Durch Starkregen und Sturmböen im Mittelmeerraum kommen mindestens zehn Menschen ums Leben, zwei werden derzeit noch vermisst. Besonders Trentino und Ligurien sind betroffen.
Die Bilanz der schweren Unwetter mit Starkregen und Sturmböen, die weite Teile Italiens betrafen, hat sich bis Dienstag weiter verschlimmert. Mindestens zehn Personen kamen seit Montag ums Leben, zwei Menschen waren vermisst, Dutzende weitere wurden verletzt, vier davon schwer, teilte der Zivilschutz mit. Schon am Sonntag waren mindestens fünf Menschen gestorben.
Besonders schwierig war am Dienstag die Lage im Trentino und in Ligurien. Im Küstenort Rapallo, rund 30 Kilometer südöstlich von Genua, riss der Sturm Luxusjachten los und ließ sie stranden. Die Hälfte der rund 400 Jachten, die im touristischen Hafen in Rapallo vor Anker lagen, wurden zerstört, zu ihnen zählte auch ein Schiff von Ex-Premier Silvio Berlusconi. "Zehn Meter hohe Wellen haben stundenlang unsere Gegend heimgesucht. Ein Damm, der den Hafen schützte, wurde zum Teil zerstört", berichteten die Behörden in Rapallo. Der Flughafen von Genua wurde bis 16.00 Uhr geschlossen, alle Flüge wurden gecancelt. Die Gemeinde Portofino war isoliert.
Alle Flüsse Norditaliens standen unter Beobachtung. Der Pegel des Po, des längsten Flusses Italiens, stieg infolge der Niederschläge innerhalb von 48 Stunden um fünf Meter. Nach extremer Dürre im September gilt ganz Norditalien als besonders von Überschwemmungen bedroht, weil der harte und ausgetrocknete Boden das Wasser nicht aufnimmt.
Stilfserjoch nicht erreichbar
Rund 180 Personen, darunter Touristen und Personal von Hotels, sitzen seit Samstag am Stilfserjoch, dem Gebirgspass in den Ortler-Alpen zwischen der Lombardei und Südtirol, fest. Wegen eines heftigen Schneesturms sind alle drei Zugangsstraßen zum Pass mit einer Höhe von 2.757 Meter unterbrochen, berichteten italienische Medien. Tot aufgefunden wurde eine Frau, die nach einem Erdrutsch in Dimaro im Trentino als vermisst gemeldet worden war. Ihr Haus war von der Mure weggerissen worden. In Dimaro trat ein Wildbach über die Ufer, 200 Menschen wurden in Sicherheit gebracht. Im Trentino bleiben auch am Mittwoch die Schulen geschlossen.
Die Dolomiten-Bergortschaft Plodn/Sappada, deutsche Sprachinsel in der Provinz Belluno, ist seit Montagnachmittag vom Rest der Welt abgeschnitten. Eine zur Gemeinde führende Straße war wegen eines Erdrutsches unterbrochen, eine zweite wurde wegen der Gefahr einstürzender Bäume geschlossen. In der Provinz Belluno wird eine Person vermisst. Die Stromversorgung wurde unterbrochen. Gebäude entlang des Flusses Piave wurden beschädigt. Rund 20.000 Haushalte waren in der Provinz Udine ohne Strom.
Venedig unter Wasser
Der Markusplatz in Venedig stand nach heftigen Regenfällen weiterhin unter Wasser, doch die Lage entschärfte sich allmählich. Erhebliche Auswirkungen wurden aus der Region Venetien gemeldet. "Die Schäden betragen Hunderte Millionen Euro", klagte der Präsident der Region Venetien, Luca Zaia. Innenminister Matteo Salvini dankte den Feuerwehrmannschaften und dem Zivilschutz für ihren unermüdlichen Einsatz zugunsten der Bevölkerung.
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Der Landwirtschaftsverband Coldiretti klagte über Schäden für die Bauern in Millionenhöhe. In der Region um Brindisi fegte ein Tornado über das Land und zerstörte Olivenhaine. In Kalabrien traten Flüsse über die Ufer und überschwemmten Treibhäuser, in denen Gemüse angepflanzt wurde. Felder mit Orangenbäumen seien auf Sizilien überschwemmt worden. Umweltschutzverbände riefen die Regierung Conte zu entschiedenen Maßnahmen auf, um die Auswirkungen des Klimawandels auf Italien zu verringern.
Auch in der italienischen Hauptstadt Rom gab es weiter schwere Niederschläge und starken Wind. Bäume stürzten auf Autos und zertrümmerten sie. Die Schlechtwetterfront lähmte das Land von Nord bis Süd.
Umweltminister Sergio Costa erklärte, dass die Regierung in den nächsten Jahren Investitionen in der Größenordnung von sechs Milliarden Euro zur Bekämpfung der negativen Auswirkungen des Klimawandels. Italien müsse langfristig Vorbeugungsmaßnahmen planen, um Umweltkatastrophen zu verhindern.
(APA)