Syrien: Kurden rufen syrische Armee gegen Türkei in die Pflicht

REUTERS/Khalil Ashawi/File Photo
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Im nordsyrischen Afrin formieren sich kurdische Milizen gegen die türkische Armee. Deutschlands Kanzlerin Merkel verurteilt das Bombardement Ost-Ghoutas: "Das ist ein Massaker."

In der nordsyrischen Region Afrin haben nach Angaben der Kurdenmiliz YPG Hunderte Kämpfer regierungstreuer Milizen Position an der Front bezogen, um gemeinsam gegen die türkische Offensive zu kämpfen. Allerdings seien nicht genügend Milizionäre entsandt worden, um den türkischen Vormarsch stoppen zu können, sagte YPG-Sprecher Nouri Mahmoud am Donnerstag. Daher müsse die syrische Armee eingreifen und ihre Pflicht erfüllen, die Staatsgrenze zu schützen.

Die Türkei hat im Jänner eine Offensive gegen die syrische YPG-Miliz in der Grenzregion Afrin gestartet, die sie als verlängerten Arm der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) betrachtet. Die YPG hat die Regierung in Damaskus um Hilfe gebeten und aufgefordert, Truppen zur Sicherung der Grenze zu schicken. Daraufhin setzte die Regierung verbündete Milizen, aber keine regulären Armeeeinheiten in Marsch. Damit vermeidet sie eine direkte Konfrontation mit dem Nachbarn Türkei.

Die türkische Regierung widersprach Angaben zu getöteten Zivilisten bei der türkischen Offensive in Nordsyrien. "Bei den Operationen der türkischen Streitkräfte gab es bis heute keinen einzigen Zivilisten in der Region, dem auch nur die Nase geblutet hat, geschweige denn, der ums Leben gekommen ist", sagte Vize-Ministerpräsident Bekir Bozdag der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu am Donnerstag. Die Türkei werde die Offensive fortsetzen, bis sie die Region von "den Terrororganisationen und ihren Terroristen gesäubert hat".

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335 Tote binnen weniger Tage

Nach Angaben der syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte sind bei der türkischen Offensive gegen die YPG in der Region Afrin dagegen 112 Zivilisten getötet worden, darunter 23 Kinder. Die türkische Armee hatte die Offensive am 20. Jänner begonnen. Bozdag sagte am Donnerstag, sollten regierungstreue syrische Milizen in der Region die YPG unterstützen, "dann werden auch sie nicht verschont. Wer auch immer versucht, neben diesen Terrororganisationen gegen die türkischen Streitkräfte zu kämpfen, wird für uns zur Zielscheibe."

Auch die syrische Armee setzt ihre Offensive auf die Rebellenenklave Ost-Ghouta den fünften Tag in Folge fort. Bei neuen Bombardements am Donnerstag seien in der Stadt Douma mindestens 13 Zivilisten getötet worden, unter ihnen drei Kinder, teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit. Alleine in Douma seien am Morgen etwa 200 Raketen eingeschlagen. Nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen starben seit Beginn der Offensive auf die östlichen Vororte von Damaskus mindestens 335 Zivilisten. Mehr als 1500 Menschen wurden verletzt.

Der UN-Sicherheitsrat stimmt voraussichtlich am Donnerstag über einen Resolutionsentwurf ab, in dem eine 30-tägige Feuerpause in Syrien gefordert wird. Russland hatte in der Nacht erklärt, dass Gespräche über ein Ende der Kämpfe gescheitert seien. In Ost-Ghouta stehen die Rebellen unter heftigem Beschuss. Die Bombardierungen haben international Entsetzen ausgelöst. Russland ist mit dem syrischen Präsidenten Bashar al-Assad verbündet.

Merkel fordert EU zu mehr Engagement auf

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel plädiert für ein stärkeres Engagement der EU im Syrienkonflikt. "Was wir im Augenblick sehen, die schrecklichen Ereignisse in Syrien, der Kampf eines Regimes nicht gegen Terroristen, sondern gegen seine eigene Bevölkerung, die Tötung von Kindern, das Zerstören von Krankenhäusern, all das ist ein Massaker, das es zu verurteilen gilt", sagte Merkel in ihrer Regierungserklärung am Donnerstag vor dem deutschen Parlament in Berlin.

In dieser Situation liege die Aufforderung, "zu versuchen, eine größere Rolle dabei zu spielen, dass wir ein solches Massaker beenden können. Und darum müssen wir uns als Europäer bemühen", sagte Merkel. Dies gelte insbesondere auch für die Verbündeten des syrischen Machthabers Bashar al-Assad, Russland und den Iran.

Außenminister Sigmar Gabriel habe am Morgen bereits mit dem Präsidenten des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz, Peter Maurer, telefoniert und wolle auch noch mit seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow sprechen. "Wir müssen alles, was in unserer Kraft steht, tun, damit dieses Massaker ein Ende findet", sagte Merkel.

(APA/Reuters/dpa)

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