Tiroler SPÖ prescht mit Mitgliederbefragung zu Rot-Blau im Bund vor

Elisabeth Blanik
Elisabeth BlanikAPA/EXPA/STEFAN ADELSBERGER
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Am 15. Juni soll im Bezirk Innsbruck-Land die Befragung zur Frage einer SPÖ-FPÖ-Koalition im Bund beginnen. Die übrigen roten Landesorganisationen geben sich zurückhaltend. Der stärkste Widerstand kommt aus Wien.

Teile der Tiroler SPÖ preschen nun mit einer Mitgliederbefragung zur Frage einer SPÖ-FPÖ-Koalition im Bund vor. Im Bezirk Innsbruck-Land soll laut "Tiroler Tageszeitung" bereits am 15. Juni eine solche Mitgliederbefragung zu Koalitionsvarianten auf Bundesebene starten.Sie soll sich über einen längeren Zeitraum erstrecken, betonte Bezirksparteiobmann Georg Dornauer (er ist auch Stellvertreter der Tiroler SPÖ-Chefin Elisabeth Blanik).

Ziel sei es, so Dornauer weiter, das Stimmungsbild unter den Genossen zu erheben. "Es ist Zeit, neue Wege zu gehen. Deshalb möchte ich in unserer Bezirkspartei eine breit angelegte Mitgliederbefragung durchführen, um bei diesem wichtigen Thema zu einem klaren Ergebnis zu kommen", sagte Dornauer gegenüber der "Tiroler Tageszeitung". Spätestens im August sollen die Ergebnisse dann in einem Bezirksparteirat diskutiert werden. Die Bezirkspartei zählt rund 800 Mitglieder. Tirols SPÖ-Chefin Elisabeth Blanik hatte zuvor bereits angekündigt, eine Mitgliederbefragung auf Bundesebene zu begrüßen.

"Zu klären wäre so eine Frage in einer Urabstimmung"

In den anderen SPÖ-Landesorganisationen reagierte man auf das Vorpreschen Tirols zurückhaltend. "Entscheidend ist jetzt einmal, dass wir den Kriterien-Katalog fertigstellen, dann werden wir über die weitere Vorgehensweise entscheiden", sagte etwa der Kärntner SPÖ-Landeshauptmann Peter Kaiser. Singulär-Entscheidungen seien aber nicht das Wahre: "Zu klären wäre so eine Frage etwa in einer Urabstimmung." Der Kriterien-Katalog der SPÖ sei in seiner Grundstruktur fertig, er soll in den kommenden Monaten vorgelegt werden. Kaiser hatte bereits am Wochenende anklingen lassen dass der Wind derzeit "nicht links bläst, sondern von rechts kommt". Auch ihm werde der Abschied vom Dogma 'Niemals mit der FPÖ' weh tun, doch das sei "Realismus", sagte Kaiser dem Nachrichtenmagazin "profil".

Der steirische SPÖ-Chef Landeshauptmann-Stellvertreter Michael Schickhofer meinte zur aktuellen Entwicklung: "Zuerst wählen wir, und dann verhandeln wir mit allen im Parlament vertretenen Parteien. Über das Ergebnis und das Regierungsprogramm sollen dann alle SPÖ-Mitglieder abstimmen." Im Burgenland, wo sich die SPÖ bereits in einer Koalition mit den Freiheitlichen befindet, ist aktuell keine Mitgliederbefragung zu möglichen Koalitionsvarianten im Bund geplant. Eine solche sei zwar durchaus vorstellbar, man wolle aber abwarten, erklärte SPÖ-Landesgeschäftsführer Christian Dax. Rot-Blau funktioniere im Burgenland recht gut, meinte Dax. Auf Bundesebene würde es auf die handelnden Personen ankommen.

In Niederösterreich sind laut SPÖ-Landesgeschäftsführer Robert Laimer derzeit keine Mitgliederbefragungen zu Koalitionsvarianten im Bund geplant. Zuerst brauche es den Kriterienkatalog. Die Frage, ob für die Landes-SPÖ eine Koalition mit der FPÖ im Bund vorstellbar sei, wollte Laimer nicht beantworten. Das sei eine Bundesstrategie-Entscheidung.  Für Salzburgs SPÖ-Vorsitzenden Walter Steidl ist eine Mitgliederbefragung über eine mögliche SPÖ-FPÖ-Koalition auf Bundesebene "nicht vorrangig". Sollte sich nach der Wahl im Oktober diese Frage stellen, müssten sich zunächst die Gremien ausführlich damit befassen. Das habe Vorrang vor einer Befragung der Mitglieder.

Oberösterreichs Parteivorsitzende Birgit Gerstorfer erinnerte an den gültigen Parteitagsbeschluss, dass man keine Koalition mit der FPÖ eingeht. Sollte man aber trotzdem verhandeln - man wolle sich schließlich niemandem verwehren - müssten die Ergebnisse durch einen demokratischen Prozess abgeschlossen werden, das sei ein Parteitag oder eine Mitgliederbefragung. Außerdem müsse bei Verhandlungsergebnissen der SPÖ-Kriterienkatalog in Betracht gezogen werden. Das gelte im Übrigen nicht nur für die FPÖ sondern für alle Parteien.

Stärkster Widerstand aus Wien

Vorarlbergs SPÖ-Landeschefin Gabriele Sprickler-Falschlunger ist persönlich zwar "keine Freundin" einer allfälligen SPÖ-FPÖ-Koalition, würde eine solche Regierungszusammenarbeit nach einer Mitgliederbefragung mit entsprechendem Ausgang aber "natürlich als demokratischen Beschluss akzeptieren". Eine Mitgliederbefragung für eine SPÖ-FPÖ-Koalition hielte sie schon deshalb für notwendig, "weil es einen aufrechten Beschluss" (gegen eine solche Kooperation, Anm.) gibt. Bereits jetzt eine Mitgliederbefragung in Vorarlberg zu starten ist laut Sprickler-Falschlunger kein Thema. Eine Umfrage in Vorarlberg werde es nur akkordiert mit der Bundespartei geben, so Sprickler-Falschlunger.

Den stärksten Widerstand gegen eine mögliche Zusammenarbeit mit den Freiheitlichen ist zuletzt aus der Wiener SPÖ gekommen. Landeschef Michael Häupl verwies zuletzt wiederholt auf den gültigen Parteitagsbeschluss der SPÖ hin, der eine Koalition mit den Blauen ausschließt.

(APA)

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