Fortbildung von Jungärzten gehört gefördert, nicht bestraft

In Österreich werden Oberärzte bei der Aus- und Weiterbildung ihrer Assistenten nicht unterstützt, sondern sabotiert. Wie es funktionieren kann, zeigt die Schweiz.

Es ist seit Jahrzehnten eine unbequeme und nicht zu leugnende Wahrheit in Österreichs Spitälern - der Fortbildung von jungen Ärzten misst man im Vergleich zu anderen europäischen Ländern viel zu wenig Bedeutung bei. Beispielsweise wird ihnen kaum Verantwortung übertragen, sie verbringen mehr als die Hälfte ihrer Ausbildungszeit mit Tätigkeiten wie etwa Befunde kopieren oder telefonisch anfordern, Blut abnehmen, Infusionen anhängen und Blutdruck messen, bei denen sie nichts lernen und die eigentlich vom Pflegepersonal übernommen werden sollten.

Ein weiteres Problem: Einem Oberarzt, der sich Zeit nimmt, damit er sich gewissenhaft um Turnus- und Assistenzärzte kümmern kann, fehlt diese Zeit bei der Forschung oder der Betreuung seiner eigenen Patienten. Sein Einsatz wird also in keiner Weise honoriert, diese Stunden bringen ihm weder Geld noch Prestige. Viele machen es dennoch - in ihrer Freizeit. 

Dass es auch anders geht, zeigt unter anderem die Schweiz. Ein Land, in das jedes Jahr hunderte Absolventen eines Medizinstudiums in Österreich auswandern, weil sie dort nicht nur mehr Geld verdienen, sondern auch eine bessere Weiterbildung genießen. In Schweizer Krankenhäusern werden Fach- und Oberärzte gezielt freigespielt, damit sie ihre Assistenten begleiten und supervisieren können. Als Teil ihrer Arbeitszeit. Die Fortbildung geschieht nicht beiläufig und widerwillig, sondern strukturiert, professionell und erfolgsorientiert.  

So besprechen beispielsweise Oberärzte regelmäßig mit Turnus- und Assistenzärzten die Krankengeschichte von Patienten, die sie zuvor nicht selbst untersucht haben. Die also nicht zu ihren eigenen Patienten gehören. Sie bringen Ärzte in Ausbildung damit in eine Situation, in denen sie nichts übersehen dürfen, in denen es kein Backup gibt, in denen sie sich auf keinen anderen verlassen können, sondern den Oberärzten eine endgültige Diagnose bzw. Therapie präsentieren müssen, die von diesen abgesegnet wird. Und jeder, der einmal in so einer Situation war, weiß, dass es keine günstigeren Umstände gibt, um zu lernen und sich zu verbessern.

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