Der Wiener Akademikerbund wehrt sich gegen die Kritik an seinem Positionspapier, in dem das Verbotsgesetz infrage gestellt wird. Das Vorgehen der ÖVP sei "diktatorisch".
Der Wiener Akademikerbund (AB) schießt nach der deutlichen Distanzierung der Wiener ÖVP zurück. Er erklärte die Partei am Donnerstag für "nicht mehr wählbar". Die Landespartei hatte ein am Mittwoch bekanntgewordenes Positionspapier, in dem unter anderem das Verbotsgesetz infrage gestellt wird,heftig kritisiert.
Christian Zeitz, Vorstandsmitglied des Wiener AB, sieht im Vorgehen der ÖVP "diktatorische Maßnahmen". "Das Verbotsgesetz war ein Randthema, keine dogmatische Forderung, dass man das abschaffen soll", so Zeitz. Aber wie auch über alle anderen Themen solle man darüber sprechen können. Der Wiener AB-Obmann Josef Müller sei selbst Opfer des Nazi-Terrors gewesen.
Laut dem AB-Vorstandsmitglied erging das Positionspapier bereits im November des Vorjahres an 60 Entscheidungsträger aller Parteien. Als Reaktion sei "durchaus die eine oder andere" kritische Anmerkung - etwa aus dem Kabinett des Bundeskanzlers - retour gekommen. ÖVP-Obmann Josef Pröll oder Generalsekretär Fritz Kaltenegger hätten jedoch trotz mehrfacher Anfrage nicht darauf reagiert.
"Gesprächsverbot strikt abzulehnen"
Heftige Kritik äußerte Zeitz auch an der neuen Chefin der ÖVP Wien, Christine Marek. Sie habe das Papier zwar nicht erhalten, nachdem sie im November noch nicht Obfrau war. Ihr warf Zeitz aber vor, jeden Gesprächskontakt "gemieden bzw. verweigert" zu haben. "Das von der ÖVP verhängte Gesprächsverbot ist strikt abzulehnen", so Zeitz.
Themen wie Einwanderung, "die Tendenz zu einem europäischen Superstaat" oder konstruktive Familienpolitik dürften nicht tabuisiert werden, fordert der Wiener AB. "Die Wiener ÖVP hat sich von ihren ursprünglichen Grundsätzen und Idealen weit entfernt. Sie ist daher für Christen, Konservative und Liberale bedauerlicherweise bis auf weiteres nicht mehr wählbar." Eine Wahlempfehlung wollte Zeitz nicht geben: "Die Mitglieder des AB sind mündig genug." Bereits bisher hätten sie zum Teil "mit zusammengebissenen Zähnen" ihr Kreuzerl bei der ÖVP gemacht.
(APA)