Nordkorea: Washington kritisiert Trumps "Wutgeschrei"

APA/AFP/JUNG YEON-JE
  • Drucken

US-Präsident Trump hatte Pjöngjang mit "Feuer, Wut und Macht" gedroht. Kritik kommt selbst aus den Reihen der Republikaner. Pjöngjang reagiert wütend und droht mit einem Angriff auf die US-Pazifikinsel Guam.

Der wohl gefährlichste Konflikt der Welt nimmt an Dramatik zu: Knapp zwei Wochen nach dem Test einer nordkoreanischen Interkontinentalrakete, die das US-Festland erreichen könnte, drohte US-Präsident Donald Trump am Dienstag, den Provokationen aus Pjöngjang "mit Feuer, Wut und Macht" zu begegnen, "wie die Welt es so noch nicht gesehen hat".

Die politischen Eliten in Washington distanzierten sich von seinem "Wutgeschrei". Der republikanische US-Senator John McCain reagierte irritiert auf Trumps Äußerung. Es sei unwahrscheinlich, dass der Präsident in der Lage sein werde, seinen Worten Taten folgen zu lassen. "Die großen Führer, die ich kenne, sprechen keine Drohungen aus, solange sie nicht zum Handeln bereit sind. Und ich bin nicht sicher, dass Präsident Trump zum Handeln bereit ist", sagte McCain dem US-Radiosender KTAR. Zugleich warnte er davor, die Äußerung des Präsidenten allzu ernst zu nehmen: "Das ist typisch Trump. Er neigt zu Übertreibungen."

Auf der Seite der oppositionellen Demokraten gab es weniger Verständnis für Trumps Art der Kommunikation. "Gegenüber Nordkorea müssen wir hart und mit Bedacht vorgehen", sagte Senator Chuck Schumer in einer Stellungnahme. "Unbesonnene Rhetorik ist keine gute Strategie, um die Sicherheit Amerikas zu gewährleisten." Der ranghöchste Demokrat im Außenausschuss des Senats, Ben Cardin, verglich Trumps Worte gar mit der Rhetorik aus Pjöngjang: "Wir sollten nicht in dasselbe Wutgeschrei und dieselben Provokationen über einen Atomkrieg einstimmen wie Nordkorea."

US-"Präventivkrieg" mit "totalem Krieg" beantworten

Denn Nordkorea reagierte am Mittwoch empört auf die Drohungen Trumps: Pjöngjang drohte den USA mit einem Raketenangriff auf die US-Pazifikinsel Guam. Laut einem Sprecher der nordkoreanischen Armee könne der Plan "jederzeit" ausgeführt werden, sobald Staatschef Kim Jong-un die Entscheidung dazu treffe.

Von der US-Luftwaffenbasis Anderson auf Guam haben die Vereinigten Staaten immer wieder strategische Bomber des Typs B-1 zu Militärmanövern in Richtung koreanische Halbinsel entsendet. Nordkorea zieht offenbar einen Angriff mit ballistischen Raketen des Typs Hwasong-12 in Erwägung, um die US-Stützpunkte auf Guam und die dort stationierten Bomber in Schach zu halten - schließlich sei die Insel der potenzielle "Ausgangspunkt für eine Invasion in Nordkorea".

In einer weiteren Stellungnahme kündigte ein nordkoreanischer Militärsprecher laut KCNA an, auf einen möglichen "Präventivkrieg" der US-Streitkräfte mit einem "totalen Krieg" zu reagieren, der "sämtliche Stützpunkte des Gegners ausrotten wird, auch auf dem US-Festland".

Guams Gouverneur Eddie Calvo reagierte unterdessen gelassen auf die Warnung Nordkoreas vor einem Raketenangriff auf den US-Außenposten im Pazifik. Guam sei "auf alle Eventualitäten vorbereitet", sagte Calvo am Mittwoch in einer Fernsehansprache. Die Pazifikinsel arbeite eng mit der Regierung in Washington zusammen, "um unsere Sicherheit zu gewährleisten". Zum Schutz der Insel seien dort "mehrere Verteidigungsebenen" installiert.

Ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums sagte am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur in Peking, die gegenwärtige Lage auf der koreanischen Halbinsel sei "sehr kompliziert und heikel. Indirekt übte der Sprecher Kritik sowohl an Nordkorea als auch an den scharfen Äußerungen von US-Präsident Trump. "Wir hoffen, dass sich alle Parteien vorsichtig äußern und umsichtig vorgehen." Auch sollten sie aufhören, sich gegenseitig anzuheizen.

Die EU verfolgt die eskalierenden Spannungen "mit großer Sorge", wie eine EU-Kommissionssprecherin am Mittwoch in Brüssel sagte. Die EU habe wiederholt das nordkoreanische Nuklear- und Raketenprogramm scharf verurteilt. Dieses stelle eine Verletzung der in UNO-Resolutionen ausgedrückten internationalen Verpflichtungen durch Nordkorea dar.

Ein anhaltender Friede und eine Denuklearisierung auf der koreanischen Halbinsel müssten auf friedliche Art und Weise erzielt werden, sagte die EU-Kommissionssprecherin weiter. Dies schließe nach Ansicht von Mogherini jede militärische Aktion aus.

Südkorea will Militär reformieren

Inzwischen ist Nordkorea nach Erkenntnissen der USA und Japans in der Lage, seine Raketen mit Miniatur-Atomsprengköpfen zu bestücken - auch Interkontinentalraketen. Wie die "Washington Post" am Dienstag unter Berufung auf vertrauliche Geheimdiensterkenntnisse berichtete, habe Nordkorea nach Einschätzung des Geheimdienstes DIA (Defence Intelligence Agency) bei seinem Atom- und Raketenprogramm viel schnellere Fortschritte gemacht als bisher angenommen. Ein in Tokio veröffentlichtes Weißbuch des japanischen Verteidigungsministeriums kommt zu dem gleichen Schluss.

Angesichts der zunehmend angespannten Lage hat Südkoreas Präsident Moon Jae-in zu einer tiefgreifenden Reform der eigenen Armee aufgerufen. Demnach will Südkorea unter anderem Raketen mit höherer Sprengkraft anschaffen, um unterirdische Bunker zerstören zu können. Der südkoreanische Staatschef hatte sich am Vormittag (Ortszeit) zu einer Besprechung mit sechs Spitzenbefehlshabern seines Militärs getroffen.

Der Konflikt mit dem kommunistisch regierten Land gilt als der derzeit gefährlichste der Welt. Japan und Südkorea sind Verbündete der USA, dem Erzfeind der Führung in Pjöngjang. Beide Länder fühlen sich durch das Atom- und Raketenprogramm Nordkoreas zunehmend bedroht.

(APA/dpa/AFP)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Außenpolitik

Nordkorea will mehr Raketen bauen

Machthaber Kim ordnet zwar an, mehr Bauteile für Interkontinentalraketen herzustellen. Er fährt aber mit den Verbalattacken gegen Washington zurück.
Admiral Harry Harris
Außenpolitik

Pjöngjang droht mit Vergeltung

USA und Südkorea simulieren Angriffsszenarien. Auch Japan rüstet auf. US-Diplomaten halten sich Gesprächskanäle offen.
Bild der Übung "Ulchi Freedom Guardian" aus dem Vorjahr.
Außenpolitik

USA und Südkorea starten trotz Drohungen aus Pjöngjang Militärmanöver

Das gemeinsame Manöver amerikanischer und südkoreanischer Soldaten findet inmitten erhöhter Spannungen mit Nordkorea statt. Pjöngjang spricht von einem "Ausdruck der Feindseligkeit".
Außenpolitik

Letzter nach Nordkorea übergelaufener US-Soldat gestorben

James Joseph Dresnok wechselte im Koreakrieg die Seiten. Er habe "nur Liebe und Fürsorge" erfahren, sagen seine in Nordkorea lebenden Söhne.
FILE PHOTO - North Korean leader Kim Jong Un inspects the long-range strategic ballistic rocket Hwasong-12 (Mars-12)
Außenpolitik

Wie schlau sind Kim Jong-uns Raketenbastler?

Kiew weist Berichte zurück, Nordkoreas Raketentriebwerke stammten aus einer Fabrik in der Ostukraine. Pjöngjang habe die Motoren selbst entwickelt, so der US-Geheimdienst – doch nicht ohne ausländische Hilfe.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.