BVT-Passaffäre: Nordkorea intervenierte in zwei Ministerien

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Nordkorea forderte Ende 2017 "gründliche Ermittlungen" von Österreich. Das BVT hatte 2016 drei nordkoreanische Pässe an Südkorea übergeben.

Nordkorea intervenierte Ende 2017 in zwei österreichischen Ministerien und mahnte unter anderem "gründliche Ermittlungen" und "angemessene Maßnahmen" in der sogenannten BVT-Passaffäre ein. Das berichtete das Nachrichtenmagazin "profil" in seiner Montag erscheinenden Ausgabe.

Das BVT hatte 2016 mit Billigung des Innenressorts drei nordkoreanische Passmuster aus österreichischer Produktion an die südkoreanischen Sicherheitsbehörden übergeben. Diese Operation ist nun Teil eines Ermittlungsverfahrens der Korruptionsstaatsanwaltschaft, das Schreiben der Nordkoreaner (in englischer Sprache) Teil des Gerichtsakts. Darin heißt es: "Dass das Innenministerium diese Muster illegal und ohne vorherige Zustimmung der DPRK (Volksrepublik Korea, Anm.) herausgegeben hat, beeinträchtigt das Vertrauen in die österreichische Seite und missachtet internationale Gesetze und Usancen, dies kann durch nichts gerechtfertigt werden ... Die DPRK bedauert den Fall zutiefst und erwartet, dass die österreichische Seite die gebotene Verantwortung übernimmt, gründliche Ermittlungen anstrengt und angemessene Maßnahmen ergreift."

Das Schreiben der nordkoreanischen Botschaft in Österreich ist mit 21. Dezember 2017 und wurde an das Innen- und das Außenministerium geschickt.

>>> Die Chronik einer Geheimdienstaffäre.

ÖVP fordert SPÖ zu "mehr Sachlichkeit" auf

Unterdessen ging der Streit zwischen der Regierung und der SPÖ um die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur BVT-Affäre am Samstag weiter. Während die ÖVP die SPÖ zu "mehr Sachlichkeit" aufforderte, warf die SPÖ der Volkspartei neuerlich vor, die parlamentarische Kontrollarbeit zu behindern.

Der Grund für das verbale Duell sind die Vorgänge im Geschäftsordnungsausschuss des Nationalrats Donnerstagabend. Die SPÖ hatte einen Antrag auf Einsetzung eines parlamentarischen U-Ausschusses zur Causa BVT eingebracht. Die SPÖ ist mit ihren 52 Mandataren ausreichend im Nationalrat vertreten, um ohne Unterstützung durch andere Parteien einen U-Ausschuss zu initiieren.

Der Antrag wurde im zuständigen Geschäftsordnungsausschuss mit schwarz-blauer Mehrheit zurückgewiesen mit der Begründung, dass der Untersuchungsgegenstand zwar zeitlich, aber nicht inhaltlich entsprechend abgegrenzt wurde. Der Untersuchungsgegenstand eines U-Ausschusses kann nur ein bestimmter abgeschlossener Vorgang im Bereich der Vollziehung des Bundes sein. Das Verlangen der SPÖ ist nach Ansicht von ÖVP und FPÖ dafür zu allgemein formuliert. Sie stützen sich dabei auf ein Gutachten des Legislativdienstes des Parlaments im Auftrag von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP).

"SPÖ verschließt Augen vor juristischer Realität"

Das Ansuchen der SPÖ lautet: "Untersuchungsgegenstand ist die Klärung der politischen Verantwortung betreffend die Aufgabenerfüllung des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) und allfälliger in diesem Bereich der Vollziehung bestehender Missstände im Zeitraum 16. Dezember 2013 bis 13. März 2018."

Die Regierungsfraktionen forderten die SPÖ auf, einen neuen, korrekten Antrag einzubringen. Unterstützung in ihrer Argumentation bekamen sie von Verfassungsjuristen. Die SPÖ wirft Ex-Innenminister Sobotka vor, sein Amt missbraucht zu haben, um den U-Ausschuss zumindest zu verzögern. Sie kündigte an, den Verfassungsgerichtshof einzuschalten.

ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer forderte die SPÖ am Samstag zu mehr Sachlichkeit und einer Entschuldigung an die Mitarbeiter des Rechts- und Legislativdienstes des Parlaments auf. "Wer den Erstellern des Gutachtens und dem Auftraggeber Präsident Sobotka Amtsmissbrauch vorwirft, unterminiert bewusst die demokratische Institution Parlament. Die SPÖ hat offenbar auf Fundamentalopposition geschaltet und verschließt die Augen vor den juristischen Realitäten", so Nehammer. "Wenn die SPÖ einen ordentlichen Antrag einbringt, steht dem U-Ausschuss absolut nichts im Weg."

SPÖ-Lercher attackiert Sobotka

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Max Lercher antwortete mit einer neuerlichen Attacke auf Sobotka. Dieser würde "mit windigen Geschäftsordnungstricks den U-Ausschuss sabotieren".

"Es ist ein einmaliger Vorgang in der Geschichte der zweiten Republik, dass ein Nationalratspräsident mit einem eigenen Gutachten versucht, die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zu verhindern. Die ÖVP tut so, als ginge es um spitzfindige Fragen der legistischen Formulierung, in Wirklichkeit wollen sie aber Aufklärung verhindern, indem sie einen so engen Untersuchungsgegenstand definieren, dass das ÖVP-Netzwerk im Innenministerium nicht kontrolliert werden kann. Das sind Vorgänge, die man sonst nur aus Ländern wie Polen und Ungarn kennt. Offenbar will Sobotka alles tun, um das System der niederösterreichischen ÖVP, dass das Innenministerium 18 Jahre lang im Griff hatte, und die Verstrickung seines ehemaligen Kabinettschefs in die Causa BVT vor Kontrolle zu schützen", so Lercher.

(APA)

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