Das Video aus Ibiza sei „ein echtes Desaster“. Der Ex-FPÖ-Mann spricht von „zu wenig Schlaf, zu viel Alkohol, gemixt mit Energydrinks, und psychotropen Substanzen“.
Der nach der Ibiza-Affäre aus allen Funktionen zurückgetretene ehemalige FPÖ-Politiker Johann Gudenus sorgt sich, dass es bei dem verhängnisvollen Video nicht bleiben wird. "Ich befürchte weiteres Material, das mich in kompromittierenden Situationen zeigt", sagte er am Dienstag. Dies sei neben dem bekannten Video ein weiterer Grund für den vollständigen Rückzug aus der Politik gewesen.
"Benebelt, naiv und vertrauensselig - in dieser Kombination ein echtes Desaster", kommentierte Gudenus die bereits veröffentlichten Aufnahmen. Aus Angst um die Veröffentlichung weiteren Materials habe er alle Funktionen zurückgelegt - um noch größeren Schaden abzuwenden. "Es tut mir aufrichtig leid, dass ich dieses einmalige Treffen auf Ibiza mitorganisiert und damit Heinz-Christian Strache überhaupt erst mit dieser Causa in Verbindung gebracht habe", meinte er.
„Willkommenes und willfähriges Opfer“
Zu seinem Zustand während des heimlich mitgeschnittenen Treffens sagte Gudenus: "Ich war in dieser längeren Zeitspanne sichtlich in einer Ausnahmesituation. Erschöpft, überarbeitet, nahe einem Burn-out und in einer persönlichen Krise. Zu wenig Schlaf, zu viel Alkohol, gemixt mit Energydrinks, und psychotrope Substanzen, um die innere Anspannung und Unruhe zu bekämpfen."
Gudenus sieht sich damit als "willkommenes und willfähriges Opfer", das man "womöglich zusätzlich mit K.o.-Tropfen oder ähnlichen Substanzen und Drogen" gefügig gemacht habe. "Mir fehlen streckenweise Erinnerungen über Stunden hinweg und ich weiß auch nicht mehr, was ich in diesen Zuständen von mir gegeben habe beziehungsweise welche Handlungen daraus resultierten", meint der einstige geschäftsführende Klubchef im Nationalrat.
Entschuldigung bei Strache
"Damit weise ich aber nicht die Schuld von mir", ergänzt Gudenus, "denn ich bin selbst naiv in die Falle gegangen und habe in dieser Stresssituation viel zu spät erst einen Psychotherapeuten aufgesucht, der mir aus dieser verfahrenen Situation in zahlreichen Sitzungen wieder heraushelfen konnte". Heute sei er, Gudenus, "mehr als froh, dieser prekären Situation wieder entkommen zu sein und erkenne mit Scham und Bedauern, was ich in dieser Zeit aufgeführt habe".
"Ich wünschte, ich könnte einen Reset-Knopf drücken", so Gudenus weiter. Und: "Ich möchte mich bei Heinz-Christian Strache in aller Form aufrichtig dafür entschuldigen, ihn unwissentlich zu diesem mit Lockvögeln organisierten Treffen gebracht zu haben und damit ihm und seiner Familie persönlich, der Partei und nicht zuletzt der Regierung dieses Landes erheblichen Schaden zugefügt zu haben.“ Auch Strache war nach der Veröffentlichung des Videos zurückgetreten.
Auf einen Blick
Kurz vor der EU-Wahl ist am Freitag ein Video aus dem Sommer 2017 aufgetaucht, das Heinz-Christian Strache am Samstag zum Rücktritt aus all seinen politischen Funktionen bewogen hat. Der Clip, den „Spiegel" und die „Süddeutsche Zeitung" veröffentlicht haben, zeigt, wie sich der bisherige FPÖ-Obmann und Vizekanzler mit einer vermeintlichen russischen Investorin in Ibiza über Staatsaufträge für millionenschwere Spenden unterhält.
Ebenfalls am Samstag trat Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) an die Öffentlichkeit, um aufgrund der Affäre vorgezogene Neuwahlen zu verkünden; die vermutlich im September stattfinden werden.
Am Montag folgten Gespräche zwischen Türkis-Blau, aber auch mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen, um auszuloten, wie bis zum Neuwahltermin weiter gearbeitet werden soll. Am Ende dieser Gespräche stand allerdings kein Konsens: Während die FPÖ an Innenminister Herbert Kickl festhielt, beharrte die ÖVP auf dessen Rücktritt. Um 18:30 Uhr verkündete Kurz sodann: Er werde Van der Bellen die Entlassung Kickls vorschlagen - Worten, denen er am Dienstag Taten folgen ließ.
(APA)