Hypo-Ausschuss: Premiere ohne Szenenapplaus

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Stolpernd nahm der Untersuchungsausschuss zur Hypo-Pleite am Mittwoch die Startlinie. Die ersten Zeuginnen konnten nicht viel Neues berichten. Verfahrenstechnisch blieb vieles unklar.

Wien. Es ist in vielen Bereichen eine Premiere: der erste Untersuchungsausschuss der Zweiten Republik, der von der Opposition eingesetzt wurde; der erste, für den neue Verfahrensregeln gelten; und der erste, in dem es keine geschwärzten Akten, sondern jede Menge Akten gibt – so viele, dass bisher nur etwa fünf Prozent (laut Grünen) aufgearbeitet werden konnten. Deshalb musste man auch einen Sitzungstag, die für kommende Woche geplant war, verschieben, um mehr Zeit für das Aktenstudium zu haben.

Problematisch für Abgeordnete und Medien sind auch die verschiedenen Stufen der Geheimhaltung. Sie führen dazu, dass es zwei Befragungen der geladenen Zeugen gibt: eine öffentliche mit unbedenklichen Akteninhalten und eine zweite, nicht öffentliche, mit sensiblen und vertraulichen Informationen. Die spektakulärsten Teile würden somit unter Ausschluss der Medienöffentlichkeit stattfinden. „Das ist gegen den Geist des neuen Ausschusses“, kritisierte Grünenmandatar Werner Kogler.

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Man erlebte es bereits am Mittwoch bei der Befragung der ersten Zeugin, der früheren Hypo-Staatskommissärin Sabine Kanduth-Kristen. Der öffentliche Teil erwies sich als wenig spektakulär. Kanduth-Kristen erklärte die Funktion des Staatskommissärs, dessen wesentliche Aufgabe darin besteht, bei Sitzungen des Aufsichtsrats und der Hauptversammlung anwesend zu sein und bei gesetzwidrigen Beschlüssen Einspruch zu erheben, was sie aber nie gemacht hat.

„Kein Gesetz verletzt“

Zu den Fragen der Abgeordneten blieb sie ausweichend. Konkrete Zahlen konnte sie zum Teil nicht nennen, zum anderen Teil wollte sie zwecks Wahrung des Bankgeheimnisses auch nicht über Kreditfälle sprechen. So gingen Fragen des Neos-Abgeordneten Rainer Hable, warum die Bank 2003 einen Kredit über 37 Mio. Euro ohne Sicherheiten vergeben habe, ins Leere. Strittige Kreditfälle seien im Aufsichtsrat aber auch kontroversiell diskutiert worden, so die Zeugin.

Gründe für einen Einspruch habe sie aber nicht gesehen, weil sie kein Gesetz verletzt sah. Ob die Hypo eine gesunde Bank war, wollte FPÖ-Abgeordneter Elmar Podgorschek wissen. Antwort: „Also ich würde mir da jetzt kein Urteil anmaßen“. Team-Stronach-Vertreter Robert Lugar schlussfolgerte, dass die Tätigkeit von Kanduth-Kristen als Aufsichtskommissärin nichts genutzt habe – was er von dieser bestätigt wissen wollte. Kanduth-Kristen: „Das ist Ihre Schlussfolgerung. Was soll ich dazu sagen?“

Mehr Anklang bei den Abgeordneten fand da die zweite Zeugin, Angelika Schlögel, ebenso frühere Staatskommisärin. Wobei Schlögel gleich die Erwartungen senkte: Ihre Funktion werde von den Politikern im Ausschusstendenziell überbewertet, deutete sie an. So habe ihre Position nie vorgesehen, Empfehlungen an die Finanzmarktaufsicht (FMA) abzugeben. Schlögel sagte, der Einstieg der BayernLB 2007 und der Umstand, dass ein neuer Risikovorstand installiert wurde, habe damals den Eindruck vermittelt, dass seriös gearbeitet werde. Allerdings sei mit dem starken Anstieg der Wertberichtigungen 2009, den sie der FMA auch mitteilte, der Zustand der Bank tendenziell besorgniserregend geworden.

Selbst Zeugen bleiben geheim

Schlegel stellte auch klar, dass ihr kritische Berichte der Nationalbank nur insoweit bekannt wurden, als sie von der Bank für die Aufsichtsratssitzungen vorbereiten worden seien. Das sei so vorgesehen – „auch wenn ich das sicher einmal hinterfragt habe.“ Schon Ende 2008, als staatliches Partzipationskapital in die Bank floss, hatte Schlögel geäußert, dass sie die Planung der Bank für zu optimistisch halte. Warum die FMA so lange gebraucht habe, um zu reagieren, fragten die Abgeordneten. Die FMA habe es wohl nicht als neue Situation bewertet, glaubt die Zeugin.

Wie es nach dem ersten Ausschuss-Tag mit den Befragungen und der Geheimhaltung weitergeht, wird noch zwischen den Fraktionen diskutiert. Experten, die die Geschäftsordnung geschrieben haben, verteidigen die Geheimhaltungsbestrebungen. Früher seien sensible Stellen in den Unterlagen geschwärzt worden, jetzt hätten die Abgeordneten alle Informationen und müssten mit ihnen entsprechend umgehen. Etwa bei der Frage, wer bei der Hypo einen Kredit in welchem Umfang erhalten habe. Für diese Personen gelte das Bankgeheimnis, man könne dies daher nicht öffentlich debattieren.

Die Geheimhaltung soll indirekt auch für Zeugen gelten. So werden keine Zeugenlisten veröffentlicht. Zudem sollen manche Auskunftspersonen bei der Befragung nicht mit Namen angesprochen werden, um ihre Identität zu schützen. Dass essenzielle Informationen über die Hypo, die im Ausschuss aufgedeckt werden, tatsächlich geheim bleiben, ist freilich fraglich.

Auf einen Blick

U-Ausschuss. Die frühere Hypo-Staatskommissärin Sabine Kanduth-Kristen war erste Zeugin im Hypo-Untersuchungsausschuss. Konkrete Aussagen über strittige Kreditvergaben der Bank wollte sie keine machen. Vor Beginn der Sitzung wurde lange diskutiert, ob Akten, die der Geheimhaltung unterliegen, in öffentlicher Sitzung verwendet werden dürfen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.04.2015)

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