Kickl: "Wir tun nur das, was Menschen von uns erwarten"

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Die EU-Innenminister wollten den Schutz der Außengrenzen vorantreiben: Es gebe einen sehr breiten Konsens, darauf den Fokus zu legen, sagte Innenminister Kickl.

Statt "Kooperation der Willigen" lautet das Motto im Umgang mit Migranten nun "Kooperation der Tätigen" - zumindest wenn es nach Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) und seinen deutschen und italienischen Amtskollegen, Horst Seehofer und Matteo Salvini, geht. Eigentlich seien "die Dinge relativ einfach", sagte Kickl vor dem EU-Innenminister-Gipfel in Innsbruck am Donnerstag. Alle drei Minister wollten in einem Bereich, in dem "viel zu lange eine gewisse Unordnung geherrscht hat", Ordnung machen, erklärte er nach einem gemeinsamen Frühstück mit Seehofer und Salvini. In Zukunft solle es nicht mehr möglich sein, europäischen Boden zu betreten, "wenn man kein Recht auf Schutz hat".

Die EU-Innenminister wollten den Schutz der Außengrenzen vorantreiben: Es gebe einen sehr breiten Konsens, darauf den Fokus zu legen, sagte  Kickl am Donnerstag nach den Beratunge. Die Grenzschutzagentur Frontex solle dazu weiter gestärkt und mit einem notwendigen Mandat ausgestattet werden. Es gebe zudem eine große Übereinstimmung darin, dass es Maßnahmen in Herkunfts- und Transitländern gebe müsse, inklusive eines Grenzschutzes dort. Es müsse hier ein System von Anreizen und Sanktionen geben, damit sich Staaten nicht länger weigerten, eigene Staatsbürger zurückzunehmen.

Skeptischer EU-Kommissar

Auch bei den geplanten "Ausschiffungsplattformen" zur Unterbringung von Flüchtlingen in Nordafrika gibt es laut Kickl viele Gemeinsamkeiten zwischen den EU-Ländern. Die Plattformen müssten so aufgesetzt werden, dass sie mit dem Völkerrecht übereinstimmten und sie für die Beziehungen zu den Drittstaaten hilfreich seien. Weiter solle die Arbeit an einem gemeinsamen europäischen Asylsystem und am Dublinsystem vorangetrieben werden. Hier stecke man allerdings zurzeit in einer Sackgasse.

Angesprochen darauf, wie realistisch die Umsetzung dieser Rückführungszentren in Staaten außerhalb der EU angesichts einer bis dato fehlenden gemeinsamen europäischen Asylpolitik sei, antwortete Kickl, dass er nicht verstehe, warum "alle immer so pessimistisch" sind. Er sei froh, dass das jetzt überhaupt auf die Agenda genommen wurde. Es gebe eine "klare Erwartungshaltung" in der Bevölkerung, "wir tun also nur das, was die Menschen von uns erwarten", so Kickl.

EU-Innenminister Dimitris Avramopoulos ist von der Idee der Rückführungszentren jedoch nicht überzeugt. "Gibt es irgendein Land, das gewillt ist, diese Zentren auf seinem Boden zu errichten? Mir ist bisher keines bekannt", so der Grieche. Die "Vision" Kickls, keinen Asylantrag mehr auf europäischem Boden zuzulassen, kommentierte Avramopoulos zurückhaltend. "Sehr schwer zu implementieren. Wir sind alle an die Genfer Flüchtlingskonvention und die europäischen Grundwerte gebunden." Für alle Ideen und Vorschläge, die dies berücksichtigen, sei die EU-Kommission offen. 

Asselborn: "Keine EU-Präsidentschaft hat das Recht..."

Er wolle die Dinge jedenfalls rasch voranbringen, meinte Kickl. Es handle sich schließlich um eine "Schicksalsfrage" für Europa. Einen konkreten Zeitplan für Maßnahmen wie den Ausbau des Grenzschutzes, Rückkehrzentren oder Ausschiffungsplattformen in Drittstaaten nannte Kickl nicht. Man dürfe "nicht zu viel Zeit verlieren", so Kickl.

Harsche Kritik kam von dem Luxemburger Jean Asselborn: Verfolgten Menschen müsse Solidarität entgegen gebracht werden. "Keine EU-Präsidentschaft hat das Recht, die Genfer Konvention außer Kraft zu setzen", betonte Asselborn. Ausschiffungszentren außerhalb Europas seien jedenfalls kein Thema für einen zivilisierten Europäer. 

Italiens Ex-Premier ärgert sich über "Loden-Pakt"

Auch alles andere als erfreut reagierte Italiens sozialdemokratische PD auf die Pläne der "Kooperation der Tätigen". Ex-Premier Paolo Gentiloni kritisierte den "Loden-Pakt": "Österreich und Deutschland schließen die Grenzen und nehmen keine Migranten mehr auf", twitterte Gentiloni. Das sei kein großes Resultat für Italien.

Bundesinnenminister Horst Seehofer zeigte sich hingegen mit dem Verlauf des informellen Treffens zufrieden. Auch Seehofer sagte, er unterstütze einen wirksamen und nachhaltigen Schutz der EU-Außengrenzen und Vereinbarungen mit Herkunfts- und Transitländern, die die Mitwirkung dieser Länder garantierten. Zudem gehe es um die Rückführung von Personen, die keinen Schutzstatus in Europa hätten. Die Migrationsfrage sei die "Schicksalsfrage für Europa"

(APA/Red.)

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