AUVA-Belegschaft im "äußersten Fall" zum Streik bereit

AUVA BETRIEBSVERSAMMLUNG UND FLUGBLATTAKTION: RABENSTEINER/REDL
AUVA BETRIEBSVERSAMMLUNG UND FLUGBLATTAKTION: RABENSTEINER/REDLAPA/HERBERT PFARRHOFER
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Im Wiener Lorenz-Böhler-Unfallkrankenhaus findet heute eine Betriebsversammlung statt. Für Akutfälle soll es keine längeren Wartenzeiten geben, aber, so der Betriebsrat: "Jeder, der in das Krankenhaus hineingeht wird uns mitkriegen."

500 Millionen Euro pro Jahr - so lauten die Sparvorgaben der Regierung an die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt AUVA. Ein Konzept dafür soll bis Jahresende vorliegen, steht im Koalitionspakt. Nun soll es aber doch schneller gehen: Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) pocht bekanntlich auf eine Senkung der von den Arbeitgebern zu zahlenden Versicherungsbeiträge von 1,3 auf 0,8 Prozent. Bis Mai will sie dafür einen "klaren Fahrplan" haben. Bei der AUVA stößt dieses Vorgehen auf Kritik. Heute, Dienstag, findet deshalb im Lorenz-Böhler-Unfallkrankenhaus in Wien-Brigittenau eine Betriebsversammlung statt.

"Der Protest richtet sich nicht gegen die Patienten", betont AUVA-Zentralbetriebsrat Erik Lenz im Ö1-"Morgenjournal". Die medizinische Versorgung werde auch während der Proteste aufrecht erhalten bleiben. "Es wird kein Verletzter nicht behandelt werden", so Lenz, der das Wort Streik nicht in den Mund nehmen wollte. Für Akutfälle werde es auch nicht zu längeren Wartenzeiten kommen. Aber: "Jeder, der in das Krankenhaus hineingeht wird uns mitkriegen - und Informationsmaterial erhalten." Und: Im "äußersten Fall" wäre man auch zum Streik bereit.

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Was der äußerste Fall sei? "Wenn die Regierung durch eine Maßnahme sowohl die Patientensicherheit und Versorgungssicherheit" gefährde, als auch "ungefähr 6000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und ihre Familien vor schwere Probleme und Existenzängste stellt".

Zudem betonte Lenz, die AUVA stelle sich nicht gegen Reformen. Das habe man mehrfach bewiesen. So seien in den vergangenen 15 Jahren etwa zwölf Prozent der Beschäftigten in der Verwaltung abgebaut worden, "obwohl neue Leistungen dazu gekommen sind".

Einsparungspotenzial ortete Lenz "im System". Konkret: "Wenn man den gesetzlichen Auftrag der AUVA nicht einschränkt, sondern erweitert. (...) Die Ersparnisse finden sich dann auch in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung, beispielsweise, wenn arbeitsbedingte Erkrankungen oder Freizeiterkrankungen reduziert werden." In anderen Worten: Es müsste in die Prävention investiert werden sowie in die Rehabilitation.

Foglar: "Das ist ein Schlag ins Gesicht dieser Leute"

Scharfe Kritik an den Plänen der Regierung bei den Sozialversicherungen übten am Montagabend auch ÖGB-Präsident Erich Foglar und sein Vize, GÖD-Chef Norbert Schnedl. Bei der Eröffnung der ÖGB-Bundesfrauenkonferenz zeigte sich Foglar entrüstet über Hartinger-Klein: "Das ist ein Schlag ins Gesicht dieser Leute, die tagtäglich dort arbeiten." "Es gibt kein Sparen im System, denn ich kenne kein System ohne Menschen, daher trifft es immer nur Menschen", betonte der ÖGB-Präsident und forderte von ÖVP und FPÖ: "Ich erwarte von dieser Bundesregierung, dass sie sich blitzartig in ihrer Tonalität ändert."

Die Selbstverwaltung "in dieser Ausprägung, wie wir sie derzeit haben" sei eine große Errungenschaft. Sie stelle demokratische Mitbestimmung sicher und "das lassen wir uns nicht nehmen", ganz gleich wie man es begründe, ergänzte Schnedl. Dass Hartinger-Klein die Zerschlagung der AUVA in den Raum stelle, "kommt schon gar nicht infrage". Auch am "Zick-Zack-Kurs" der Sozialministerin stieß er sich: "Man sollte, bevor man was sagt... - ihr wisst was ich meine."

Wöginger: Pläne werden umgesetzt

Von Kritik und Protestwillen unbeeindruckt zeigte sich indes ÖVP-Klubobmann August Wöginger in den "Salzburger Nachrichten". Am Plan werde festgehalten, betonte er - auch bei der Krankenkassen-Zusammenlegung werde es keine Abstriche geben, die teilweise Kürzung der Mindestsicherung sei fix.

Wohl aber trat Wöginger der Befürchtung entgegen, mit einer allfälligen Zusammenlegung der AUVA mit anderen Sozialversicherungsträgern würden Unfallkrankenhäuser gesperrt: "Wir schließen sicher keine Spitäler, keine Leistungen für die Patienten werden gekürzt und die Angestellten müssen auch nicht um ihren Jobs fürchten." Es gehe um eine effizientere Verwaltung und dass die AUVA sich auf ihrer Kernkompetenzen, die Behandlung von Arbeitsunfällen, konzentriere.

Auf einen Blick: Causa AUVA

Sozial- und Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) gab in der Vorwoche bekannt, sie gehe nicht davon aus, dass der AUVA die geforderten Einsparungen im Umfang von 500 Millionen Euro gelingen würden. "Nach derzeitigem Stand" werde es folglich wohl zur Auflösung kommen. Ein "Grobkonzept" zur Zusammenlegung der Sozialversicherungsträger könnte Ende April/Anfang Mai vom Ministerrat beschlossen werden.

AUVA-Chef Anton Ofner zeigte sich empört, dass die Ressortchefin erst eine Frist bis Jahresende setze und sich dann im April umentscheide. Hauptverbands-Chef Alexander Biach (ÖVP) nannte eine Auflösung einen "völlig falschen Schritt". Die GPA-djp kündigte mehrere Betriebsversammlungen an, auch Flugblattaktionen soll es geben. Für den 16. April ist eine außerordentliche Generalversammlung in der AUVA geplant sowie eine Sitzung des Zentralbetriebsrats.

Am Sonntag versuchte Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) zu beruhigen. Im ORF verkündete er: Es habe Übertreibungen und Panikmache gegeben. Tatsache sei: "Wir wollen keine Spitäler zusperren." Die AUVA sei eine "gute Berufsunfallversicherung", sie gehe aber "über den Kernauftrag hinaus".

>>> Bericht im Ö1-"Morgenjournal"

>>> Bericht der "Salzburger Nachrichten"

(hell/APA)

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