"Zeit"-Chefredakteur Di Lorenzo outet sich als "Wahlbetrüger"

Giovanni di Lorenzo Chefredakteur Die Zeit in der ARD Talkshow G�NTHER JAUCH am 25 05 2014 in Ber
Giovanni di Lorenzo Chefredakteur Die Zeit in der ARD Talkshow G�NTHER JAUCH am 25 05 2014 in Ber(c) imago/M�ller-Stauffenberg (imago stock&people)
  • Drucken

"Zeit"-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo gab am Sonntagabend live im deutschen Fernsehen zu, zweimal bei der Europawahl abgestimmt zu haben. Das ist illegal. Die Staatsanwaltschaft ermittelt.

Die deutsche Wochenzeitung "Die Zeit" ist für ihre Seriosität bekannt. Ausgerechnet ihr Chefredakteur Giovanni di Lorenzo outete sich nun als Wahlbetrüger, wie die deutsche Presseagentur dpa berichtet. Di Lorenzo, Sohn eines Italieners und einer Deutschen, war am Sonntagabend zu Gast in Günther Jauchs Talksendung in der ARD. Jauch fragte den Doppelstaatsbürger, ob er bei der Europawahl in Deutschland oder Italien abgestimmt habe. "Ich muss zugeben, dass ich zweimal gewählt habe", antwortete Di Lorenzo live im deutschen Fernsehen. "Einmal gestern im italienischen Konsulat und einmal heute in einer Hamburger Grundschule."

Nach dem Europawahlgesetz dürfte er seine Stimme aber nur einmal abgeben. Damit habe sich Di Lorenzo strafbar gemacht, schreibt der Düsseldorfer Rechtsanwalt Udo Vetter in seinem Blog. Denn das EU-Wahlgesetz (EuWG) verbietet es in § 6 Absatz 4 Doppelstaatsbürgern ausdrücklich, in Deutschland eine Stimme für das EU-Parlament abzugeben, wenn sie auch in ihrer Heimat wählen.

Staatsanwaltschaft ermittelt

Die Staatsanwaltschaft in Hamburg ermittelt gegen Di Lorenzo wegen des Verdachts der Wahlfälschung. "Es gibt eine Strafanzeige gegen Herrn di Lorenzo, und wir haben ein Verfahren eingeleitet", sagte eine Sprecherin der Behörde der "Welt" (Montag).

"Ins Gefängnis müssen Sie deshalb nicht"

Der Deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), früher als Innenminister auch für die Verfassung zuständig, zeigte sich in Jauchs Talkshow wenig verständnisvoll. "Ich gönne es Ihnen ja, ich freue mich ja, dass Sie so eifrig sind", sagte Schäuble zu Di Lorenzo. Es sei aber nicht richtig, dass manche Bürger zweimal wählen. "Ins Gefängnis müssen Sie deshalb nicht", beschwichtigte der Minister.

Der "Zeit"-Chefredakteur zeigte sich einsichtig: "Ich lasse nächstes Mal eine Wahl weg, Herr Schäuble", sagte Di Lorenzo.

Zwei Pässe, zwei Mal Wahlinfo, zwei stimmen?

Deutschlands Bundeswahlleiter Roderich Egeler hatte zuvor Änderungen angemahnt, damit Wähler bei der Europawahl nicht wie Di Lorenzo zweimal wählen. Egeler sagte, dieser Fall müsse sicherlich noch einmal nachgearbeitet werden. Wenn die Staaten Bürgern mit zwei Pässen auch zwei Wahlinformationen zuschickten, könne es dazu kommen, dass diese beide nutzen. Ein Fehler sei nicht passiert. Man gehe aber davon aus, "dass der Unionsbürger seine Rechte in einer Weise in Anspruch nimmt, wie es das Gesetz vorsieht" - also nur einmal wählt.

Di Lorenzo: "Wusste nicht, dass man nicht in zwei Ländern abstimmen darf"

Nachdem Di Lorenzos Aussage für heftigen medialen Wirbel gesorgt hatte, entschuldigt sich der "Zeit"-Chefredakteur: "Mir war nicht bewusst, dass man bei der Europawahl nicht in zwei Ländern abstimmen darf", sagte Lorenzo gegenüber der "Bild" laut Vorabmeldung. "Hätte ich es gewusst, hätte ich es nicht getan und natürlich auch nicht in der Sendung von Günther Jauch erzählt". Der Vorgang tue ihm "aufrichtig leid", fügte Di Lorenzo hinzu.

>> Link zur Talksendung "Günther Jauch"

(Red.)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

 Jean-Claude Juncker
EU-Wahl

"Diskussion über Blockade": Juncker muss bangen

Die Kandidatur des Luxemburgers als EU-Kommissionspräsident ist unsicher. Parteifreunde wenden sich ab, die deutsche Kanzlerin spielt auf Zeit. Ratspräsident Herman van Rompuy soll nun vermitteln.
Jean Asselborn
EU-Wahl

Asselborn: Ergebnis von EU-Gipfel "erbärmlich"

Luxemburger Außenminister kritisiert, dass der Rat dem britischen Premier Cameron fast 100-prozentig entgegengekommen sei.
EU-Wahl

Die Angst vor dem starken Mann

Analyse. Der EU-Kommissionspräsident gibt die grobe Fahrtrichtung der Union vor. Deshalb gibt es nationale Widerstände gegen einen allzu selbstbewussten Kandidaten.
Martin Schulz
Europa

Schulz gab Widerstand auf

Der Großteil der Fraktionen sprach sich für die Nominierung von Jean-Claude Juncker als Barroso-Nachfolger aus.
EU-Wahl
EU-Wahl

Europawahl: Kampf um den Brüsseler Thron

Um den Posten des Kommissionspräsidenten zu erhalten, muss Jean-Claude Juncker seinen Rivalen Martin Schulz in die Schranken weisen und Alliierte in den EU-Hauptstädten finden.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.