Siemens baut um - Gewerkschaft sieht tausende Jobs gefährdet

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Die Sektorenstruktur des Konzerns soll wegfallen. Der Umbau darf nicht als Deckmantel für ein Kostensenkungsprogramm missbraucht werden, erklärt die IG-Metall.

Von der Neuausrichtung des Elektrokonzerns Siemens werden nach Einschätzung der IG Metall tausende Jobs des Elektrokonzerns betroffen sein. Nach dpa-Informationen könnten durch den Umbau zwischen 5000 und 10.000 Arbeitsplätze bedroht sein. Betroffen dürften dieses Mal vor allem Stellen in der Verwaltung sein.

Man sei grundsätzlich zu Gesprächen über die Pläne bereit, "wenn das Unternehmen dadurch in einem Zug überflüssige Komplexität reduziert und künftig wieder ein geschlosseneres Bild nach außen bietet", erklärte Bayerns IG-Metall-Bezirkschef Jürgen Wechsler am Mittwoch in München. "Die Neuorganisation darf auf keinen Fall als Deckmantel für ein Programm zur Kostensenkung oder zum Stellenabbau missbraucht werden."

Neuausrichtung beschlossen

Der Siemens-Aufsichtsrat hatte am Vorabend eine Neuausrichtung auf den Weg gebracht, die unter anderem den Wegfall der Sektoren-Struktur des Unternehmens umfasst. Die Einteilung des Geschäfts in die vier Sektoren Energie, Industrie, Medizintechnik und Infrastruktur und Städte solle aufgelöst werden, teilte das Unternehmen am Dienstagabend nach einer Aufsichtsratssitzung in München mit. Zudem soll die Zahl der Divisionen von bisher 16 auf 9 reduziert werden. Für die Hörgeräte-Sparte werde ein Börsengang vorbereitet. Hintergrund der Neuordnung ist die Definition vielversprechender Wachstumsfelder. "Die Siemens AG wird sich künftig entlang der Elektrifizierung, Automatisierung und Digitalisierung aufstellen", hieß es in einer Mitteilung.

Der Umbau des Elektrokonzerns hatte sich in den vergangenen Wochen bereits abgezeichnet. Konzernchef Joe Kaeser will das Unternehmen schlanker und schlagkräftiger und so fit für den Wettbewerb machen. Kaeser will den Konzern stärker auf Energietechnik und Industrieautomatisierung ausrichten. Siemens kauft für knapp eine Milliarde Euro das Gasturbinengeschäft der britischen Rolls-Royce und formt die neue Division "Digital Factory".

Die Mehrheit am Stahlwerkausrüstungsgeschäft gibt Siemens an die japanische Mitsubishi ab. Die Hörgerätesparte soll an die Börse gehen. Die gesamte Medizintechnik wird künftig separat abseits der neun neuen Divisionen geführt. Damit ist ähnlich wie bei Osram der Weg aus der Siemens-Familie angelegt. Insgesamt soll der Traditionskonzern um eine Milliarde Euro produktiver werden.

Gewerkschaft fordert Wachstumstrategien

Neben einem Fortbestand der 2010 geschlossenen Standort- und Beschäftigungssicherung, die unter anderem betriebsbedingte Kündigungen ausschließt, forderte die Gewerkschaft für alle Geschäftsbereiche in der neuen Struktur die Entwicklung tragfähiger Wachstumsstrategien. "Wir wollen, dass Siemens weiter als integrierter Industriekonzern erhalten bleibt und lehnen Ausgliederungen und Verkäufe ab", erklärte Wechsler. "Daher fordern wir, übrigens nicht zum ersten Mal, für Deutschland als Heimat- und Leitmarkt eine zukunftsfähige Personalstrategie, die bestehende Arbeitsplätze sichert und neue schafft."

Zahlen hinter Erwartungen

Vor dem geplanten Großumbau hat Siemens seine Investoren abermals mit teuren Fehlern in der Energietechnik enttäuscht. Der operative Gewinn kletterte zwar im abgelaufenen Quartal um ein Sechstel auf 1,57 Mrd. Euro. Der Wert blieb aber hinter den Erwartungen der Analysten zurück, da Siemens wegen des verzögerten Baus einer Starkstromleitung in Kanada 310 Mio. Euro Sonderlasten verbuchte.

Der Gesamtumsatz der Münchner stagnierte gemäß Quartalsmitteilung vom Mittwoch bei 17,5 Mrd. Euro. Der Auftragsgang schrumpfte überraschend stark um 13 Prozent. Erzrivale GE freute sich zuletzt über kräftig wachsende Bestellungen. Siemens erwartet kaum Rückenwind von der Konjunktur.

Siemens-Chef Joe Kaeser sieht sich durch die Zahlen in seinen Umbauplänen bestätigt. "Das zweite Quartal hat gezeigt, dass wir in der Verbesserung der operativen Performance noch viel zu tun haben", erklärte er. Sein Haus werde dennoch im laufenden Jahr den Gewinn je Aktie um mindestens 15 Prozent steigen - vorausgesetzt der Umsatz bleibe auf Vorjahresniveau.

(APA/dpa)

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