Natascha Kampusch: Flucht vor genau fünf Jahren

In diesem Haus in Strasshof wurde Natascha Kampusch festgehalten.
In diesem Haus in Strasshof wurde Natascha Kampusch festgehalten.(c) APA (Helmut Fohringer)
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Am 23. August 2006 entkam die heute 23-Jährige ihrem Entführer Wolfgang Priklopil. Der "Kriminalfall Kampusch" sorgt nach wie vor für Spekulationen.

Fünf Jahre ist es her, dass mit Natascha Kampuschs Flucht aus den Fängen ihres Entführer Wolfgang Priklopil einer der spektakulärsten Kriminalfälle in Österreich glücklich ausgegangen ist. Am Dienstag jährte sich der Tag, an dem die heute 23-Jährige im Garten einer Niederösterreicherin in Strasshof auftauchte und um Hilfe flehte.

Mit zehn Jahren wurde Kampusch gekidnappt und achteinhalb Jahre gefangen gehalten. Seither hat die junge Frau ein Buch über ihr Schicksal geschrieben und eine Ausbildung zur Goldschmiedin begonnen. Mit Constantin Film arbeitet sie an einer Verfilmung ihrer Geschichte.

In Donaustadt spurlos verschwunden

Auf dem Weg zur Schule in ihrem Heimatbezirk Wien-Donaustadt verschwand Natascha Kampusch am 2. März 1998 spurlos. Großangelegte Suchaktionen an Land, in der Luft und im Wasser blieben ohne Erfolg. Nach einer Zeugenaussage wurden am 6. April 1998 neben 699 Fahrzeugen auch Priklopil und sein weißer Kleinbus überprüft. Der Nachrichtentechniker hatte kein Alibi und gab an, den Wagen für Bauarbeiten zu nutzen.

Weitere Nachforschungen in diese Richtung wurden nicht unternommen und Kampusch blieb verschwunden, bis sie am 23. August 2006 einen günstigen Moment zur Flucht nutzte: Priklopil entfernte sich im Garten für ein Telefonat während Natascha Kampusch den Wagen saugte und sich dank des Lärms zu einer Nachbarin retten konnte. Der 44-Jährige nahm sich wenige Stunden danach das Leben.

Natascha Kampusch hat seither viele Interviews im In- und Ausland gegeben und 2008 für den Privatsender Puls 4 in einer eigenen Talkshow kurzzeitig Prominente interviewt - mit der Öffentlichkeit hadert die junge Frau allerdings: Während die 23-Jährige und ihre Berater betonen, dass Kampusch selbst nicht in die Medien zu dränge, wurde das Privatleben der jungen Frau in den vergangenen Jahren immer wieder zum medial diskutierten Thema.

Verfahren gegen Staatsanwälte

Auch der "Kriminalfall Kampusch" sorgt nach wie vor für Spekulationen - über mutmaßliche Komplizen und die erfolglose Überprüfung Priklopils. Aktuell läuft in Innsbruck ein Verfahren gegen fünf in den Fall involvierte Staatsanwälte wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs: Die Beweisaufnahme im Ermittlungsverfahren wurden Ende Juli abgeschlossen, der Akt liegt jetzt zur Beurteilung bei der Staatsanwaltschaft Innsbruck. Anfang September sollen in der Causa weitere Entscheidungen getroffen werden.

Über den Jahrestag ihrer Flucht will sich Natascha Kampusch jedenfalls nicht äußern. Im Sommer seien generell keine Interviews geplant und es gebe auch keine Neuigkeiten, so ihr Umfeld. Für den Constantin-Film der Regisseurin Sherry Hormann werde nach wie vor am Drehbuch gearbeitet, erst nach der Fertigstellung werde über Besetzung und Drehorte entschieden. Begonnen werden soll mit der Produktion 2012.

Autobiografie als Verkaufserfolg

Natascha Kampuschs im August 2010 erschienene Autobiografie "3096 Tage" über die Zeit der Gefangenschaft ist mittlerweile in mehr als 30 Sprachen gedruckt worden, im Jänner 2012 soll sie in Taschenbuch-Format auf den Markt kommen, so die Berater der 23-Jährigen. Laut dem List Verlag, der die deutschsprachigen Länder beliefert, wurden bis Anfang Februar 300.000 Stück verkauft und das Buch auf Deutsch schon zum zehnten Mal aufgelegt.

Im Juni wurde Natascha Kampusch für ihre Schilderungen mit dem österreichischen Buchliebling-Preis 2011 ausgezeichnet, im September 2010 schaffte es ihre Leidensgeschichte in der Kategorie Sachbuch auf Platz eins der Bestsellerliste.

Hälfte der Spendengelder noch auf Konto

Das Haus Priklopils in Strasshof, in dem Natascha Kampusch gefangen gehalten wurde, gehört der 23-Jährigen seit 2008. Pläne für das Gebäude, dass sie als Schadenswiedergutmachung erhalt hat, gibt es laut den Beratern der jungen Frau keine.

Nichts Neues gibt es auch bezüglich des bereits kurz nach der Flucht angekündigten karitativen Engagements der 23-Jährigen. Lange Zeit war die Rede von der Gründung einer "Natascha Kampusch Foundation" mit der ihr gewidmeten Spendengelder. Abgesehen von einer finanziellen Unterstützung der Opfer von Josef F. im Amstettner Inzestfall wurden kaum Aktivitäten bekanntgemacht. Im September 2010 lag die Hälfte von den gesammelten 50.000 Euro nach wie vor auf einem Konto.

(APA)

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