine riskante Angelegenheit: Am 6. September wurde er in der Kleinstadt Juiz de Fora von einem geistig Verwirrten mit einem Messer schwer verletzt.

Zum "Mythos" kam nun das Image des "Märtyrers" hinzu. Bolsonaro konnte wegen seines Krankenhausaufenthalts drei Wochen lang weder am Straßenwahlkampf noch an Fernsehdebatten teilnehmen. In den sozialen Medien blieb er hingegen sehr aktiv. Bei Facebook, Twitter und Instagram folgen ihm knapp 14 Millionen Nutzer.

Bolsonaro in dem Moment, als er Opfer eines Messerattentats wurde
Bolsonaro in dem Moment, als er Opfer eines Messerattentats wurdeAPA/AFP/RAYSA LEITE

Das Internet ist Bolsonaros bevorzugtes Medium, ein großer Redner ist er nicht. Ein klares politisches Programm ist bei Bolsonaro schwerlich auszumachen. Kein Wunder, dass der Mann, der seit 27 Jahren im Abgeordnetenhaus sitzt, mehrmals die Parteien wechselte.

Dass er von Wirtschaft nichts versteht, bekennt Bolsonaro selbst. Das Vertrauen der Märkte gewann er, indem er den Wirtschaftswissenschaftler Paulo Guedes in sein Wahlkampfteam nahm. Ihn will er zum "Superminister" machen.

Die Kirche steht an Bolsonaros Seite

Zu Bolsonaros Unterstützern zählen mächtige Lobbyisten etwa aus der Agrarindustrie und der einflussreichen evangelikalen Kirchen. Der Politik-Veteran Bolsonaro stilisiert sich zum Anti-Establishment-Politiker, der mit "denen da oben" aufräumen werde.

Der grassierenden Kriminalität und Korruption sagte er einen gnadenlosen Kampf an. Den Bürgern will er in diesem Zusammenhang das Tragen von Waffen erlauben. Häufig wird Bolsonaro als "Brasiliens Donald Trump" bezeichnet. Doch einige politische Beobachter sehen eher Parallelen zum philippinischen Staatschef Rodrigo Duterte.

Geboren wurde Bolsonaro 1955 in Campinas bei Sao Paulo in einer italienischstämmigen Familie. Während seiner Zeit in der Armee galt er als aufmüpfig. In den 80er- Jahren wurde ihm sogar ein versuchter Bombenanschlag zur Last gelegt, mit dem er einen höheren Sold erreichen wollte.

Der Großteil seiner politischen Karriere spielte sich in Rio de Janeiro ab. Dort wurde er 1988 zum Gemeinderat und 1991 zum Abgeordneten im Bundesparlament gewählt.

Im Parlament tat er sich weniger durch Gesetzesinitiativen hervor - in fast drei Jahrzehnten brachte er nur zwei Initiativen durch - als vielmehr durch verbale Provokationen. Zur linken Abgeordneten Maria do Rosario sagte er einmal: "Ich würde Sie nicht vergewaltigen, Sie verdienen es nicht." Darauf angesprochen, bekräftigte Bolsonaro in einem Interview 2014, sie sei "hässlich" und "nicht sein Typ".

Homophobe Äußerungen

Herablassend äußert sich Bolsonaro auch über Schwarze und Homosexuelle. Einen schwulen Sohn würde er "nicht lieben können", sagte er 2011 in einem Interview mit dem "Playboy" und fügte hinzu: "Mir wäre lieber, er würde bei einem Unfall sterben." Auch Folter während der von ihm verherrlichten Militärdiktatur rechtfertigte der 63-Jährige. Deren Fehler sei es gewesen, "zu foltern, aber nicht zu töten", befand Bolsonaro 2016 in einem Radiointerview.

(Von Louis Genot/AFP)

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