Oliver: Dänisches Gericht erkennt Vater Sorgerecht zu

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Das Gericht in Helsingör entscheidet, dass der Bub weiter bei seinem Vater in Dänemark leben soll. Zudem sei die österreichische Mutter der gesetzeswidrigen Kindesentziehung schuldig.

Im Sorgerechtsstreit um den fünfjährigen Oliver haben die dänischen Behörden dem Vater das Sorgerecht zuerkannt. Das Gericht in Helsingör veröffentlichte am Freitag seine Entscheidung, wonach der Bub weiterhin bei seinem Vater in Dänemark leben soll. Dies berichtete die dänische Nachrichtenagentur Ritzau. Der Antrag der Mutter, das Kind zurück nach Österreich bringen zu können, wurde somit abgewiesen.

Zudem habe die Mutter Kindesentziehung begangen. Zwar habe die Österreicherin im Jahr 2010 dem Vater des Buben mehrmals erklärt, sie werde Dänemark mit dem Kind verlassen. Doch sie habe es verabsäumt, "weder konkret noch präzise" anzugeben, wann sie diesen Schritt zu unternehmen gedenke, zitierte die Zeitung "BT" (Online-Ausgabe) aus dem vorliegenden Urteil.

"Soziale und familiäre Bande nach Dänemark"

Damit habe sie gegen die Bestimmungen in jenem Gesetz, das die Rechte und Pflichten von Eltern regelt, verstoßen. Demnach hätte sie dem Vater nämlich sechs Wochen vor ihrer Übersiedlung nach Österreich Bescheid geben müssen. Der habe aber erst am 30. Juli 2010 erfahren, dass sie am 17. Juli Dänemark verlassen hatte. Das vom Vater beantragte Sorgerechtsverfahren lief da bereits.

Überdies habe sie weder ihren Arbeitgeber noch den Kindergarten vom Umzug informiert. Am 24. August 2010 erhielt schließlich der Vater das alleinige Sorgerecht. Folglich kam das Gericht nun zum Erkenntnis, dass sich die Mutter der gesetzeswidrigen Kindesentziehung schuldig gemacht habe, da sie Oliver nach dieser Entscheidung nicht zurückließ. Das Gericht hielt laut "BT" überdies fest, dass der Bub die stärksten sozialen und familiären Bande nach Dänemark habe, da er dort aufgewachsen sei.

Mutter: Keine Möglichkeit auf faires Verfahren

Die dänische Rechtsvertreterin von Olivers Mutter wird gegen das Urteil berufen. Dies kündigte sie gegenüber dem Fernseh-Sender TV2 an. "Ich erkenne das Urteil nicht an", wird sie zitiert. Sie vertritt die Ansicht, dass die dänischen Behörden gegen internationales Recht verstoßen, wenn sie den Buben nicht nach Österreich zurückkehren lassen. Zudem habe die Mutter keine Möglichkeit gehabt, sich in Dänemark zu verantworten, "da sie Angst hatte, verhaftet zu werden".

Die Mutter des Buben sagte am Freitagnachmittag bei einem Pressetermin in Wien, dass sie als Ausländerin keine Möglichkeit auf ein faires Verfahren gehabt habe. Empört auch Britta Schönhart, die österreichische Anwältin der Mutter, die keinen Kontakt zu ihrem Sohn hat: "Mit dieser Entscheidung legalisiert Dänemark ein Gewaltverbrechen an einem Kind." Das Urteil sei ein politisches.

Bub in Graz der Mutter entrissen

Der Vater des fünfjährigen Buben hatte am 3. April dieses Jahres gemeinsam mit einem noch unbekannten Komplizen seinen Sohn vor dem Kindergarten in Graz der Mutter entrissen und ihn nach Dänemark gebracht. In seinem Heimatland besitzt der Vater das Sorgerecht, in Österreich hat es die Mutter.

Nach der Tat des Vaters hatte die Rechtsvertretung der Mutter bei den Justizbehörden einen Antrag auf Rückführung des Kleinen nach dem Haager Kindesentführungsübereinkommen gestellt. Darüber war an zwei Tagen Anfang September in Helsingör verhandelt worden. Danach war vom dänischen Gericht ein Urteil in schriftlicher Form innerhalb von 14 Tagen angekündigt worden.

Vater am Dienstag in Graz vor Gericht?

Eine weitere Runde im Rechtsstreit um das Kind findet am nächsten Dienstag (25. September) im Grazer Straflandesgericht im Rahmen eines Prozesses gegen den Vater statt. Die Staatsanwaltschaft hatte Anklage wegen schwerer Nötigung und Freiheitsentziehung erhoben, weil der Däne das Kind im April gegen den Willen der Mutter von Graz in seine Heimat gebracht hatte. Ob der 41-Jährige zur Verhandlung erscheinen wird, ist völlig offen. Eine Ladung hat er über das Amts- und Rechtshilfeverfahren in Dänemark bekommen.

Sollte der Beschuldigte nicht erscheinen, könnte erneut ein europäischer Haftbefehl ausgestellt werden. Eine Verhandlung in Abwesenheit ist nicht vorgesehen.

Vater "ein total glücklicher Mann"

Nach dem Urteil vom Freitag zeigte sich der Vater  sich wenig überraschend erfreut über die Entscheidung des Gerichts. "Er ist momentan ein total glücklicher Mann", sagte sein Sprecher Janus Bang der Nachrichtenagentur Ritzau. Zugleich betonte er die Bereitschaft des Vaters, der Mutter Zugang zum Buben zu gewähren. Die Ankündigung seitens der Mutter, das Erkenntnis anzufechten, kommentierte er gelassen.

"Natürlich gehen sie in Berufung"; wird Bang zitiert. Für ihn ist es aber "undenkbar", dass das Urteil umgedreht werden kann. "Deshalb sind wir zuversichtlich." Der kleine Oliver können nun jedenfalls "endlich Ruhe finden", meinte er weiters.

Chronologie

2006 wurde Oliver in Dänemark geboren. Vier Jahre später zieht die Mutter mit dem Buben nach Österreich, der Vater bekommt in Dänemark das Sorgerecht. Die Mutter behält in Österreich das Sorgerecht. Es folgt ein komplizierter Rechtsstreit. Mehr ...

(APA/red.)

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