Episodenblog 5x15. Die vorletzte, längere Folge stellt die Weichen für das Grande Finale.
SPOILERWARNUNG: Ich verrate Details zur Handlung der jeweils behandelten Folge. Wenn Sie nichts über den Inhalt erfahren wollen, lesen Sie nicht weiter. Bitte hinterlassen Sie in den Kommentaren keine Spoiler, die die Handlung über diese Folge hinaus verraten.
Die gute Nachricht gleich zu Beginn: Die beiden finalen Folge sind ein paar Minuten länger als üblich, circa 52 Minuten dauert eine. Die schlechte: Der Abschied naht. Ich ertappe mich sogar dabei, das Sehen der fünfzehnten Folge von Staffel fünf, "Granite State" betitelt, hinauszögern zu wollen - dann sie ist die Hälfte eines Ganzen, die Exposition zu einem erwartbaren Untergang und diesen hätte ich natürlich gerne am Stück genossen.
Was passiert?
Nach vergangener Woche sah es nach einem Finale Walter White vs die Nazis aus, aber der Eindruck täuschte. Nach "Granite State" hat vor allem Jesse Pinkman Grund, mit der "Übermenschen"-Truppe abzurechnen.
Erst amüsiert man sich als Zuseher ein bisschen, als sich die Nazis beim gemeinsamen Filmabend Jesses Geständnisvideo aus Hanks Wohnung ansehen und sich über das "crybaby" lustig machen. Nach einem gescheiterten Fluchtversuch ("Go ahead and kill me" schreit er) führen sie einem schmerzlich vor Augen, dass er allen Grund zum Heulen hat: Vor seinen Augen erschießen sie Ex-Freundin Andrea. "This isn't personal", sagt ihr der emotionslose Todd noch. Was könnte persönlicher sein als der eigene Tod, Todd? Mit dem Hinweis "there's still the boy" bleibt Jesse Problemhund an der Kette. Er ist wertvoll, wertvoller als Walt geglaubt hat. Immerhin produziert er Meth mit 96 Prozent Reinheit. Heisenberg'sche Qualität.
Kurz vor Schluss hat "Breaking Bad" noch einen neuen Trick entdeckt, um Spannung im Zuschauer zu erzeugen: Kindermörder Todd in die Nähe von Kindern zu bringen. Wie er kurz nach Andreas Sohn Brock linst und Skyler maskiert über Hollys Wiege wissen lässt, dass sie lieber nichts von der dunkelhaarigen Lady erzählen soll, erschaudert man.
Trotzdem. Ein bisschen spürt man trotzdem Mitleid, als er - angetan im besten Hemd - ungeschickt mit Lydia anbandelt (die gewohnt schnell darin ist, Probleme aus dem Weg räumen zu wollen, solange sie sich nicht die Hände schmutzig machen muss). Fast zärtlich wirkt er, als er Lydia einen Fussel vom Blazer zupft, Skyler an die Schulter fasst und Jesse Eis bringt und gute Nacht wünscht.
Aber "Breaking Bad" wird den Tod von Drew Sharp nicht verzeihen, keine Folge bleibt ohne Hinweis auf den kaltblütigen Mord an dem spinnennarrischen Buben.
Für einen kurzen Augenblick sieht es sogar danach aus, das Onkel Jack seinen Pychopathen-Neffen persönlich zur Rechenschaft zieht, denn Jesse hat auch brav Todds Kindermord gestanden, den dieser in seinen Heldengeschichten gerne auslässt. Stattdessen umarmt er ihn väterlich und zeigt Verständnis für die Vernarrtheit in Lydia: "The heart wants what the heart wants."
Aber jetzt zu Walt.
Walt legt eine weite Reise und eine längere Zeitspanne zurück.
Im Keller des Verschwindemannes, der tatsächlich Staubsauger vertreibt, will er seinen Richtung Nebraska flüchtenden Anwalt Saul Goodman noch für seine Rachepläne einspannen. Ein Hustenanfall stört die Drohgebärde.
Stattdessen landet Walt mit seiner Tonne Geld und zwei "Mr. Magorium's Wonder Emporium"-DVDs in einer einsamen Hütte in New Hampshire, dem titelgebenden "Granite State", der Heimat von Stephen King und John Irving. Walt im Schnee in einer unberührten Idylle. Henry David Thoreau hätte hier vielleicht glücklich sein können. Walt sieht fremd aus.
Hier stoppt der Krebs seine Pläne. Er kann den Fußweg im Schnee zum nächsten Telefon schlicht nicht bewältigen. Sein Finger werden zu dünn für seinen Ehering.
Erst die Einsamkeit (10.000 Dollar zahlt er dem Staubsauger-Mann für eine Stunde Kartenspielen) und der Wunsch nach einem Vermächtnis, treiben ihn in die Stadt, mit einem Paket voller Geld. Er ist ein gebrochener Mann. Als er nach einem kleinen Telefontrick seinen Sohn, der sich wieder Flynn nennt, am Hörer hat, kriegt er keinen ganzen Satz mehr heraus. "It can't all be for nothing", fleht Walt seinen unwilligen Junior an. Die Antwort ist ein Echo von Skylers Geständnis, dass sie auf die Rückkehr des Krebses hoffe (5x04): "Just die already", sagt Flynn seinem Vater.
Just als sich Walt stellt, kommt das zweite Motiv, das seine Drogenbaron-Karriere befeuert hat, zurück ins Spiel.
Sein Stolz.
Im Fernsehinterview verweigern ihm seine ehemaligen Partner Elliott und Gretchen Schwarz die Anerkennung jeglicher Leistung im Aufbau ihre milliardenschweren Firma Gray Matter. Der (unerklärte) Ausstieg aus der Firma, diese für Walt so lebensentscheidende Kränkung, war einer jener losen Fäden, die wieder aufgenommen werden mussten. "He's gone", sagt Gretchen Schwartz im Fernseher über der Bar prophetisch. Walt ist weg, er wird seine offenen Rechnungen bezahlen. Wie und mit wem auch immer.
Das Ende kann beginnen.
Was mir aufgefallen ist:
Zum Abschied von Saul (ich bezweifle, dass wir ihn vor dem "Better Call Saul"-Spinoff noch einmal sehen werden), beschenkt er uns noch einmal mit einem seiner blumigen Vergleiche: "You'll be the John Dillinger of the Metropolitan Detention Center", sagt er Walt, als er ihm rät, sich zu stellen.
"Mr. Magorium's Wonder Emporium"-DVds. Was willst du uns damit sagen, Vince Gilligan?
Walt denkt immer noch, Jesse sei tot. Ob es im Finale zu einer Begegnung kommt? Jesse jedenfalls ist erstmals völlig auf sich alleine gestellt. Niemand wird kommen, ihn zu retten.
Farbe:
Holly trägt ein gelbe Haube. Nachtrag: Noch mehr Menschen tragen in dieser Folge Gelb, kombiniert mit blau: Andrea (RIP) und das Ehepaar Schwartz.
Lustiges:
Conan O'Brien stellte eine ganze Folge seiner Show ins Zeichen von "Breaking Bad", samt einem amüsanten Geldtonnen-Fitnessprogramm. Links zu den Videos. Danke, @HarryLucascom für den Hinweis.
Endtheorien:
Ist "Felina" ein Hinweis auf Schrödingers Katze? Schließlich ist Walt durch seinen Krebs in gewisser Hinsicht gleichzeitig tot und nicht tot.
Jene, die Walts Lektionen in der Schule als Hinweisgeber für das Ende sahen: Ihr dürftet Recht behalten, wenn man sich den Teaser zur letzten Folge ansieht: "Chemistry is the study of transformation", wird dort Staffel-eins-Walt zitiert.
Die Vorschau zum "Breaking Bad"-Finale:
Der "Breaking Bad"-Episodenblog bisher: