Mitte Juni fallen die Roaming-Gebühren in der EU. Doch die Regelung lässt Platz für Missverständnisse und birgt Fallen für Kunden. Kleine Anbieter kämen durch die EU-Vorgabe unter Druck, warnt Ventocom-Chef Krammer.
Ab 15. Juni sind die teuren Roaming-Gebühren in der EU Geschichte. Wer danach im Urlaub mobil telefoniert, SMS versendet oder im Internet surft, bezahlt nur noch so viel wie zu Hause. Gut für Konsumenten, aber nicht in jedem Fall. Denn die neuen Roaming-Regeln haben ihre Tücken und bieten viel Platz für Missverständnisse.
Missverständnis Nr. 1.: Anrufe ins Ausland werden nicht günstiger. Im Gegenteil: Etliche heimische Mobilfunkanbieter haben die Kosten für Auslandsgespräche zuletzt sogar deutlich erhöht. Wer also von Österreich aus eine Viertelstunde nach Deutschland telefoniert, legt dafür mitunter schon einmal zehn Euro ab. Fährt er für das Telefonat mit seinem Handy etwa nach Bratislava, kommt er – dank der neuen Roaming-Regeln – paradoxerweise sogar günstiger davon - er bezahlt den reinen Inlandstarif.
Die Großen profitieren
Missverständnis Nr. 2: Nicht in allen Ländern gelten die günstigeren Roaming-Regeln. Nur wer in der EU, Norwegen, Liechtenstein oder Island urlaubt, kann sein Smartphone relativ gefahrfrei nutzen. Überall sonst, etwa auf Kreuzfahrtschiffen bleiben die hohen Roaming-Gebühren bestehen.
Missverständnis Nr. 3.: Zumindest beim Internet-Surfen sollten Nutzer auch in der EU vorsichtig bleiben. Es gelten – relativ großzügige – Fair-Use-Grenzen, die von Tarif zu Tarif unterschiedlich ausfallen. Die Netzbetreiber sind verpflichtet, eine Warn-SMS zu senden, wenn das Limit erreicht ist.
Aber nicht nur für die Konsumenten, auch für die Anbieter bringt das Roaming-Ende große Umstellungen: „Für uns ist das ein programmierter Verlust“, sagt etwa Michael Krammer, Chef des virtuellen Mobilfunkers Ventocom, der etwa die Hofer-Marke HoT betreibt. Denn während die Kunden für die Sprachminute im Ausland nicht mehr bezahlen, müssen die Anbieter weiter regulierte Großhandelspreise an den ausländischen Anbieter abführen. Für große Netzbetreiber mit starken Allianzen in der EU ist das ein gutes Geschäft, da sie sich gegenseitig Roaming-Kunden zuschieben können. Kleine Anbieter bleiben hingegen auf den Kosten sitzen, da sie selbst kaum Roamingkunden aus dem Ausland erhalten. So kommen genau jene Mitbewerber unter Druck, die im Inland für Preisdruck sorgen. Die Tarife erhöhen will Krammer für die 730.000 HoT-Kunden trotzdem nicht. Er hofft, die Verluste durch mehr Wachstum abfedern zu können.
(Print-Ausgabe, 08.06.2017)