5G zwischen Datenrausch und Krebsgefahr

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Der neue Star am Mobilfunkhimmel steht in den Startlöchern. Doch bringt die neue Technologie neben ultraschnellen Downloads auch Gesundheitsrisiken?

Seit 1992 telefonieren wir mobil. Seit 2G, dem sogenannten GSM-Standard (Global System for Mobile Communication) hat sich einiges getan. In Österreich telefonieren, surfen und chatten wir nahezu überall mit 4G, das auch als LTE (Long Term Evolution) bezeichnet wird. 2019 wird die österreichische Regulierungsbehörde, RTR, die Frequenzversteigerung für 5G in die Wege leiten. Doch was bringt der neue Standard, wie funktioniert er und ist er gesundheitsschädlich?

Der LTE-Ablöser ist ultraschnell. Ein 4K-Film, der im Schnitt 30 Gigabyte hat, kann mit 5G innerhalb von 40 Sekunden heruntergeladen werden. Bei 4G mit durchschnittlichen 100 MB/s nimmt der Download 40 Minuten in Anspruch. Mit 3G dauert es mehr als neun Stunden. Die aktuell schnellste Festnetzverbindung, die bei 300 Megabit liegt und von A1 kommt, ist 33 Mal langsamer als 5G. Der neue Standard schafft bis zu 10.000 Megabit.

Das Entscheidende ist aber nicht zwingend das Tempo. Vielmehr geht es um die Latenzzeiten. Das ist der Zeitraum zwischen einem Ereignis und dem Eintreten einer sichtbaren Reaktion darauf. Und dieser Zeitraum ist bei 5G extrem klein. Unter Idealbedingungen liegt er bei unter einer Millisekunde (0,001 Sekunden). Das ist die Dauer eines Blitzes bei Foto-Blitzgeräten. Bei LTE noch bei knapp 45 Millisekunden; weniger als ein Wimpernschlag. Der dauert nämlich normalerweise 100 Millisekunden.

Gamer kennen den Begriff Latenz nur allzu gut. Verzögerungen können hier spielentscheidend sein. Der mit dem schnelleren Internet, gewinnt. Wer sich zum Beispiel in der virtuellen Welt bewegt, fordert von einem Server in der Ferne eine Reaktion ein. Je schneller das geht, umso besser. Das Gleiche gilt erst recht beim Thema autonomes Fahren. Wenn etwa ein vorausfahrendes Auto bei einer Kurve bremst, müssen diese Daten ohne Verzögerungen bei den nachfolgenden Autos ankommen. Dann kann auf das entsprechende Hindernis reagiert werden. Schneller als es je ein Mensch könnte.

Apple will warten, Samsung tüftelt schon

Bis 5G tatsächlich bei den Konsumenten ankommt, werden noch ein paar Jahre vergehen. 2020 wollen Regierung und Provider den Standard in Österreich anbieten. Doch schon der LTE-Ausbau hat gezeigt, dass derartige Vorsätze ähnlich den Silvester-Vorsätzen sind; nicht immer zu halten.

Als Übergang liefern die Provider Pre5G. Ein Begriff, der 2014 durch das Standardisierungsgremium Third Generation Partnership Project (3GPP) geprägt wurde. Pre5G kann als Zwischenstufe zwischen LTE und 5G verstanden werden und gibt dem bestehenden Datenverkehr einen Geschwindigkeitsboost, ohne dabei die Endgeräte aufrüsten zu müssen. Es ist auch unter den Namen 4.5G und LTE Advanced Pro bekannt. Pre5G basiert auf Massive Mimo. Müssen sich die Nutzer bei LTE eine einzige Datenspur pro Antenne teilen, können mit Massive Mimo acht Spuren zur Verfügung gestellt werden. Enthält ein Antennenkästchen der LTE-Generation acht Antennen, sind es bei Massive MIMO 64 Antennen. Damit sind - im Idealfall - Geschwindigkeiten von bis zu 1 Gigabit pro Sekunde möglich.

Samsung arbeitet in der Zwischenzeit an einem Smartphone-Prototypen, der äußerlich viel Ähnlichkeit mit einem Galaxy S9+ hat. Die Südkoreaner haben gemeinsam mit dem Provider SKTelecom den ersten Videoanruf mit 5G erfolgreich absolviert. Der Anruf ging von Bundang, der Gyeonggi Provinz, nach Seoul. Eine Distanz von knapp 23 Kilometern. Das bedeutet, dass das Signal über mehrere Zugangspunkte wandern musste. Der Chef der SK Telecom, Park Jung-ho, bewertet den ersten Versuch als erfolgreich.

Bereits im März 2019 will Samsung sein erstes 5G-Smartphone auf den Markt bringen. In Südkorea und auch den USA ist das 5G-Netz zumindest schon teilweise vorhanden. Doch nicht nur Samsung, sondern auch andere Android-Hersteller bereiten ihre Hardware auf den neuen Standard vor. Apple nicht. Das US-Unternehmen will abwarten und "frühestens 2020" die 5G-Technik in den iPhones verbauen. Das könnte auch daran liegen, dass Apple die Zusammenarbeit mit Qualcomm beendet hat. Dem Marktführer bei Smartphone-Prozessoren.

Kuscheln mit 5G Antennen

Bis aber Kunden sich überhaupt darüber Sorgen machen müssen, ob ihr Smartphone 5G unterstützt, wird es noch dauern. Zuvor müssen überhaupt die entsprechenden Frequenzen freigeschaltet werden und der Netzausbau beginnen. Die Auktion startet im Februar 2019 mit dem Spektrum von 3,4 bis 3,8 Gigahertz (GHz). 

>>> Wien startet Pre5G-Station am Rathausplatz

Der 5G-Ausbau wird keine neuen Antennenstationen mit sich bringen, versichert RTR-Chef Johannes Gungl. Vielmehr geht es darum, dass dieser Mobilfunkstandard unterstützt wird. Damit es aber in Bereichen wie Kreuzungen, Bushaltestationen oder Fußgängerzonen nicht zu einer Unterversorgung und damit zu einer schlechten Verbindung kommt, werden kleine Mobilfunkanlagen in der Größe eines Wlan-Routers an Häusern angebracht werden, erklärt Mobilfunkexperte Manfred Ruttner. Die Regierung hat dafür beschlossen, dass Mobilfunkanbieter zur "landesweiten mobilen Versorgung" 5G-Antennen auf öffentlichen Gebäuden jedweder Art angbringen dürfen.

An den bestehenden Antennenstationen wird sich äußerlich nicht viel ändern. Hier setzen die Provider auf verschiedene Lösungen, je nachdem ob sie mit Huawei oder ZTE zusammenarbeiten.

Gesundheit versus Geschwindigkeit

Neben aller Euphorie über die technischen Änderungen und wirtschaftlichen Auswirkungen, befürchten zunehmend mehr Ärzte und Wissenschafter gesundheitliche Auswirkungen. Bereits 2011 stufte die Weltgesundheitsorganisation häufiges Telefonieren als "möglicherweise krebserregend" ein. In diese 2B-Einstufung fallen auch Aloe Vera, Kaffee und eingelegtem Gemüse.

Mit der größeren Verbreitung von Sendestationen befürchten Ärzte, dass die Strahlenbelastung steigen könnte. Schätzungen zufolge soll es bis 2020 mehr als 20 Milliarden vernetzte Geräte geben. "All dies kann zu einer exponentiellen Zunahme der gesamten langfristigen Exposition aller EU-Bürger gegenüber hochfrequenten elektromagnetischen Feldern (HF-EMF) führen", heißt es in dem Schreiben, das von 180 Wissenschaftern und Ärzten aus 36 Ländern unterschrieben wurde.

Darin wird gefordert, dass die Menschen über die möglichen Gefahren aufgeklärt werden und der 5G-Ausbau eingestellt wird, bis geklärt ist, dass dieser nicht schädlich ist. Es soll die kabelgebundenen digitale Kommunikation ausgebaut werden. Außerdem soll eine Arbeitsgruppe eingerichtet werden, um die Gesundheitsrisiken zu bewerten.

Zu den Auswirkungen gehören ein erhöhtes Krebsrisiko, Zellstress, eine Zunahme schädlicher freier Radikaler, Genschäden, strukturelle und funktionelle Veränderungen im Fortpflanzungssystem, Lern- und Gedächtnisdefizite, neurologische Störungen sowie negative Auswirkungen auf das allgemeine Wohlbefinden bei Menschen.

Es gibt zahlreiche Studien, die den Einfluss von Mobilfunkstrahlung auf den menschlichen Körper belegen. Es gibt aber ebenso viele, die das widerlegen. Das Problem ist, dass es dazu keine Langzeitstudien gibt. Auch deshalb sehen sich die Ärzte nach dem Vorsorgeprinzip zu handeln und Präventionsmaßnahmen zu etablieren.

5G könnte Strahlenbelastung senken

Generell gilt, dass alle Hersteller von Geräten einen SAR-Wert (Spezifische Absorptionsraten) angeben müssen. Je niedriger dieser ist, umso weniger erwärmt sich das Gewebe durch die Strahlung. Empfohlen ist ein Grenzwert von 2,0 W/kg. Auf der Webseite der Strahlenschutzbehörde kann jedes Gerät auf seinen SAR-Wert abgefragt werden. Generell sollte das Smartphone so weit wie möglich vom Körper entfernt sein. Vor allem bei schlechtem Empfang sollte zu Kopfhörern gegriffen werden und das Gerät am Tisch liegen, so die Empfehlung vieler Ärzte.

So hat das iPhone X einen SAR-Wert von 0,92 am Ohr und 0,95 am Körper. Das Galaxy Note 8 weist einen ähnlichen Wert auf: 09 und 0,97. Das Huawei P20 hingegen hat am Ohr einen SAR-Wert von nur 0,76, aber am Körper einen von 1,26.

Mit dem Ausbau von 5G könnte es zu einem Sinken der Strahlenwerte kommen. Ein vernetztes Gerät strahlt umso mehr, je schlechter der Empfang ist. Wenn der Empfang also besser ist, könnte die Sendeleistung automatisch sinken. Daher kann die Frage zu den gesundheitlichen Auswirkungen vorerst nicht beantwortet werden. Hier sind sich Vertreter beider Positionen einig: Es braucht mehr Studien.

>>> SAR-Wert abfragen - Bundesamt für Strahlenschutz

>>> Statistik Austria - Krebserkrankungen seit 1983

>>> Positionspapier der Ärzte und Wissenschafter

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