Neue Aufregung: Häftling in Suben misshandelt

Die Justizanstalt Suben
Die Justizanstalt SubenAPA/RUBRA
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Nach dem Fall eines verwahlosten Häftlings in Stein sorgt nun die Gewalt eines Justizwachebeamten in der Anstalt Suben (OÖ) für Aufregung. Justizminister Brandstetter will, dass „kein Stein auf dem anderen bleibt."

Nun ist es ein Video, das für Aufregung sorgt. Aufgenommen wurde es schon im Mai 2012. Und zwar von einer Überwachungskamera der oberösterreichischen Justizanstalt Suben. Die Kamera ist an der Decke eines abgeschotteten Raumes angebracht, der zur Absonderung von Insassen gedacht ist. Man sieht, wie ein Justizwachebeamter einen Strafgefangenen von hinten in den „Schwitzkasten" nimmt und ihn dann mit dem Kopf gegen die Mauer schlägt. Vier andere Uniformierte stehen rundherum, greifen nicht ein. Der gewalttätige Beamte bekam nicht einmal einen Prozess. Der Fall, über den der „Falter" nun berichtet, wurde mit einer Diversion erledigt.

Hundert Euro Geldbuße hatte der Täter, Revierinspektor M., zu zahlen. Die Justiz sah sein Vorgehen offenbar als Bagatelle an. Und sah von einem Prozess bzw. einer strafgerichtlichen Verurteilung ab. Ob damit wirklich schon das letzte Wort gesprochen ist, muss aber abgewartet werden. Das Band wurde vom „Falter" an die Korruptionsstaatsanwaltschaft übergeben, diese hat nun eine neue Prüfung versprochen. Immerhin war der Häftling, ein junger Mann aus dem Kosovo (dieser soll den Beamten provoziert haben) am Kopf bzw. im Gesicht verletzt worden. Auch disziplinär wurde das Verhalten des Beamten bereits geahndet: mit 600 Euro Geldstrafe. Jene vier Justizwachebeamte, die während der Misshandlung rund herum standen, wurden bisher nicht belangt. Das in seiner Grundform mit bis zu zwei Jahren Haft bedrohte Delikt „Quälen eines Gefangenen" wurde nicht herangezogen.

Zuletzt hatte der Fall eines 73-jährigen wegen Mordversuchs verurteilten geistig abnormen Rechtsbrechers für Aufregung gesorgt. Der Mann wird seit 2008 in der niederösterreichischen Justizanstalt Krems-Stein im sogenannten Maßnahmenvollzug angehalten. Davor hatte er seine langjährige Haftstrafe abgesessen. Als man ihn einem Arzt vorführte, waren seine Beine wund, sie waren monatelang nicht gewaschen bzw. versorgt worden. Die Gefahr einer Blutvergiftung drohte. Der „Falter" zitiert aus einem ärztlichen Bericht, wonach ein alter Verband bereits in die Haut eingewachsen war. Drei Beamte waren nach Auffliegen des Falles suspendiert worden.

Brandstetter: "Das System ist krank"

Justizminister Wolfgang Brandstetter findet nun im „Presse"-Gespräch sehr deutliche Worte: „Der gesamte Strafvollzug und Maßnahmenvollzug (letzteres betrifft die geistig abnormen Rechtsbrecher, Anm.) muss neu aufgesetzt werden. Das ist alles kein Zufall. Das System ist krank." Die nun aufbrechenden Fälle würden „symptomatische Missstände" zu Tage fördern. Nun gelte es die gesamten Strukturen zu erneuern. Der Minister will nun eine Reform, „bei der kein Stein auf dem anderen bleibt".

>> "Missstände massiv bekämpfen": Brandstetter im DiePresse.com-Chat (Nachlese)

Wie berichtet wird intern unter anderem überlegt, die Strafvollzugsdirektion, also jene Behörde, bei der bundsweit alle Fäden im Strafvollzug zusammen laufen, zu schließen. Stattdessen könnte eine eigene neue Generaldirektion für den Strafvollzug innerhalb des Justizressorts (vergleichbar mit einer eigenen Sektion) gebildet werden. Diese Pläne wurden zuletzt aber noch nicht offiziell bestätigt.

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