Damit keine Parallel-Gesellschaften entstehen, sollen Kopftücher auch aus Kindergärten und Volksschulen verschwinden, sagt der Kanzler. Noch heute wird eine entsprechende Gesetzesinitiative eingeleitet.
Den Anfang machte Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ). Er forderte ein Kopftuchverbot an Kindergärten und Volksschulen. Dies wäre eine Maßnahme, damit "die Mädchen in ihrer Entwicklung bis zum zehnten Lebensjahr geschützt sind und sich frei entwickeln und integrieren können", hatte er am Wochenende erklärt. Nun greift Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) den Vorstoß auf. Im Ö1-"Morgenjournal" kündigte er eine entsprechende Gesetzesinitiative an, die bereits heute, Mittwoch, im Ministerrat eingeleitet werden soll.
"Unser Ziel ist es, jeder Entwicklung von Parallel-Gesellschaften in Österreich entgegenzuwirken", begründete Kurz seinen Schritt im ORF-Radio. Dazu zähle eben auch das Tragen eines Kopftuches von Mädchen in Kindergärten oder der Volksschule. "Wir wollen, dass alle Mädchen in Österreich die gleichen Entwicklungschancen haben - und Basis dafür müssen unsere Grundwerte und auch unser Gesellschaftsbild sein", fügte er hinzu.Konkret geht es Kurz um die Ausarbeitung eines Kinderschutzgesetzes. Daran werken sollen Bildungsminister Heinz Faßmann, Frauenministerin Juliane Bogner-Strauß (beide ÖVP) und Integrationsministerin Karin Kneissl (parteilos, von der FPÖ nominiert). Bis zum Beginn der Sommerferien soll es fertiggestellt sein, wie Faßmann am Mittwoch vor dem Ministerrat sagte. Für das Vorhaben soll auch ein Rechtsgutachten eingeholt werden. "Es ist sicherlich eine symbolische Handlung", meinte Faßmann persönlich dazu.
Es gehe darum zu signalisieren, dass Österreich ein säkulärer Statt sei, begründetet der Bildungsminister den Vorstoß. Man werde bei der Erarbeitung des Gesetzes auch die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich einbinden, kündigte er an. Laut Theologen sei ein Kopftuch erst ab der Pubertät notwendig, argumentiere Faßmann. Verwunderlich: Auf Anfrage der "Presse" hatte es gestern, Dienstag, aus dem Büro Faßmanns lediglich geheißen: "Wir werden uns das inhaltlich anschauen."
Da Teile der Regelung nur mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit umsetzbar sein werden, will Kurz Gespräche mit der Opposition (SPÖ oder Neos müssten ihre Zustimmung geben, Anm.) führen - insbesondere mit der Sozialdemokratie. Dort steht man dem Vorhaben nicht gänzlich abgeneigt gegenüber - dennoch gilt ein solches Verbot als umstritten. Als Befürworterin war erst im Februar die neue Wiener Landesparteisekretärin Barbara Novak aufgetreten. Sie hatte gemeint, dass ein Kopftuchverbot an Schulen durchaus sinnvoll wäre.
"Durchaus etwas anfangen" kann auch der Vorsitzende der Pflichtschullehrer-Gewerkschaft, Paul Kimberger, mit einem Kopftuchverbot: "Im Sinne der Kinder und der Liberalität können wir in den Schulen - und zwar bei Lehrerinnen und bei Schülerinnen - gern auf das Kopftuch verzichten", sagte Kimberger der "Presse".
Verschleierungsformen im Islam
Unter Hijab versteht man in der Regel ein Kopftuch. Er wird als dünner Schal mehr oder weniger leger um den Kopf getragen und bedeckt meist auch den Hals. Die Abaja ist ein zumeist schwarzes Ganzkörpergewand, das vor allem in Ländern der arabischen Halbinsel getragen wird.
Der Niquab ist ein Gesichtsschleier, der zusätzlich zu einem Gewand wie der Abaja getragen wird. Er ist üblicherweise schwarz, bedeckt das ganze Gesicht und lässt nur einen Sehschlitz frei.
Die in Afghanistan verbreitete Burka ist ein weites, meist blaues Gewand, das über den Kopf gezogen wird und die Frau bis zu den Zehenspitzen komplett verhüllt. Die Augen sind hinter einem feinmaschigen Gitter versteckt. Als Al-Amira bezeichnet wird dagegen ein meist zweiteiliger Schleier. Er wird eng um den Kopf gebunden und bedeckt auch den Hals.
Der aus dem Iran stammende Tschador ist ein schwarzer Ganzkörperschleier, der das Gesicht frei lässt. Der Khimar ist ein langer Schleier, der zwar nicht das Gesicht, aber den Rest des Kopfes, die Schultern und den Oberkörper bedeckt.
>>> Bericht im Ö1-"Morgenjournal"
(hell/APA)