Regierungssuche: ÖVP-Chef ruft Fischer zu Hilfe

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Die SPÖ-ÖVP-Gespräche spitzen sich dramatisch zu. Spindelegger trifft am Mittwoch den Bundespräsidenten. Mitterlehner warnt vor einer Verzögerung bis nach Weihnachten.

Wien. „Für mich ist der Zeitplan nicht das Entscheidende, sondern der Inhalt": Dienstagfrüh hatten die Aussagen von Vizekanzler ÖVP-Obmann Michael Spindelegger noch die zuletzt erwarteten Positionen der beiden Regierungsparteien abgebildet: Die SPÖ und Bundeskanzler Werner Faymann wollen jedenfalls noch vor Weihnachten einen Abschluss der Koalitionsverhandlungen, die ÖVP-Spitze und Spindelegger sehen wichtige Punkte wie die Einsparungen 2014 und 2015 ungelöst. Selbst die von Spindelegger eingestreute Beschreibung der Situation als „dramatisch" wirkte wie die übliche Floskel vor finalen Gesprächen: „Solange das nicht darstellbar ist, gibt es mit uns keine Koalition - drei Rufzeichen", betonte er.

Vor der für Freitag dieser Woche angesetzten Sitzung des ÖVP-Bundesparteivorstandes kommt es jetzt aber tatsächlich zu einer deutlichen Eskalation bei den rot-schwarzen Koalitionsgesprächen. Denn ÖVP-Chef Spindelegger wird wegen der in wichtigen Bereichen wie Budget 2014 und Strukturreformen stockenden Regierungsverhandlungen von sich aus Bundespräsident Heinz Fischer einschalten. Nach verlässlichen Informationen der „Presse" trifft der ÖVP-Chef am Mittwochvormittag mit dem Staatsoberhaupt zusammen, ursprünglich war ein Termin um 17 Uhr dafür genannt worden.

Es handelt sich um keine routinemäßige Information über den Fortgang der Beratungen. Spindelegger wird Fischer, soviel war zu erfahren, informieren, dass bei den Gesprächen mit der SPÖ in für die ÖVP zentralen Reformpunkten trotz der intensiven Verhandlungen in den vergangenen Tagen und über auch das Wochenende praktisch nichts mehr weitergegangen ist. Ohne fixe Vereinbarungen über eine Budgetkonsolidierung will er nicht in eine Koalition, wie Spindelegger nach dem Ministerrat klar machte. Fischer hatte am Samstag in der „ZiB 1" auf einen „zügigen" Abschluss der Koalitionsgespräche vor Weihnachten gedrängt.

Fünf zentrale Punkte für die ÖVP

Der ÖVP-Obmann hat schon vor dem Ministerrat am Dienstag parteiintern die Information ausgegeben, dass wegen der stockenden Verhandlungen jetzt Bundespräsident Fischer am Zug sei. Für die ÖVP geht es um fünf Punkte, für die es ohne Einlenken der SPÖ keine Neuauflage von Rot-Schwarz geben könne: kurzfristige Einsparungen 2014 und 2015, damit es bei einem Nulldefizit 2016 bleibt, automatische weitere Reformmaßnahmen bei den Pensionen, wenn die jetzigen Verschärfungen nicht zu einem deutlich höheren tatsächlichen Pensionsantrittsalter führen, ein Kompromiss bei Studiengebühren an den Universitäten sowie höhere Stipendien (siehe dazu Seite 12), weitere Privatisierungen sowie die Absage an Vermögensteuern.

Vermögensteuern als Zankapfel

Genau auf diese verzichten Bundeskanzler Faymann und die SPÖ jedoch nicht. Konsens besteht inzwischen nur, dass wegen der angespannten Budgetsituation eine Steuerreform in dieser Legislaturperiode nach hinten verschoben wird. Vermögen- und Erbschaftssteuern seien „keinesfalls vom Tisch", bekräftigte der SPÖ-Chef nach dem Ministerrat. Massensteuern wie etwa eine höhere Mehrwertsteuer kämen hingegen für seine Partei nicht infrage.

Wie es weitergeht, wird Spindelegger jedenfalls am Freitag im ÖVP-Vorstand berichten. Daneben steht auch die Entscheidung über Othmar Karas als ÖVP-Spitzenkandidaten für die EU-Wahl bevor, was Spindelegger allerdings offiziell nicht bestätigen wollte. Spindelegger steht selbst in der ÖVP unter Druck, weil er intern beinharte Verhandlungen versprochen hat, nach Gesprächen mit Faymann jedoch etwa in der Vorwoche vorerst wieder zurückgesteckt hat.

Auffallend am Rande des Ministerrats war, dass in der Volkspartei offensichtlich nicht alle mit der Verschärfung der Linie der ÖVP gegenüber dem bisherigen Koalitionspartner und einem etwaigen Hinauszögern der Beratungen einverstanden sind. Ganz deutlich scherte Wirtschafts- und Familienminister Reinhold Mitterlehner, einer der Stellvertreter von Spindelegger, aus. Er räumte ein, dass es noch offene Punkte gebe. Allerdings warnte er davor, die Verhandlungen über Weihnachten hinauszuziehen. Dann wäre überhaupt ein Neustart notwendig.

Auch Faymann SPÖ-intern unter Druck

In der SPÖ wird damit gerechnet, dass die ÖVP letztlich mangels Alternativen wieder in eine rot-schwarze Koalition einwilligt. Faymann steht SPÖ-intern unter Druck. Die Funktionäre befürchten seit Aufnahme der Regierungsgespräche im Oktober, er könnte der ÖVP zu viele Zugeständnisse machen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.12.2013)

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