Tour de France: "Es wird mit großer Dreistigkeit weiter gedopt"

(c) Reuters (Thierry Roge)
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"Wir sind dabei, das Doping-Spiel zu gewinnen", glaubt Tour-Direktor Clerc. Gerolsteiner-Teamchef Holczer hingegen rechnet damit, dass viele weitere Fahrer auffliegen werden.

Patrice Clerc, Direktor der Tour-de-France-Organisatoren ASO, äußerte sich am Donnerstag nach dem positiven Dopingtest des Italieners Riccardo Ricco zuversichtlich, dass man das Dopingproblem im Radsport allmählich in den Griff bekomme. Clerc meinte auf Radio RTL: "Wenn man die Augen öffnet, sieht man: Die Zuständigen im Kampf gegen das Doping sind dabei, das Spiel zu gewinnen." Gleichzeitig zeigte er sich "verblüfft von der Dummheit und Verantwortungslosigkeit der Fahrer, die ihre Schummeleien fortsetzen."

Neues Dopingmittel nachweisbar

Ricco stolperte offenbar über die Verwendung eines relativ neuen Epo-Präparats namens Cera, berichtet "spiegel.de". "Anscheinend bilden sich die Fahrer ein, dass sie mit Cera noch nicht erwischt werden können. Aber alle Epo-Präparate, die auf dem Markt sind, können mit gängigen Tests nachgewiesen werden", sagt demnach Mario Thevis vom Biochemischen Institut der Deutschen Sporthochschule.

Der Dopingexperte Wilhelm Schänzer von der renommierten Sporthochschule Köln kritisierte in "welt.de", dass "der Versuch des Radsports, sich selbst zu säubern, mit den jüngsten Entdeckungen in jedem Fall einen erheblichen Rückschlag erlitten hat". "Den Test für das Epo-Mittel Cera, das in Deutschland seit Herbst vergangenen Jahres unter dem Namen Miacera auf dem Markt ist, hat die Firma La Roche schon 2004 entwickelt", sagte Schänzer.

"Zweistellige Zahl von Fahrern betroffen"

Der dritte Dopingfall bei der Tour de France 2008 könnte noch lange nicht der letzte sein. Gerolsteiner Teamchef Hans-Michael Holczer - für den auch der viertplatzierte Österreicher Bernhard Kohl in die Pedale tritt - hat "gerüchteweise von anderen Teamleitern gehört, dass eine zweistellige Zahl von Fahrern betroffen sein soll".

Der Chef der Internationalen Radsportunion UCI, Pat McQuaid, zeigte sich hingegen schockiert vom bereits dritten Dopingfall bei der diesjährigen Tour. Der Ire bezeichnete den Fall als "total schockierend. Es würde mich umwerfen, wenn jemand diese Fahrer zum EPO-Nehmen angeleitet haben sollte und denkt, das sei nicht aufdeckbar, nur weil wir lange keine Fahrer auf diese Art und Weise erwischt haben."

"Züge der Selbstzerstörung"

IOC-Vizepräsident Thomas Bach stellte im Radsport "Züge der Selbstzerstörung" fest. Bach mahnte alle Radsport-Verantwortlichen, sich endlich an einen Tisch zu setzen sowie die Strukturen einheitlich und übersichtlich zu gestalten. Der Deutsche beobachtete "Züge der Selbstzerstörung" und sagte: "Aus meiner Sicht ist es erschreckend, dass der erforderliche Sinneswandel im Radsport trotz vieler Anstrengungen im Anti-Doping-Kampf offensichtlich immer noch nicht vollzogen wurde. Es wird mit großer Dreistigkeit weiter gedopt."

(Ag./Red.)

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