Die Sammlung Essl wird der Albertina Wien bis mindestens 2044 als Dauerleihgabe übergeben. Der Bund unterstützt die Übernahme mit 1,1 Millionen Euro.
Die Sammlung Essl wird der Öffentlichkeit wieder zugänglich: die Albertina erhält diese als Dauerleihgabe. Das gaben Kulturminister Thomas Drozda (SPÖ), Sammler Karlheinz Essl und Albertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder am Donnerstagvormittag bekannt ("Die Presse" berichtete). Die über 6000 Werke umfassende Sammlung zählt zu den weltweit größten Privatsammlungen zeitgenössischer Kunst.
Die Sammlung Essl war im Jahr 2014 akut in ihrer Existenz bedroht gewesen, da Karlheinz Essls Unternehmen Baumax ins Trudeln geraten war. Nachdem eine Übernahme durch den Bund unter dem damaligen Kulturminister Josef Ostermayer (SPÖ) nicht zustande gekommen war, sprang der Industrielle Haselsteiner ein und sicherte die Sammlung durch eine Überführung in eine neue Besitzgesellschaft, an der seine Familienstiftung 60 Prozent hält. Im Juli 2016 musste das Essl Museum in Klosterneuburg schließlich geschlossen werden.
Die Albertina erhält nun sämtliche Rechte - von der Präsentation bis zur Verleihung und Publikation - und übernimmt im Gegenzug die Verpflichtung, "die Sammlung konservatorisch optimal zu verwahren, angemessen zu zeigen und wissenschaftlich weiter zu bearbeiten", wie es in den Presseunterlagen heißt.
In den kommenden sechs Monaten soll die Sammlung in die Strukturen der Albertina integriert werden. In einem zweiten Schritt werde man "geeignete Maßnahmen ergreifen, um diese kapitale nationale wie internationale Sammlung bestmöglich zu zeigen", so Schröder.
"Sammlung Essl für Österreich gesichert"
Die Dauerleihgabe ist bis 2044 fixiert. "Mit dieser zukunftsweisenden Kooperation ist die Sammlung Essl für Österreich gesichert", sagte Drozda. Es sei eine "Win-Win-Situation" für alle Beteiligten, so der Minister. Mit dem heutigen Tage gehen die Werke in den Besitz der Albertina über. Er sprach von einer Sammlung im Wert von mehreren hundert Millionen Euro.
1,1 Millionen Euro "Initialfinanzierung" vom Minister
"Damit ist die Sammlung für Österreich gesichert", sagte Drozda. "Das ist ein Gewinn für den Museumsstandort, für die Öffentlichkeit, für die Albertina. Wir schlagen ein neues Kapitel in der Zusammenarbeit öffentliche Hand und Privat auf." Man habe 1,1 Millionen Euro "Initialfinanzierung" zur Verfügung gestellt. Die Exponate der Sammlung würden selbstverständlich auch außerhalb der Albertina Landesmuseen zur Verfügung stehen, um Lücken zu ergänzen. Geplant sei auch eine gemeinsame Reise mit Schröder nach Florenz, wo man wichtige Werke der österreichischen Malerin Maria Lassnig zeigen werde.
Das Essl Museum ist Geschichte - jedenfalls für Besucher. Mit 1. Juli 2016 stellte das Museum in Klosterneuburg seinen Ausstellungsbetrieb ein. Die Finanzierung sei trotz aller Bemühungen nicht mehr möglich, sagte Karlheinz Essl. 42 Mitarbeite verloren ihren Job. Das Museum selbst blieb als Depot für die Kunstsammlung erhalten. Diese zählt zu den größten und bedeutendsten privaten Sammlungen für zeitgenössische Kunst in Europa. (c) APA/HERBERT PFARRHOFER (HERBERT PFARRHOFER)
Die Sammlung Essl in Klosterneuburg umfasste annähernd 7000 Werke. In der Sammlung befinden sich Schlüsselarbeiten der österreichischen Kunst seit 1945 wie auch internationale Werke.
Agnes und Karlheinz Essl lernten sich 1958 in New York kennen. Der Kärntner Kaufmann und die Galerie-Mitarbeiterin verliebten sich ineinander und in zeitgenössische Kunst. Zurück in Österreich begannen sie in den 70er-Jahren zu sammeln: Zuerst Werke von Friedensreich Hundertwasser und Kurt Moldovan, später auch andere österreichische Künstler. APA
1976 gründete Karlheinz Essl die Heimwerkerkette Baumax, gleichzeitig wuchs seine Sammlung. Für die Auswahl der Bilder und die Ankäufe zeichnete das Ehepaar selbst verantwortlich – Karlheinz Essl hatte nebenbei Kunst studiert und war Hobby-Maler. Das Ehepaar Essl betonte stets, wie wichtig ihnen der persönliche Kontakt zu den Künstlern sei. Im Bild: Karlheinz Essl überreicht dem Künstler Georg Baselitz zum 75. Geburtstag eine Torte (Jänner 2013). APA/HANS KLAUS TECHT
In den 1980ern wuchs die Privatsammlung zur bedeutendsten Sammlung österreichischer Nachkriegskunst. Im Besitz der Essls befinden sich Werke von Maria Lassnig, Valie Export, Arnulf Rainer, Max Weiler, Markus Prachensky, Hermann Nitsch, Günter Brus wie auch von jüngeren Künstlern wie Elke Krystufek und Clemens Wolf. Bild: Maria Lassnig, Science fiction, 1988, 2-teilig, Öl auf Leinwand, 203 x 284 cm (c) Sammlung Essl Privatstiftung (Foto: Mischa Nawrata)
Erstmals öffentlich ausgestellt wurde die Essl-Sammlung im Jahr 1987: Da öffnete im Schömer-Haus, dem Baumax-Bürogebäude, eine Ausstellungshalle. (c) Archiv Sammlung Essl
Ab 1989 sammelte das Ehepaar Essl zusätzlich zu Werken österreichischer Künstler auch internationale Kunst. Sie wollten „die Kunst aus Österreich nicht mehr separiert sehen“, so die Sammler. Die Sammlung umfasste somit bald auch zeitgenössische Kunst aus ganz Europa sowie aus den USA, Asien und Australien. Die internationalen Kunstwerke dürften den Wert der österreichischen um Vieles übersteigen. Bild: CHI PENG, Sprinting Forward 2, 2004, Ed. 10/10, Digital Print (c) Sammlung Essl Privatstiftung (Foto: Mischa Nawrata)
Ab 1999 waren die Kunstwerke des Essl Sammlung im Essl Museum in Klosterneuburg zu bewundern. Agnes und Karlheinz Essl wollten dadurch „der Gesellschaft etwas zurückgeben“. Das Museumsgebäude wurde vom Architekten Heinz Tesar geplant. (c) Frank Garzarolli
Das zur Gänze privat finanzierte Museum verstand sich auch als Experimentierfeld für junge Kunst. Regelmäßig werden junge, am Markt noch nicht etablierte Künstler präsentiert. Das Museumsprogramm umfasst außerdem noch Konzerte, Performances und Klanginstallationen sowie Literaturveranstaltungen. (c) Ali Schafler
Mit Zahlen zum Museum geizte das Ehepaar Essl stets: Bekannt sind weder Besucherzahlen, noch wieviel sie sich das Museum jährlich kosten lassen. Der Eintritt für Studenten ist übrigens frei. Bild: Günter Brus, Visionible Ausstattung des Zukunftssalons, 1989, Ölkreide, Buntstift auf Japanpapier auf Leinwand (c) Sammlung Essl Privatstiftung (Foto: Mischa Nawrata)
Im März 2014 berichtete das Wirtschaftsmagazin „trend“ erstmals, dass die Kunstsammlung Essl zur Disposition stehe, da die Baumarktkette Baumax ums Überleben ringe. "Meine Frau und ich sind bereit, die gesamte Sammlung der Republik zu übergeben, wenn wir damit Baumax und somit rund 4000 Arbeitsplätze allein in Österreich retten können", wurde Essl in einer Aussendung des Museums zitiert. APA/HANS KLAUS TECHT
Essl wünschte sich, dass die Republik die Sammlung um den kolportieren Buchwert von 86 Millionen Euro kaufe, das Museumsgebäude wollte er aber behalten. (c) Sammlung Essl Privatstiftung (Foto: Julia Stix)
Doch Kulturminister Josef Ostermayer (SPÖ) erteilte ihm nach einem Runden Tisch zum Thema eine Absage. APA/ROBERT JAEGER
Wie viel die Sammlung genau wert ist, ist nicht bekannt. Dem "Handelsblatt" zufolge wird sie auf mehr als 100 Millionen Euro geschätzt. Der kolportierte Höchstwert lag bei 160 Millionen Euro. Foto: Michaela Bruckberger
Lange stand eine mögliche Versteigerung der gesamten Sammlung zur Debatte. Doch dann übernahm die Stiftung des Industriellen Hans Peter Haselsteiner 60 Prozent der Kunstsammlung des Baumax-Gründers. Die restlichen 40 Prozent der SE-Sammlung Essl GmbH gehören der Karlheinz und Agnes Essl Privatstiftung und der Martin und Gerda Essl-Privatstiftung. Martin Essl ist der jüngste Sohn des Baumax-Gründers. (c) C. Richters
Ein Teil der Sammlung wurde trotzdem verkauft. Mitte Oktober 2014 gelangten 44 Werke zur Rekapitalisierung in London zur Versteigerung. Für insgesamt rund 66 Millionen Euro wechselten 40 Kunstwerke den Besitzer (die restlichen vier fanden keinen Käufer). Am meisten brachte bei der Versteigerung das vierteilige Bild "Wolken (Fenster)" des deutschen Künstlers Gerhard Richter (im Bild) ein, es war einem anonymen Käufer umgerechnet 7,9 Millionen Euro wert. Vorab war es allerdings auf bis zu 8,8 Millionen Euro geschätzt worden. (c) REUTERS (STEFAN WERMUTH)
Der Erlös sollte teilweise für die Refinanzierung der Rettung der großen Kunstsammlung vor den Ansprüchen der Gläubigerbanken der angeschlagenen Baumarkt-Kette Baumax, teilweise zur Finanzierung des Betriebs des Essl Museums verwendet werden, hieß es damals. Doch auch die Auktion rettete das Museum nicht vor der Schließung. Installation aus "Die letzten Tage der Menschheit" von der österreichischen Künstlerin Deborah Sengl. APA/HERBERT PFARRHOFER
Essl: Die Geschichte einer Kunstsammlung
Essl sprach von einer "guten Nachricht nach längerer Vorbereitungszeit" und einer "langen, vertrauensvollen Zusammenarbeit mit Schröder". Dieser war 1991 der erste, der die Sammlung Essl im Kunstforum 1991 unsere Sammlung ausgestellt habe. Die Schau, "Das Jahrzehnt der Malerei", ging im Anschluss an elf weitere Museen weltweit.
Was passiert mit dem Museum in Klosterneuburg?
Was mit dem Essl Privatmuseum in Klosterneuburg passieren wird, steht noch nicht endgültig fest. Die Albertina übernimmt das Depot für die kommenden zehn Jahre, so Schröder. Was mit der Immobilie weiter geschehe, entscheiden die Eigentümer der Sammlung Essl.
Sammlung Essl
Die Sammlung Essl zählt zu den größten und bedeutendsten privaten Sammlungen für zeitgenössische Kunst in Europa. Praktisch alle wesentlichen Kunstströmungen Österreichs sind mit Schlüsselarbeiten seit 1945 vertreten, aber auch internationale Pendants.
Das vom österreichischen Architekten Heinz Tesar geplante, 1999 eröffnete Privatmuseum in Klosterneuburg war aufgrund der finanziellen Probleme der Baumax-Kette von Museumsgründer Essl in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten.
Der Industrielle Hans Peter Haselsteiner hatte sich schließlich über eine Stiftung an der Kunstsammlung Essls beteiligt. Trotzdem wurde das Museum im Vorjahr geschlossen.