"Brasiliens Trump" gewinnt erste Wahlrunde

Mit seiner Kampfansage gegen die Korruption im Land punktet Jain Bolsonaro bei der ersten Runde der Präsidentschaftswahl. Bei der Stichwahl Ende Oktober trifft er auf den Sozialisten Fernando Haddad.

In Brasilien zieht der rechtsgerichtete Jair Bolsonaro mit einem klaren Vorsprung in die Stichwahl um das Präsidentenamt. Auf Bolsonaro entfielen am Sonntag im ersten Wahlgang 46,7 Prozent der Stimmen, teilte der Wahlausschuss des Landes mit. Sein linker Kontrahent Fernando Haddad erreichte 28,4 Prozent. Die Stichwahl ist für den 28. Oktober angesetzt.

Bolsonaro sagte in einer nach dem Wahlgang ausgestrahlten Video-Aufzeichnung, dass er den Sieg schon in der ersten Runde davongetragen hätte, wenn es keine Probleme mit den elektronischen Wahlmaschinen gegeben hätte. Weiter ging er nicht darauf ein. Haddad warnte, dass die Demokratie in Brasilien in Gefahr sei und rief zur Einigkeit vor der Stichwahl auf.

Bolsonaro machte in der Vergangenheit mit frauenverachtenden und gewaltverherrlichenden Aussagen auf sich aufmerksam. Der Korruption in Lateinamerikas größter Volkswirtschaft hat er den Kampf angesagt. Bei seinem Auftritt nach der ersten Wahlrunde versprach er eine Absenkung der Lohnsteuer. Staatsbetriebe würden unter seiner Präsidentschaft privatisiert oder "ausgelöscht". Fabrikbesitzer will er von staatlichem Druck befreien und sein Kabinett auf maximal 15 Minister begrenzen. Unterstützer jubelten ihm am Sonntag vor seinem Haus in Rio de Janeiro zu und riefen "Unser Präsident!"

Haddad macht schlechtes Image der Arbeiterpartei zu schaffen

Gegenüber der Militärdiktatur in Brasilien von 1964 bis 1985 zeigte der Ex-Fallschirmjäger und Armee-Hauptmann wiederholt Sympathie. Die Umfragewerte des 63-jährigen legten nach einer lebensgefährlichen Messerattacke auf ihn bei einer Wahlkampfveranstaltung vor einem Monat deutlich zu.

Haddad macht dagegen das schlechte Image seiner linken Arbeiterpartei zu schaffen, die nach über einem Jahrzehnt an der Macht in zahlreiche Korruptionsskandale verwickelt ist. Der ehemalige Bürgermeister von Sao Paulo trat anstelle des früheren Präsidenten Luiz Inacio Lula da Silva an, der nach einer Verurteilung wegen der Annahme von Schmiergeldern in Haft ist und nicht antreten durfte. Nach den ersten Hochrechnungen brach in Haddads Wahlkampfzentrale in Sao Paulo Jubel aus, als klar wurde, dass es eine Stichwahl geben wird.

Brasilien wählt einen neuen Präsidenten - oder eine neue Präsidentin, auch wenn Zweiteres eher unwahrscheinlich ist. Brasilien ist der fünftgrößte Staat der Welt - sowohl bei Fläche als auch bei Bevölkerungsanzahl. Mehr als 200 Millionen Menschen leben in einem Land, das größer als Australien und etwa 28 Mal so groß wie Deutschland ist. Der von vielen als "Trump Brasiliens" bezeichnete Ex-Fallschirmjäger Jair Bolsonaro ist einer der Favoriten. (c) APA/AFP/MIGUEL SCHINCARIOL (MIGUEL SCHINCARIOL)

Bolsonaros Programm bleibt unkonkret, stattdessen hetzt der Kongressabgeordnete gegen Frauen, Homosexuelle, Schwarze und die Ureinwohner des Landes. Besonders Frauen haben zuletzt zu einer Protestaktion gegen Bolsonaro unter dem Motto #EleNao (Er nicht) aufgerufen. Einst hatte er einer Abgeordneten zugerufen, sie verdiene es noch nicht einmal, von ihm vergewaltigt zu werden. Bolsonaro findet lobende Worte für die bis 1985 andauernde Militärdiktatur und wirft der Arbeiterpartei vor, die Wahl fälschen zu wollen. Der ausufernden Kriminalität will er mit einer Lockerung der Waffengesetze entgegentreten. (c) REUTERS (STRINGER)

Zuletzt wurde der 63-Jährige selbst Opfer eines Angriffs. Bei einer Wahlkampfveranstaltung Anfang September stach ihn ein offenbar geistig verwirrter Mann nieder. Bolsonaro erlitt schwere Bauchverletzungen. Erst vor einigen Tagen verließ er das Krankenhaus. Nach der Messerattacke sind Bolsonaros Umfragewerte gestiegen. (c) REUTERS (STRINGER)

Der eigentliche Favorit darf gar nicht antreten. Der frühere Präsident Luiz Inacio Lula da Silva, der die Umfragen lange klar anführte, musste nach einer Verurteilung wegen der Annahme von Schmiergeldern für zwölf Jahre hinter Gitter. Eine Tatsache, die Bolsonaro - im Bild mit einer Silva-Sträflings-Puppe - genüsslich gegen Lulas Stellvertreter-Kandidaten einsetzt. (c) REUTERS (Adriano Machado)

Lulas Arbeiterpartei schickt an Lulas Stelle den Ex-Bürgermeister von Sao Paulo, Fernando Haddad, ins Rennen - im Hintergrund am Wahlplakat zu sehen. Es gibt offensichtlich auch wohlmeinendere Puppen-Figuren von Lula. (c) REUTERS (RODOLFO BUHRER)

Bei einem Wahlsieg Haddads würde die Wirtschaftspolitik Brasilien vermutlich wieder nach links driften. Investoren müssten die Rückkehr zu einer staatlich gelenkten Wirtschaft fürchten, in der die von dem bei der Bevölkerung unbeliebten Übergangspräsidenten Michel Temer eingeleiteten Reformen nicht weiter verfolgt würden. Der liberal-konservative Temer hatte 2016 das Präsidentenamt von Dilma Rousseff übernommen, deren Regierung tief im Korruptionssumpf steckte und die schließlich wegen Tricksereien zur Schönrechnung der Haushaltszahlen des Amtes enthoben wurde - Vorwürfe, die sie stets zurückwies. REUTERS

Viele Brasilianer machen Lulas von hohen Ausgaben und Skandalen geprägte Politik für den Absturz des Landes verantwortlich - doch Lula hat auch glühende Anhänger. Das hatte ihm in den Umfragen bis zur Aufgabe seiner Kandidatur Mitte September die Spitzenposition beschert. (c) APA/AFP/MIGUEL SCHINCARIOL (MIGUEL SCHINCARIOL)

Knapp eine Woche vor der ersten Runde der Präsidentschaftswahl in Brasilien baut Bolsonaro seinen Vorsprung in Umfragen aus. Der Rechtspopulist kommt der neuesten Ibope-Erhebung vom Montag zufolge auf 31 Prozent und liegt damit zehn Punkte vor Haddad, der 21 Prozent erhält. (c) APA/AFP/EVARISTO SA (EVARISTO SA)

Drei weitere Kandidaten haben maximal Außenseiterchancen auf eine Stichwahl am 28. Oktober - etwa Mitte-Linkspopulist Ciro Gomes, der in den Umfragen an dritter Stelle liegt. Gomes ist der ehemalige Gouverneur von Cearaá und gilt als mehr links und moderaterer als Bolsonaro. Zuletzt gab es Sorge um seinen Gesundheitszustand, er musste wegen eines nicht bösartigen Tumors in seiner Prostata einige Tage in einem Krankenhaus behandelt werden. (c) REUTERS (NACHO DOCE)

Noch weniger Chancen auf eine Stichwahl werden der früheren Umweltministerin und -aktivistin Marina Silva eingeräumt. Sie liegt in Umfragen deutlich unter zehn Prozent. (c) REUTERS (ADRIANO MACHADO)

Er wäre die Hoffnung der Finanzmärkte für Brasilien. Doch auch ein Wahlerfolg von Geraldo Alckmin scheint ausgeschlossen. Der konservative Ex-Gouverneur von São Paulo gilt farbloser Kandidat des Establishments. (c) REUTERS (PAULO WHITAKER)

(APA/Reuters)