Mögliche ÖVP-FPÖ-Koalition bereitet Börsianern Kopfschmerzen

Gehen die Chefs von ÖVP und FPÖ eine Koalition ein, werde die Verzahnung der Euro-Staaten nicht gerade wahrscheinlicher, befürchten Börsianer
Gehen die Chefs von ÖVP und FPÖ eine Koalition ein, werde die Verzahnung der Euro-Staaten nicht gerade wahrscheinlicher, befürchten BörsianerAFP (JOE KLAMAR)
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Wegen möglicher Verzögerungen bei der europäischen Integration nach den Wahlen in Österreich und Niedersachsen haben sich einige Anleger am Montag aus dem Euro zurückgezogen.

Der Euro verbilligte sich um 0,3 Prozent auf 1,1791 Dollar. Kopfschmerzen bereite Börsianern der Ausgang der Wahl in Österreich, urteilte Portfolio-Manager Thomas Altmann vom Vermögensberater QC Partners. "Mit einer Koalition aus ÖVP und FPÖ wird eine engere (finanz-)politische Verzahnung der EU- und Euro-Staaten nicht gerade wahrscheinlicher. Für die hoch verschuldeten Euro-Staaten ist das Wahlergebnis mit Sicherheit keine gute Nachricht." Der österreichische Aktienmarkt gab gegen den europäischen Trend ebenfalls nach und büßte 0,3 Prozent ein.

Ein weiterer Belastungsfaktor seien die Landtagswahlen in Niedersachsen, sagte Commerzbank-Analystin Esther Reichelt. Die Verluste der dortigen CDU verschlechterten die Position von der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel. "Damit steigt aus Sicht von Euro-Investoren die Gefahr, dass Merkel in den auf Bundesebene nun im Fokus stehenden Koalitionsverhandlungen zu größeren Zugeständnissen an die Liberalen gedrängt werden könnte, deren Europa-Standpunkte dem Devisenmarkt wenig gefallen dürften." 

Mostböck: Besseres Kapitalmarktklima wichtig

Die Politik hat nach Einschätzung von Erste-Group-Chefanalyst Friedrich Mostböck aktuell einen geringen Einfluss auf die Wiener Börse, hat aber die Aufgabe die Rahmenbedingungen bereitzustellen. Wichtig ist für ihn ein besseres Klima für den Kapitalmarkt - darunter eine positivere Stimmung für Aktien, die Abschaffung der Wertpapier-KESt oder die Öffnung der Altersvorsorge für den Kapitalmarkt.

Generell sieht er wenig Einfluss der Politik, viele ehemals staatliche Unternehmen seien in die Freiheit des Marktes entlassen, so Mostböck am Montag zur APA. Zudem sei für die Unternehmen der Wiener Börse auch eine Fülle von anderen Ländern wichtig, so Mostböck unter Verweis auf das große Osteuropa-Engagement heimischer börsennotierter Unternehmen. Der aktuell geringe Einfluss der Politik auf den Wiener Markt könnte sich aber ändern, wenn es zu weiteren Privatisierungen komme.

Die Politik könne die Rahmenbedingen verändern. Die Wiener Börse funktioniere zum Großteil über institutionelle Investoren. Um vermehrt Österreicher dazu zu bewegen, an der Börse in Aktien der eigenen Industrie zu investieren, sei die Abschaffung der 2012 eingeführten Wertpapier-KESt ein Thema. Grundsätzlich sollte in Österreich eine positive Stimmung für Aktien gemacht werden - diese sei bisher negativ gewesen. Private Aktionäre könne man nur fördern, wenn man ihnen die Prügel vor den Füßen wegnehme. Aktien seien natürlich Risikokapital, es sollten langfristige Investments in Aktien unterstützt werden. Wichtig sei auch mehr Bildung in Wirtschaftsfragen. Börsengänge von Unternehmen sollten gefördert werden.

Bruckbauer: Klares Signal für Europa nötig

Die neue Regierung muss nach Ansicht von Bank-Austria-Chefökonom Stefan Bruckbauer ein klares Signal dafür setzen, dass man für die Integration in Europa und die Weiterentwicklung der Institutionen stehe und nicht auf der anderen Seite der Bremser. Er wünscht sich künftig eine konsistente Politik, in der die Themen Standort und Unternehmen eine große Rolle spielen.

Er erwartet sich künftig einen positiven Zugang zu den Themen Standort und Wirtschaft und diesbezüglich Verbesserungen. Dass die Entlastung des Faktors Arbeit wichtig sei, darüber seien sich wohl alle einig. Österreich müsse als wichtiger und verlässlicher Partner in der EU gesehen werden, so Bruckbauer am Montag zur APA. Eine konstruktive Mitarbeit und Weiterentwicklung des Euroraums sei auch für den Wirtschaftsstandort Österreich gut.

Bei der Nationalratswahl seien gesellschaftliche Themen offenbar deutlich prominenter gewesen als wirtschaftliche. Aus ökonomischer Sicht etwas überraschend am Wahlausgang sei, dass man gewinne, wenn man einen Bruch zu einem Zeitpunkt signalisiere, wo die Wirtschaft ausgezeichnet funktioniert. Die Investitionen seien stark gestiegen, die Stimmung von Konsumenten und Wirtschaft gestiegen, die Wirtschaft heuer um 3 Prozent wachsen.

(Reuters)

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