Studenten-Protest mit Mobilisierungs-Problemen

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Der "Aktionstag Freie Bildung für alle" kam am Donnerstag nur zögernd in Schwung. An der Kundgebung in Wien nahmen dann laut Polizei 8000 Studenten teil.

Zwei Wochen nach Beginn der Besetzung von Hörsälen gingen die Studenten am Donnerstag erneut auf die Straße. Die Besetzer des Audimax der Uni Wien haben zu einem österreichweiten "Aktionstag Freie Bildung für alle" aufgerufen. 

Am Nachmittag kam der Aktionstag aber nur langsam in Schwung. Hauptsammelpunkt war die Uni Wien, mit Unterstützung einer Trommelgruppe marschierten die Demonstranten von dort los. Zeitgleich gingen auch von anderen Unis Demonstranten los. Insgesamt waren es laut Polizei 8000, laut Veranstaltern über 20.000 Demonstranten. Bei der Großdemonstration vergangene Woche sprachen Polizei und Veranstalter von etwa doppelt so vielen.

Die Teilnehmer forderten auf Transparenten unter anderem das Recht auf das "Grundnahrungsmittel Bildung" und auf "Bildung statt Verbildung", die Slogans reichten von "Bildung für alle, und zwar umsonst!" bis zum ein wenig ironischen "Wir sind die Krise, rechnet mit uns". Immer wieder konnte man auch besonders kreative und witzige Statements sehen.

Jene hohen Ansprüche, die die Studenten an sich selbst gestellt hatten, konnten sie nicht erfüllen: Es waren große Worte, derer sich die Uni-Besetzer vor ihrem bundesweiten Aktionstag bedienten. Ein „Proteststurm“ sollte es werden, von „neuen Höhepunkten“ im seit zwei Wochen andauernden Studentenaufstand war die Rede.

Angesichts der vorerst geringen Zahl an Demonstranten vor der Hauptuni machte sich allerdings bei einigen Enttäuschung breit: "Es sind viel weniger als erwartet, ich glaube morgen ist die Besetzung vorbei", erklärte eine der an der Audimax-Besetzung beteiligten Studentinnen. Schließlich kamen aber doch mehrere Tausend Demonstranten.

Die Studenten zogen von der Hauptuni, von der Technischen Universität am Karlsplatz, von der Wirtschaftsuni am Liechtenwerder Platz und vom WIFI am Währinger Gürtel zum Urban-Loritz-Platz und zum nahen Märzpark, wo die Abschlusskundgebung stattfand. Das angekündigte Verkehrschaos blieb weitgehend aus. Der Ring und auch der Gürtel waren aber zeitweise gesperrt.

Demonstration in Graz

In Graz haben am Donnerstag laut Polizei 1000 bis 1200 Studenten neuerlich gegen die Bildungspolitik der Regierung und die Bedingungen an den Universitäten protestiert. Auch Professoren zeigten sich solidarisch, wie etwa eine Historikerin erklärte: "Ich bin hier, weil ich will meinen Studierenden noch ins Gesicht schauen können." Auch an den kommenden Tagen wollen die Studenten weiterhin die Vorklinik besetzen und Veranstaltungen abhalten.

Lauer Protest am Vormittag

Schon in der Früh hatte das Programm mit einer Schüler-Demonstration vor dem Unterrichtsministerium begonnen, zu der SP-nahe Schüler aufgerufen hatten. Auch hier war wenig Zulauf zu verzeichnen: Es kamen nur rund 60 Personen, eine Kundgebung vor der Uni wurde abgesagt.

Die Besetzer hatten mit der breiten Solidarität der Schüler gerechnet, die sich erst im Frühjahr im Konflikt um eine Erhöhung der Lehrerarbeitszeit als demonstrierfreudig erwiesen. Nicht so jedoch am gestrigen Donnerstag: Bereits für neun Uhr morgens hatten die SPÖ-nahen Jugendorganisationen auf dem Minoritenplatz die erste Schülerdemonstration des Tages angekündigt – gekommen sind kaum mehr als 60 Personen. Jenen Schülern, die sich in das Audimax setzten, um zu diskutieren, war die Frustration anzumerken: „Wir haben uns ein bisschen mehr erwartet“, ruft etwa ein Schulsprecher ins Mikrofon. „Aber wir kommen wieder.“ Am Dienstag seien erneut Schülerproteste geplant.

Aktionen in den Bundesländern

Auch in anderen Universitätsstädten gab es Protestkundgebungen, allerdings in kleinerem Rahmen. Unter dem Slogan "Wir zahlen die Krise nicht - wir haben sie auch nicht verursacht" gingen in Bregenz laut Polizei rund 250 Schüler auf die Straße.

In Klagenfurt versuchten etwa 150 Studenten und Professoren, der Bevölkerung mit einem Infostand und Kaffee die Forderungen und die Hintergründe der Proteste erklären. In Innsbruck kamen gegen Mittag rund 40 Personen zu einer spontanen Kundgebung zusammen. In Graz startete der Protest zu Mittag mit mehreren Aktionen. Am Abend demonstrierten laut Polizei 500 Personen.

Faymann ändert seine Linie wieder

In Wien läutete die ÖH Kanzler Werner Faymann am Vormittag symbolisch aus seinem "bildungspolitischen Schlaf". Der Kanzler gab sich bisher bei den Protesten zurückhaltend und verwirrte in den vergangenen Tagen mit einem Kurswechsel beim freien Uni-Zugang, der eine der zentralen Forderungen der Audimax-Besetzer ist. Die einheitliche Linie der Regierung, die noch am Dienstag beschworen worden war, zerbröselte am Mittwoch. Faymann zog seine Aussage, es sollte an den Unis Zugangsregelungen geben, zurück.

(c) AP (Hans Punz)

Wissenschafts-Minister Johannes Hahn (ÖVP) setzte wiederum für den 25. November eine Veranstaltung „Dialog Hochschulpartnerschaft“ an. Neben Hochschülerschaft und Vertretern der Besetzer will Hahn weitere 40 mit Hochschulbelangen befasste Personen einladen. Auch Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) und die Klubobleute und Wissenschaftssprecher der Parlamentsparteien sollten zugegen sein. ÖH-Chefin Sigrid Maurer blickt dem Dialog kritisch entgegen: „Ich gehe hin, echte Ergebnisse erwarte ich mir aber nicht.“ Das liege nicht zuletzt am „Desinteresse“ des Ministers. Für Aufregung sorgte am Mittwoch eine IMAS-Umfrage zu den Zugangsbeschränkungen.

(chs/Red.)

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