Klubobmann Schieder zeigte sich erstaunt, "wie sehr Sobotka sein Amt missbraucht". Der Antrag der SPÖ auf einen U-Ausschuss zur Causa BVT war von ÖVP und FPÖ abgelehnt worden.
Die SPÖ werde nach der Ablehnung ihres Antrags auf einen Untersuchungsausschuss zur Causa Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) den Gang zum Verfassungsgerichtshof (VfGH) antreten, kündigte Klubobmann Andreas Schieder am Freitag an.
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Die rechtliche Ersteinschätzung des Rechts-, Legislativ- und wissenschaftlichen Dienstes des Parlaments, aufgrund derer die Regierungsparteien ÖVP und FPÖ den Antrag der SPÖ im Geschäftsordnungsausschuss ablehnten, sei laut Schieder "dünn" und "nichtssagend", "missbraucht von" Parlamentspräsident Wolfgang Sobotka. Der frühere Innenminister (ÖVP) hatte die Einschätzung in Auftrag gegeben.
"Befangenheit" Sobotkas Das rechtliche Gutachten sei den Oppositionsparteien im Ausschuss nicht vorgelegt worden, berichtete Schieder; die Ergebnisse des Gutachtens seien schon in den Schlusspapieren eingearbeitet gewesen. Schieder zeigte sich verwundert darob, "wie sehr Sobotka sein Amt missbraucht". Seine Aufgabe sei schließlich, im Sinne des Parlaments zu handeln und nicht mit "Tricksereien die Arbeit des Parlaments zu verhindern": "Das ist Machtmissbrauch in niederösterreichischer Reinkultur, der im österreichischen Parlament keinen Platz hat." Schieder unterstellte Sobotka zudem, das Gutachten "mit gewünschtem Ausgang in Auftrag gegeben" zu haben. Dies sei für Schieder kein Zufall, immerhin habe Sobotka vor kurzem noch gesagt, er werde den Vorsitz im U-Ausschuss nicht übernehmen, "weil er eine gewisse Befangenheit hat".
Schieder sah darin den "Beweis, dass Schwarz-Blau - Kurz, Strache, Kickl, Sobotka - nervös sind" - er gehe davon aus, "dass sie mit gutem Grund nervös sind. Deswegen werden alle Register gezogen, um Oppositionsrechte zu beschneiden". Die SPÖ werde versuchen, einen ehest möglichen Beginn des U-Ausschusses dennoch zu erreichen. Man wähle dafür den Weg zum VfGH. Das sei die vorgesehene Methode. "Der Weg zum VfGH ist der, der Rechtssicherheit auf lange Sicht schafft", erklärte Schieder das Ansinnen.
Er verwies auch auf die zwei U-Ausschüsse, die bisher über das Minderheitsverlangen eingesetzt wurden - der Eurofighter- und der Hypo-U-Ausschuss. Beide Anträge seien breiter formuliert gewesen als jener, den die SPÖ zur Causa BVT erstellt habe. Das Minderheitsverlangen für U-Ausschüsse gibt es seit 2015.
Am Anfang der BVT-Affäre stand ein anonymes Dossier über die Zustände im BVT von 2017. Im Zentrum: Michael Kloibmüller, ehemaliger Kabinettschef von Ex-Innenminister Wolfgang Sobotka und Leiter der Präsidialsektion. Nach Aufkommen der Affäre gab Kloibmüller bekannt, seine Funktion als Präsidialchef zurücklegen und in die Privatwirtschaft wechseln zu wollen. Laut Justizministerium laufen derzeit Ermittlungen gegen Kloibmüller - er wird als Verdächtigter, nicht als Beschuldigter geführt. Die Presse Dem Wiener Rechtsanwalt Gabriel Lansky war Spionage vorgeworfen worden. Lansky vertrat die angeblichen Opfer des früheren kasachischen Botschafters, Rachat Alijew. Die Staatsanwaltschaft vermutete, dass er in Wahrheit mit dem kasachischen Geheimdienst zusammen arbeitete. Der Vorwurf der Spionage erwies sich nach Ermittlungen durch das BVT als nicht haltbar, doch der Verfassungsschutz – und da konkret BVT-Chef Peter Gridling – soll die Daten der Überwachung Lanskys nicht, wie gesetzlich vorgesehen, gelöscht haben. Damit steht der Vorwurf des Amtsmissbrauchs im Raum. APA/HELMUT FOHRINGER Am 13. März erhielt BVT-Chef Peter Gridling seine Wiederbestallungsurkunde, die seit rund drei Wochen im Innenministerium zurückgehalten wurde, ausgehändigt und wurde gleichzeitig vom Dienst suspendiert. Der Grund: Die Wirtschafts-und Korruptionsstaatsanwaltschaft führt den ehemaligen Gendarm, Staatspolizisten und Terrorismusbekämpfer als Beschuldigten. Innenminsiter Herbert Kickl bezeichnete die Suspendierung als "unausweichlich", da Gridling das Ansehen des Amtes schädige. Bis auf Weiteres wird das BVT von Dominik Fasching geleitet, dem Chef der Abteilung für strategische Analyse. Übrigens: Die Funktion des Vize-Direktors ist seit Dezember 2017 vakant. Bis dahin übte sie Wolfgang Zöhrer aus, der in die Sicherheitsakademie gewechselt ist. Die Presse Bei FPÖ-Innenminister Herbert Kickl liegt die politische Verantwortung für die Vorgänge beim Inlandsnachrichtendiens. Kritiker werfen ihm vor, nur nach einem Vorwand für die Ablöse Gridlings gesucht zu haben, um das BVT von Schwarz auf Blau umzufärben und etwaige Ermittlungen gegen FPÖ-nahe Rechtsextreme oder Burschenschafter besser unter Kontrolle zu haben. Kickl selbst wies diese Vorwürfe mehrfach - unter anderem in einer von der Opposition angestrengten Sondersitzung des Nationalrates - zurück. Die Liste Pilz hat gegen den Ressortchef dennoch eine Sachverhaltsdarstellung wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs eingebracht. APA/HANS PUNZ Der Kabinettsmitarbeiter von Innenminister Kickl begleitete zwei Zeugen zu ihrer Aussage bei der Staatsanwaltschaft als "Vertrauensperson". Der Jurist, der als (langfristiger) Nachfolger Gridlings gehandelt wird, ist Beamter des Wiener Landesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT). Zudem gehört er Kickls Kabinett als Fachreferent an. (Bild: Ex-Innenminister Ernst Strasser mit Udo Lett und Anita Traxler) (c) APA (ARTINGER Guenter) Peter Goldgruber ist als Generalsekretär im Innenministerium die rechte Hand von Kickl. Der langjährige FPÖ-nahe Exekutivbeamte soll die jüngsten Hausdurchsuchungen bei verschiedenen BVT-Beamten mit einer Anzeige gegen Gridling und andere BVT-Mitarbeiter ins Rollen gebracht haben Im Ministerium weist man eine Anzeige zurück, man habe lediglich einen "Konnex" zur Staatsanwaltschaft hergestellt. Goldgruber selbst nannte Medienberichte zur Hausdurchsuchung im Inlandsgeheimdienst "Fake News". Auch, dass sich das Innenministerium "durch eine von einem FPÖ-Mitglied geführte Einheit Zugang zu Rechtsextremismus-Daten" verschaffen habe wolle, wies er als "konstruierte Geschichte" zurück. Die Presse Der Leiter der Wiener Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität (EGS) hatte am 28. Februar die Hausdurchsuchungen in der Zentrale des BVT in Wien-Landstraße sowie bei mehreren BVT-Mitarbeitern in einer Art Geheimoperation angeführt. Politisch pikant ist dies, weil Preiszler auch als blauer Gewerkschafter und FPÖ-Gemeinderat im niederösterreichischen Guntramsdorf tätig ist und bei der Aktion auch Unterlagen des Extremismus-Referats beschlagnahmt worden sein sollen, das sich unter anderem mit FPÖ-nahen Milieus wie Neonazis, Rechtsextremen, Identitären oder Burschenschaftern beschäftigt. Das Extremismus-Referat hat mit den ursprünglichen Anschuldigungen gegen diverse BVT-Mitarbeiter aber nichts zu tun. (c) Presse, Harald Hofmeister Der Generalsekretär und Leiter der Strafrechtssektion des Justizministeriums kontrolliert als verlängerter Arm des Justizministers die verschiedenen Staatsanwaltschaften und Oberstaatsanwaltschaften sowie die WKStA. Kritiker - allen voran die Opposition - bewerten es als unüblich, dass das Ministerium und Christian Pilnacek über die Hausdurchsuchungen erst nachträglich informiert wurden. Pilnacek meint, dass die Staatsanwaltschaft seit 2016 einzelne Ermittlungsschritte nicht mehr im Vorhinein genehmigen lassen müsse. Dass auch Unterlagen über Extremismus-Ermittlungen des Verfassungsschutzes beschlagnahmt wurden, dementierte Pilnacek zuerst, später sprach er von "weiteren Sicherstellungen". (c) APA/HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER) Der von der ÖVP nominierte Justizminister Josef Moser trägt die politische Verantwortung für die Aktivitäten der Staatsanwaltschaft. Der frühere Rechnungshofpräsident (damals noch FPÖ) beauftragte die WKStA mit einem Bericht über die Causa BVT. Demnach gibt es fünf Beschuldigte, namentlich genannt wird nur Gridling. Es gehe vor allem um den Vorwurf unterlassener Datenlöschung, so Moser. Die Hausdurchsuchungen seien wegen einer befürchteten Fernlöschung erfolgt. Mehr wollte Moser zur Affäre bislang nicht sagen - und zog sich deshalb - Kritik seitens der SPÖ und der Neos zu. (c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH) Der Ex-BVT-Chef, der 2008 von Gridling abgelöst wurde und im Wahlkampf 2017 mit FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache auftrat, sparte zuletzt nicht mit Kritik an der Behörde. Doch auch um ihn ranken sich Gerüchte - konkret soll er in dubiose Geschäfte im Irak (Handel mit Rüstungs-, Wehrmaterial, Waffen) verwickelt sein. Konkret: Pollis Ex-Frau hat 2013 in Wien eine Firma mit dem Namen Karabeyoglu Enterprise gegründet, die im Jänner 2018 aufgelöst wurde. In einer Urkunde vom 26. Juli 2016 findet sich Polli als Bevollmächtigter. Die Firma hatte einen gleichnamigen Ableger in Bagdad. Zu den Produkten zählen laut Homepage auch Erdöl und Produkte zur Verteidigung. Zur "Presse" meinte Polli, er wisse nichts über die Tätigkeiten der Firma. Pikant: Schon in Pollis Zeit als BVT-Chef soll er fragliche Lieferungen von Handfeuerwaffen an den Iran befürwortet haben. Nach seinem Abgang wurde er Sicherheitschef bei Siemens, wo seine Karriere wegen vorgeworfener dubioser Kontakte in den Nahen Osten unrühmlich endete. Polli selbst sprach mehrmals von einer politischen Intrige. APA Wer ist in die BVT-Affäre involviert?
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