Wie darf man über dicke Körper auf der Bühne sprechen?

Kathryn Lewek als Eurydice
Kathryn Lewek als Eurydiceimago images / Ernst Wukits
  • Drucken

Ein Kritiker schrieb über „dicke Frauen“ in der Salzburger „Orpheus“-Inszenierung. Eine Sopranistin ist deshalb gekränkt. Zurecht?

Kann man das Wort „robust“ in der Beschreibung von Frauen als Verklausulierung für „dick“ verstehen? Darüber haben wir im Feuilleton der „Presse“ vor Kurzem anlässlich einer Kritik eines Popkonzerts diskutiert. Ja, auch bei uns läuft die Debatte über das „Body-Shaming“, im Speziellen das „Fat-Shaming“: Wie weit darf man körperliche Aspekte eines Menschen beschreiben, die viele als unvorteilhaft ansehen? Darf man einen Dicken dick nennen? Oder darf man ihn nur nicht fett nennen?

Manuel Brug, Musikkritiker der „Welt“, schrieb über die Salzburger Inszenierung von Offenbachs „Orpheus in der Unterwelt“, dass in dieser „dicke Frauen in engen Korsetten in diversen Separees die Beine breitmachen“. Sopranistin Kathryn Lewek, die die Eurydike gespielt und gesungen hat, fühlte sich dadurch beleidigt. Sie schrieb an die „Welt“-Chefredaktion: „Das ist das Werk eines faulen Chauvinisten, der auf Schulterklopfen anderer Hooligans aus ist.“ Und im „Guardian“ erklärte sie: „Ich bin jetzt schwerer als je zuvor, da ich vor zehn Monaten ein Baby bekommen habe. Ich weiß, dass Oper sowohl eine akustische als auch eine optische Kunst ist, aber ich war wirklich erstaunt über das Body-Shaming.“ Andere Kritiker hätten sie „buxom“ (drall) genannt, mit diesem Wort beschreibe man sonst Pornostars, meint Lewek: „Das ist seltsam, und warum werden Frauenkörper überhaupt kommentiert?“

»Kritiker Brug sieht „eine Porno-Stereotype: die immer könnende, voluminöse Weiblichkeit“.
«

„Der Satz zielte auf dicke Frauen als Prinzip der Inszenierung“, schrieb Brug in einer langen Stellungnahme in der „Welt“: „Mir gefiel das hier gezeigte Frauenbild nicht. Die Frauen, die sich dauerbegatten lassen, nur nicht von Gatten, das sind hier vorwiegend übergewichtige Frauen, die als solche bloßgestellt werden.“ Brug sieht in Koskys Inszenierung – in der „Presse“ dezent als „nicht gerade dezentes Revue-Spektakel“ beschrieben – „natürlich auch eine Porno-Stereotype: die immer könnende, voluminöse Weiblichkeit, zwischen deren Schenkeln und Brüsten der Mann im Lustgrotten–Elysium versinkt.“ Außerdem, so Brug, habe er nur „dick“ geschrieben: „Ist ,drall‘ besser? Oder ,mollig‘, ,Rubensfigur‘, ,kompakt‘, ,korpulent‘, ,pfundig‘?“

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.