Die von der ÖVP ausgebootete City-Bezirksvorsteherin Ursula Stenzel läuft zu den Freiheitlichen über. Sie kandidiert im ersten Bezirk nun als blaue Spitzenkandidatin.
Ursula Stenzel, die bisherige ÖVP-Bezirksvorsteherin der Inneren Stadt, tritt bei der Wien-Wahl am 11. Oktober für die FPÖ an. Stenzel wird dabei nicht nur bei der Bezirksvertretungswahl im ersten Bezirk für die Freiheitlichen kandidieren, sondern auch auf dem dritten Platz der freiheitlichen Liste für die Gemeinderatswahl sowie auf Listen in den Regionalwahlreisen stehen.
Das kündigten Stenzel und FPÖ-Spitzenkandidat Heinz-Christian Strache bei einem gemeinsamen Pressetermin am Dienstag an. "Ich bin ein Signal für die Menschen dieser Stadt, dass die FPÖ wählbar ist und sein muss", begründet Stenzel ihre Entscheidung. Denn die "Ausgrenzungspolitik" gegenüber der FPÖ habe sie immer schon als "schweren demokratiepolitischen Fehler" erachtet. Deshalb wolle sie nun zusammen mit den Freiheitlichen einen Machtwechsel in Wien herbeiführen.
"Ich tue das, weil ich die rot-grüne Dominanz in Wien brechen möchte und weil ich Rot-Grün in der Inneren Stadt verhindern möchte", sagte sie. Trotz nun fixem Gemeinderatsmandat möchte sie weiter im ersten Bezirk, wo sie blaue Spitzenkandidatin wird, tätig sein: "Wenn ich gewählt werde, bleibe ich Bezirksvorsteherin", betonte sie.
Spekulationen seit Wochen
Seit die ÖVP Stenzel für die kommende Wahl nicht mehr nominiert hatte, gab es Spekulationen über die weitere Zukunft der ÖVP-Bezirksvorsteherin. Bisher wurde darüber spekuliert, ob die prominente Politikerin und ehemalige Fernsehmoderatorin mit einer eigenen Liste ins Rennen geht. Auch das Wiener BZÖ hatte der Bezirksvorsteherin eine "neue politische Heimat" angeboten. Nun ist es also die FPÖ geworden, die den Wechsel Stenzels gestern, Montag, noch dementiert hatte.
Für die ÖVP wird in der Inneren Stadt bekanntlich Markus Figl antreten - er ist der Großneffe des einstigen Bundeskanzlers Leopold Figl.
Alkoholverbot in der Innenstadt, Demoverbot am Ring oder Event-"Unkultur": Die Bezirksvorsteherin der Inneren Stadt, Ursula Stenzel, nahm sich selten ein Blatt vor den Mund. Nun ist ihre Karriere in der City beendet: Die nunmehrige FPÖ-Kandidatin Stenzel, die 1996 vom ORF in die Politik wechselte, wurde abgewählt. Die FPÖ schaffte laut vorläufigem Endergebnis nur Platz drei. (c) Die Presse (Clemens Fabry)
Stenzel, geboren am 22. September 1945 in Wien, lebt seit ihrer Kindheit in der Inneren Stadt. Als Nachrichtensprecherin und Moderatorin des ORF, Korrespondentin und außenpolitische Kommentatorin wurde sie weit über die Grenzen Österreichs hinaus bekannt. Das half Stenzel dann auch bei ihrem Schritt in die Politik: Für die ÖVP trat sie 1996 bei den Europawahlen an und gewann. Bis 2005 war die streitbare Politikerin EU-Abgeordnete und Delegationsleiterin der ÖVP im Europaparlament. (c) APA (TECHT Hans Klaus)
2005 wechselte sie die Fronten und zog - parteiintern nicht unumstritten - für die Volkspartei in den Kampf um den Bezirksvorsteher in der Inneren Stadt. Dort konnte sie nicht nur den ersten Platz verteidigen, sondern massiv zulegen: Die Volkspartei kam auf 43,27 Prozent, und damit auf 10,16 Prozentpunkte mehr als 2001. Als City-Chefin war Stenzel nicht weniger polarisierend: So forderte sie etwa ein nächtliches Fahrverbot in der Inneren Stadt, ein Ästhetik-Manifest für die City, wollte Hausbesitzer bei Hitze zwingen, die Gehsteige besser zu reinigen, um Gestank zu vermeiden oder überlegte die Einführung der City-Maut. Rad-Rowdys wollte sie per Nummerntafel zur Vernunft bringen. (c) APA (TECHT Hans Klaus)
Mit anderen Politikern krachte Stenzel dabei immer wieder zusammen. So erklärte etwa Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) nach einem Disput um den Bau einer Garage, mit Stenzel nur noch vor Zeugen reden zu wollen. Auch beim Wiener Partyvolk stieß Stenzel im Streit um Feier- und Clubkultur rund um den Schwedenplatz auf wenig Begeisterung: 2011 wurde ihr sogar der Song "Ursula, stress ned" - ein Cover von "Barbra Streisand" von Ducksauce - gewidmet. (c) APA (HELMUT FOHRINGER)
In der Gestaltung der Wiener City war mit der heute 69-Jährigen immer zu rechnen: Unter anderem machte sie sich für die Untertunnelung des Schwedenplatzes stark. Auch parteiintern sorgten ihre Ideen mitunter für Debatten: Die Volkspartei sei "zu liberal" und verschrecke dadurch Wähler, ließ sie Parteifreunde etwa wissen. Als Beispiel nannte sie die Zustimmung der Volkspartei zur eingetragenen Partnerschaft für Homosexuelle. Auch zur Kandidatur des (damaligen, Anm.) Salzburger Jung-VP-Chefs und Muslim Asdin El Habbassi für den Nationalrat äußerte sie sich skeptisch. David Faber
Für die Wien-Wahl war sie von der ÖVP schließlich nicht mehr aufgeboten worden: Als schwarzer Spitzenkandidat wurde Markus Figl nominiert, die ÖVP sprach von einem "Generationenwechsel". Stenzel wechselte flugs und für viele überraschend zur FPÖ - und wird wohl mit einem Gemeinderatssitz vorlieb nehmen müssen. Diesen hat sie fix, da sie auf Platz drei der Landesliste angetreten ist. Allenfalls ist Stenzel noch eine Option für die FPÖ bei der Bundespräsidenten-Wahl. Clemens Fabry / Die Presse
Innenstadt-Wähler setzen Grand Dame vor die Tür
Die ehemalige Zeit im Bild-Moderatorin saß nach ihrer TV-Karriere von 1999 bis 2005 als EU-Abgeordnete für die ÖVP im Brüsseler Parlament. Seit 2005 steht sie der Inneren Stadt als Bezirksvorsteherin vor.
ÖVP-Klubchef gibt sich gelassen
Der Klubobmann der ÖVP, Reinhold Lopatka, wolle den Wechsel Stenzels "nicht überbewerten", wir er vor dem Ministerrat zu Journalisten sagte. "Das ist eine Sache des ersten Bezirks". Ein Fraktionswechsel sei nichts Ungewöhnliches, so Lopatka, der erst kürzlich mehrere Abgeordnete des Teams Stronachs abgeworben hatte. Natürlich habe er es "lieber, wenn jemand zu uns kommt."
Ferry Maier kritisiert das „Missmanagement“ der Wiener ÖVP-Führung in der Causa Stenzel. Und beneidet die Neos um deren Spitzenkandidatin Meinl-Reisinger.
Sie sei vom "grünen Virus" befallen und sei demokratietechnisch nicht weit von Nordkorea entfernt, attackierte die Bezirks-FPÖ früher die ÖVP-Bezirkschefin. Heute ist freilich alles anders.
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