Die lila Linie wurde um drei Haltestellen verlängert und ist nun die zweitlängste U-Bahnlinie der Stadt. Auch der verlängerte 26er geht in Betrieb.
Die neue Teilstrecke der U-Bahnlinie U2 ist am Samstagvormittag in Betrieb gegangen. Seit 10.50 Uhr läuft der Regulärbetrieb auf der Verlängerungsstrecke zwischen der ehemaligen Endstation Aspernstraße und der neuen Endstelle Seestadt. Vize-Bürgermeisterin Renate Brauner, der Donaustädter Bezirksvorsteher Norbert Scheed (beide SP) und Wiener Linien-Geschäftsführer Günter Steinbauer eröffneten die 4,2 Kilometer lange Trasse in der neuen Station Hausfeldstraße.
Nach den Eröffnungsreden gab das Trio per Scheren-Schnitt die Teilstrecke frei. Um 10.45 Uhr fuhren Brauner, Scheed und Steinbauer sowie zahlreiche Journalisten als Erste mit einem U-Bahn-Festzug vorbei an der neuen Station Aspern Nord bis zur Endstelle Seestadt. Unmittelbar danach begann der Regelbetrieb der 360 Millionen Euro teuren Trasse.
Mit der Neubaustrecke ist die U2 mit knapp 17 Kilometern Länge und 20 Stationen nun die zweitlängste U-Bahnlinie Wiens. Jeder zweite Zug wird ab sofort von der Aspernstraße in die Seestadt geführt. Die Fahrzeit zwischen Karlsplatz und der neuen Endstation beträgt rund 30 Minuten.
Am Samstag (5. Oktober) wurde die Verlängerung der U2 in die Seestadt Aspern gefeiert. Das Außergewöhnliche an den drei (eigentlich vier) neuen Stationen ist, dass sie in ein Gebiet führen, das erst noch besiedelt werden muss. Ein Reiseführer entlang der U-Bahn.Text: Erich Kocina; Bilder: Philipp Splechtna, Clemens Fabry, "Die Presse"-Grafik (c) Photographer: Philipp Splechtna
Wien hat eine über Jahrhunderte gewachsene Struktur, die seit mittlerweile mehr als 30 Jahren nach und nach mit U-Bahnen erschlossen wird. Bereits besiedelte Bereiche zu erschließen war bis dato der übliche Weg dabei. Doch die Verlängerung der U2 in die Seestadt Aspern ist ein Paradigmenwechsel. Denn auch, wenn die neue Endstation ein „Stadt“ im Namen trägt – urban ist die Gegend nicht.
Im Gegenteil – die U-Bahn soll helfen, den neuen Stadtteil Aspern an das U-Bahn-Netz anzubinden, ehe er überhaupt entstanden ist. Dementsprechend mutet ein Besuch der neuen Strecke nicht wie eine Fahrt durch eine Stadt an, sondern wie ein Ausflug ins Grüne. Was den Stadttouristen allerdings nicht daran hindern sollte, sich auf die Suche nach Sehenswürdigkeiten zu machen. (c) Splechtna
An den alten Schanzen. Der erste touristische Hotspot findet sich schon einige hundert Meter nach der bisherigen Endstelle, der Aspernstraße. Es ist eine U-Bahn-Station, in der der Zug nicht hält. Und die nur als Rohbau aus Beton auf der grünen Wiese steht. „An den alten Schanzen“ heißt die Station, die von außen wirkt, als hätte man sie aus einem dystopischen Science-Fiction-Film entlehnt. Sie wartet darauf, dass die Umgebung stärker besiedelt wird, um dereinst zur echten U-Bahn-Station zu werden. Was laut Wiener Linien sinnvoller ist, als nachträglich eine Station in eine bestehende Strecke einzufügen. (c) Photographer: Philipp Splechtna
Für historisch Interessierte sei erwähnt, dass der Name der Station sich von der gleichnamigen Straße ableitet, die wiederum an die Befestigungsanlagen (Schanzen) erinnert, die vor der Schlacht von Aspern 1809 als Verteidigung gegen Napoleons Truppen errichtet worden waren. Zu sehen sind die Schanzen aber nicht mehr. (c) Splechtna
Hausfeldstraße. Nach einer Rechtskurve gelangt man zur ersten betriebsbereiten neuen Station. Der Name legt nahe, dass es sich um ein eher ländlich anmutendes Stück Wien handelt. (c) Splechtna
Und tatsächlich fällt der Blick gen Süden auf ein Feld – doch auf der anderen Seite der namensgebenden Straße in Richtung Osten findet sich eine gar nicht so kleine Siedlung. Gut, es ist ein eher ländliches Idyll mit Einfamilienhäusern mit Pool, angelegt im Schachbrettmuster, so wie in den großen Städten der USA. (c) Splechtna
Mit dem Unterschied, dass sich hier statt Avenues und Streets liebliche Straßennamen wie Kornblumenweg, Margeritenweg, Lavendelweg oder Soldanellenweg auf der Karte finden. (Die Alpensoldanelle [Soldanella alpina], auch Alpentroddelblume genannt, wurde im Jahr 2004 übrigens zur Blume des Jahres gewählt.) Nördlich der Station findet sich ein noch dichter besiedelter Stadtteil: Entlang der hier verlaufenden Straße Am Heidjöchl verlief einst die Wiener Stadtgrenze – und hier wurde von 1981 bis 1983 ein Gemeindebau errichtet, der immerhin 71 Stiegen umfasst. (c) Photographer: Philipp Splechtna
Auf manchen U-Bahn-Plänen ist bei der Hausfeldstraße übrigens ein Anschluss an die S-Bahn eingezeichnet – ein Versehen, das die Wiener Linien durch Überkleben zu verdecken versuchen. Anschluss an Züge gibt es hier dennoch, allerdings nur an die Regionalzüge der Ostbahn – und das auch nur bis 2017, denn ab dann soll die Station Aspern Nord (im Bild im Hintergrund) zum Knotenpunkt von U-Bahn und ÖBB-Zügen werden. Und noch ein Detail: Mit Eröffnung der U2-Verlängerung am 5. Oktober wird in der Hausfeldstraße auch die neue Straßenbahnlinie 26 (siehe Bericht) ihre Endstelle haben. (c) Splechtna
Aspern Nord. Die rund 1,4 Kilometer bis zur vorletzten Station werden von U-Bahn-Fahrern gerne als „Route 66 der U2“ bezeichnet – so wie auf der parallel verlaufenden Ostbahnbegleitstraße geht es scheinbar unendlich lange einfach nur geradeaus. Die Fahrt durch die wienerische Wildwestromantik führt allerdings zu einer unerwarteten Attraktion. (c) Splechtna
Der deutsche Künstler Stephan Huber schuf in der Station eine permanente Installation. Auf zwei Landkarten an den Enden des Gebäudes visualisiert Huber zwei Ereignisse in Aspern, die Weltgeschichte geschrieben haben: Napoleons erste Niederlage 1809 und die Eröffnung des damals größten und modernsten Flughafens Europas, des Flughafens Aspern im Jahr 1912. Zwischen den Karten erscheinen Lebenslinien bekannter Österreicher mit Geburts- und Sterbedatum auf den Stationsfenstern. (Im Bild eine Außenansicht der Station Aspern Nord) (c) Photographer: Philipp Splechtna
Sonst gibt es hier nicht viel zu sehen – es sei denn, man kennt jemanden im nördlich gelegenen Kleingartenverein Breitenlee. Der hat nämlich einen Badeteich – aber vermutlich ist dafür jetzt ohnehin die falsche Jahreszeit. (c) Splechtna
Seestadt. Die Stadt gibt es noch nicht, aber der See ist schon da. Doch rund um die Eröffnung lässt sich nur erahnen, dass hier einmal tatsächlich Menschen wohnen sollen. Noch dominieren auf dem ehemaligen Flugfeld vor allem Baukräne und Bauarbeiter. (c) Splechtna
Apropos Flugfeld – die beiden in einem X angeordneten Start- und Landebahnen sind noch zu sehen (das Archivbild stammt allerdings aus dem Jahr 2008). Hierher kamen zur Eröffnung im Jahr 1912 rund 50.000 Menschen, hier landete im Juni 1913 das Luftschiff Sachsen mit Graf Zeppelin an Bord – und hier landeten am 12. März 1938 deutsche Soldaten. Bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs befand sich hier ein Luftwaffenstützpunkt, danach betrieb der Österreichische Aero Club hier Flugsport und Pilotenausbildung. Gelegentlich verlieh man das Gelände auch für Motorsportveranstaltungen – Legenden wie Jochen Rindt und Stirling Moss drehten hier ihre Runden. Am 30. April 1977 hob schließlich das letzte Flugzeug in Aspern ab. (c) FABRY Clemens
Schon bald sollen hier auf den neu geschaffenen Straßen wie der Sonnenallee oder der Ada-Lovelace-Straße (benannt nach einer der ersten Computerprogrammiererinnen) Menschen unterwegs sein. In einem neuen Stadtteil, der von der Innenstadt aus in rund 30 Minuten zu erreichen sein wird. (c) Photographer: Philipp Splechtna
Bis die Seestadt allerdings tatsächlich besiedelt ist und das U der U-Bahn tatsächlich so etwas wie Urbanität verheißt, wird es wohl noch ein wenig dauern. Daher wird ab dem 5. Oktober nur jede zweite U2 tatsächlich die Seestadt Aspern anfahren – die Endstation auf der grünen Wiese. (c) Photographer: Philipp Splechtna
Mit der U-Bahn auf die Wiese
26er fährt auf längerer Strecke
Neben der neuen U-Bahnteilstrecke wurde auch die Straßenbahnlinie 26 verlängert. Seit 10.30 Uhr fährt die Bim bis zur neuen Endstation Hausfeldstraße. Die Strecke umfasst zehn weitere Haltestellen auf 4,7 Kilometern. 68 Millionen Euro wurden in die Verlängerung investiert.
Der Wiener Bürgermeister Michael Häupl und Verkehrsministerin Doris Bures (beide SP), die als Gäste angekündigt waren, nahmen nicht an der Eröffnung teil. Beide sagten wegen terminlichen Gründen ab.
Im Stadtentwicklungsgebiet "Seestadt Aspern" sollen bis zum Jahr 2028 etwa 20.000 Menschen leben. Noch wohnt allerdings niemand dort, die U-Bahnanbindung kommt am Samstag.
Ab Samstag verlagern die Wiener Linien die U-Bahnen von schlecht ausgelasteten Morgenstunden am Wochenende hin zu stark frequentierten Tageszeiten an Werktagen.
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