Hartinger-Klein: "Hartz IV wird es mit mir nicht geben"

Sozialministerin Beate Hartinger-Klein
Sozialministerin Beate Hartinger-KleinAPA/ROLAND SCHLAGER
  • Drucken

Die neue Sozialministerin will nicht, dass Langzeitarbeitslose in die Mindestsicherung fallen. Mit dem Aus für das Rauchverbot in der Gastronomie hat sie keine Freude.

Das deutsche Hartz IV-Modell "wird es mit mir als Sozialministerin nicht geben", betonte die neue Ressortchefin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) am Mittwoch. Im Regierungsprogramm sei vorgesehen, dass die Notstandshilfe, die derzeit unbefristet bezogen werden kann, in das befristete Arbeitslosengeld integriert werden soll. Hartinger meinte dazu, dass man nach ihren Vorstellungen das Arbeitslosengeld künftig unbefristet beziehen können soll: "Menschen, die unverschuldet auch sehr lange keinen Job finden, werden dauerhaft Anspruch auf Arbeitslosengeld haben."

Der Vorwurf der Opposition, dass sie die Arbeitslosen bekämpfe und Langzeitarbeitslose in die Mindestsicherung gedrängt würden und damit auch ihr Vermögen verlieren, gehe damit "ins Leere". Sie wolle "den Stempel Notstandshilfeempfänger möglichst rasch beseitigen", erklärte Hartinger-Klein.

Im Regierungsprogramm ist auch eine "degressive Gestaltung der Leistungshöhe" des Arbeitslosengeldes enthalten. Hartinger-Kleins Plan ist es, dass es künftig zu Beginn der Arbeitslosigkeit mehr als die derzeit 55 Prozent des letzten Netto-Bezuges geben soll. Im Laufe der Zeit sollte dieser Betrag dann sinken. Auf eine konkrete Zahl wollte sie sich noch nicht festlegen, ebenso wenig auf eine Untergrenze. Dazu sollen "finanzmathematische Modelle" entwickelt werden.

"Jeder hat Talente"

Hartinger will auch auf mehr Eigenverantwortung der Arbeitssuchenden setzen. Sie schließt zwar verstärkte Sanktionsmöglichkeiten nicht aus, wenn der Eigenverantwortung nicht nachgekommen wird. Allerdings will sie auch niemanden unterstellen, dass er nicht arbeiten will. "Jeder hat Talente, die er gerne der Gesellschaft zur Verfügung stellt", glaubt die Sozialministerin. Ihr Bestreben sei es jedenfalls, so viele Menschen wie möglich in den Arbeitsmarkt zu integrieren, weil "Arbeitslosigkeit macht krank".

Die Einstellung der Aktion 20.000 und des Beschäftigungsbonus verteidigte Hartinger-Klein. Sie betonte, dass die Aktion 20.000 nicht abgeschafft, sondern "ausgesetzt" sei. Denn: Man habe bisher nur 1326 Personen damit einen Job verschafftm, das sei unter den Erwartungen. Nun werde man das Programm evaluieren.

Erste Sozialversicherungs-Fusion noch heuer

Beim Thema Zusammenlegung der Sozialversicherungsträger drückte Hartinger-Klein am Mittwoch aufs Tempo. Noch heuer sollen die Anstalten der Bauern und der Gewerbetreibenden fusioniert werden. Mit 1. Jänner 2019 soll die Zusammenlegung wirksam werden, kündigte sie an. Im Regierungsprogramm ist vorgesehen, dass es künftig maximal fünf Sozialversicherungsträger geben soll. Hartinger-Klein hofft, das in dieser Legislaturperiode über die Bühne zu bringen. Es könnte aber auch zwei Perioden dauern, schränkt sie ein. 

Dass es sich bei der geplanten Zusammenlegung der neun Gebietskrankenkassen um einen Etikettenschwindel handeln könnte, weil die Budgetautonomie und die Rücklagen bei den Ländern bleiben sollen, weist die Ministerin zurück. Es werde in allen Bundesländern Landesstellen geben, weil man etwa die Arztstellen nur dezentral planen könne. Die derzeit fünf Rechenzentren oder die Personalverrechnung sollen aber künftig zentral gemacht werden.

Die Fusion der Sozialversicherungsanstalten der Bauern (SVB) und der Gewerblichen Wirtschaft (SVA) war schon vor einigen Jahren fix und fertig ausverhandelt. Gescheitert sei sie damals an der Diskussion, wer wie viel zu sagen hat. Hartinger-Klein ist aber überzeugt, dass diesmal die Patienten in den Mittelpunkt gestellt werden und nicht die Machtpositionen.

Keine Freude mit Aus für Rauchverbot

Keine Freude hat die Gesundheitsministerin  mit dem von ihrer Partei in den Koalitionsverhandlungen durchgesetzten Aus für das Rauchverbot in der Gastronomie. "Als Gesundheitsministerin kann ich mich natürlich nicht so identifizieren mit diesem Vorschlag", sagte Hartinger-Klein. "Aber ich habe Respekt vor der Mehrheit, und wenn diese das im Parlament beschließt, dann habe ich das als Gesundheitsministerin zur Kenntnis zu nehmen. Das ist die Demokratie", erklärte die Ministerin. Sie werde aber demnächst ein Konzept für mehr Prävention und für die Nichtraucher präsentieren.

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Der designierte Wiener FPÖ-Vizebürgermeister Dominik Nepp
Innenpolitik

Nepp: Vermögenszugriff nur bei "schwerem sozialen Missbrauch"

Der designierte Wiener FPÖ-Vizebürgermeister ortet in der Debatte um eine mögliche Unterbringung von Asylwerbern in Kasernen "schon einen gewissen linken Alarmismus".
Innenpolitik

"Armutsfalle": Wiener Christgewerkschafter gegen Vermögenszugriff

Wiens FCG-Landesgeschäftsführer Fritz Pöltl warnt vor dem geplanten "staatlichen Griff in die Taschen und auf das Vermögen und das Eigentum von Arbeitssuchenden".
Wiens Bürgermeister Michael Häupl und Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner
Wien

Arbeitslosengeld: Häupl droht Koalition mit Verfassungsklage

Wiens Landeshauptmann kritisiert die türkis-blauen Pläne zur Reform des Arbeitslosengeldes und der Verschiebung der Notstandshilfe. Und warnt: "Man sollte nicht Krieg führen gegen die Länder."
Foyer nach dem Ministerrat: Kanzler und Vizekanzler erklären ihre Pläne zur Arbeitslosenversicherung.
Innenpolitik

Arbeitslosengeld: Gegenwind aus den eigenen Reihen

Die geplante Abschaffung der Notstandshilfe führt auch zu Widerständen innerhalb der Regierungsparteien. Bis Jahresende soll die Reform fertig sein.
Kurz; Strache
Innenpolitik

Regierung: Vermögenszugriff bei "durchschummelnden" Arbeitslosen

Sozialministerin Hartinger-Klein hat einen Vermögenszugriff ausgeschlossen, die Regierungsspitze korrigiert: Bei jenen, die kurz ins System eingezahlt haben und sich "durchschummeln" wollen, werde es diesen geben. Aus den Ländern kommt jedoch Widerstand.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.